Blut von meinem Blut: Thriller (German Edition)
verwarf sie den Gedanken. Es war ihr egal , ob jemand sie sah. Sie war verliebt. Was war also dabei, wenn die Leute erfuhren, dass sie mit dem Mann schlief, den sie liebte? Ihre Eltern waren beide in der Arbeit, sie würden sie also nicht sehen – es würde ein Freund sein oder ein Feind, und es spielte einfach keine Rolle.
Sie hatte sie gekauft und eingepackt und auf dem Flug nach New York an sie gedacht. Sie handelte richtig. Verantwortungsbewusst. Sie und Jazz waren beide jungfräulich, und sie würden es auf die richtige Art machen. Auf die erwachsene Art.
Es war Zeit.
Sie wusste es in ihrem Kopf und fühlte es in ihrem Herzen und in anderen, ursprünglicheren Teilen ihres Körpers. Sie war bereit. Wann dieser Zustand eingetreten war, konnte sie nicht sagen. Aber nachdem der Impressionist Jazz beinahe getötet hätte und nachdem Jazz endlich dem Dämon seiner Vergangenheit – seinem Vater – gegenübergetreten war, hatte sie eine Veränderung in ihrer Beziehung wahrgenommen. Ein Wachsen. Ein Reifen. Sie waren bereit für den nächsten Schritt, und sobald ihr das klar gewesen war, konnte sie es kaum erwarten.
Trotzdem. Sie hatte nicht beabsichtigt, ihn auf diese Weise damit zu überfallen. Ein frühmorgendliches Betatschen, das sich zu manischer Leidenschaft gesteigert hatte. Und dann damit herauszuplatzen, dass sie für Verhütungsmittel gesorgt hatte. Ich bin die Sache falsch angegangen, dachte sie. Ich hätte es vorher zur Sprache bringen müssen. Auf die coole Tour, etwa: » Hey, ich glaube, es ist Zeit, wir sind so weit. Was meinst du? « Und wenn er dann Ja gesagt hätte, dann hättest du sagen können: » Super, wir haben alles, was wir brauchen, worauf warten wir noch? «
Das alles war richtig, aber wie sehr sie es auch verpfuscht haben mochte, seine Reaktion – seine Weigerung zu reden, sein mürrischer Rückzug ins andere Bett – schmerzte sie. Vom Verstand her wusste sie, dass er von Angst getrieben wurde, dass es nichts mit ihr zu tun hatte. Doch vom Gefühl her und mit all dem Verlangen in ihrem Körper fühlte sie sich zurückgewiesen, und zwar harsch.
Nach der Landung hoffte sie, sie würden sich vielleicht unterhalten können, während sie darauf warteten, dass Howie sie abholte, aber zu ihrem absoluten Verdruss wartete ihr Vater am Ausgang auf sie.
» Ich brauche nur einen Moment … « , sagte sie.
» Du hattest einen ersten, einen zweiten und einen dritten « , sagte ihr Vater mit kaum verhüllter Wut. » Keine weiteren Chancen. Komm mit. Auf der Stelle. «
» Aber, Dad … «
» Kein Aber, Conscience. «
Jazz räusperte sich. » Mr. Hall, wenn Connie und ich uns nur kurz … «
» Kurz was? « , sagte Mr. Hall und wandte sich in nunmehr gänzlich unverhülltem Zorn an Jazz. » Kurz was, Jasper? Willst du sie diesmal nach Chicago entführen? «
» Ich habe sie nicht entführt « , sagte Jazz erstaunlich ruhig. » Tatsächlich wollte ich nicht, dass sie überhaupt mitkommt. «
» Davon bin ich überzeugt « , sagte Connies Vater in sarkastischem Ton. Er ragte wie ein Falke auf einem hohen Ast über Jazz auf. Connie wusste nicht, um welchen der beiden sie mehr Angst hatte. Jazz wirkte harmlos, sie wusste jedoch, dass er alles andere als das war. Ihr Vater wusste es ebenfalls. Oder hätte es wissen sollen.
» Gehen wir, Dad « , sagte Connie und ergriff die Hand ihres Vaters. » Lass uns einfach gehen. «
Ihr Vater schüttelte sie ab. » Hör mir zu, Jasper Dent. Ich habe es bisher nicht gesagt, aber ich sage es jetzt: Bleib verdammt noch mal weg von meiner Tochter. Sonst … «
» Sonst was? « , sagte Jazz mit empörender, tödlicher Ruhe. Connie kannte diesen Tonfall. » Noch mehr Geschichtsstunden über Sally Hemings? « Gelangweilt beinahe, auf eine verächtliche Weise. » Vielleicht diesmal ein Video über Lynchen? «
Connie zerrte heftiger an ihrem Vater, der nicht weichen wollte. Jazz’ Ruhe war ein Gag, ein Trick. Es war eine Billy-Dent-Taktik – seine Beute zu einer Überreaktion zwingen, indem man scheinbar völlig unbeeindruckt bleibt. Jazz versuchte …
O Gott. Jazz wollte, dass ihr Vater nach ihm schlug. Vielleicht damit er eine Rechtfertigung hatte zurückzuschlagen. Vielleicht einfach, weil er so wütend über alles war, was in New York passiert und nicht passiert war, dass er es an irgendwem auslassen wollte, und warum nicht an dem Mann, der zwischen ihm und Connie stand?
» Sonst « , sagte Connies Vater in einem drohenden Tonfall, den sie noch nie an
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