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Blut von meinem Blut: Thriller (German Edition)

Blut von meinem Blut: Thriller (German Edition)

Titel: Blut von meinem Blut: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barry Lyga
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konnte ihn retten. Es konnte ihn vernichten. Billys Tod konnte zeigen, dass Jazz eine Seele hatte, oder beweisen, dass er nie eine gehabt hatte.
    Dieser Gedanke hielt ihn nachts wach. In manchen Nächten, weil er ihn erregte. In anderen, weil er ihn erschreckte.
    Wenn er seinen Vater das nächste Mal sah, fragte er sich, würde er dann erregt sein oder verängstigt?

19
    Der Killer saß in seinem Lehnstuhl, die Reste eines selbst zubereiteten Essens auf dem Kaffeetisch vor sich. Aus dem Fernseher ertönten die Banalitäten, die sich seine Frau gern ansah – sogenanntes Reality- TV , wo Leute darin wetteiferten, einander ihre Überlegenheit zu beweisen. Der Killer tolerierte die Sendung, tat sogar, als würde sie ihm gefallen. Nur eine Mitspielerin, und sie allein, weckte seine Aufmerksamkeit, eine Zahnhygienikerin aus Spokane, die leicht lispelte, Haare von der Farbe geklärter Butter hatte und Augen so groß und blau, dass er sie herausreißen und essen wollte.
    Der Killer hatte noch nie Augen gegessen. Oder irgendwelche anderen Teile des menschlichen Körpers. Aber jetzt wünschte er es sich verzweifelt. Der Gedanke verzehrte ihn auf eine vertraute, schmeichelnde Weise. Er kannte dieses Gefühl. Es hatte ihn den größten Teil seines Lebens begleitet. Er konnte sich an keine Zeit erinnern, da er eine Frau ansehen konnte, ohne sie besitzen zu wollen. Besitzen war ein wichtiges Wort. Es bedeutete viel. Es bedeutete Eigentum. Es bedeutete, seine Ruhe zu bewahren. Es bedeutete, gefangen zu nehmen und einzudringen wie ein Dämon, auch wenn der Killer nicht an solche falsche und widerliche Phrasendrescherei glaubte.
    Es bedeutete auch, Geschlechtsverkehr zu haben.
    Der Killer wollte Frauen besitzen. In jeder Weise. Und er hatte in der Tat viele besessen. Selbst wenn sie mit einem suboptimalen Äußeren geschlagen waren, verlangte es ihn danach, sie zu besitzen, denn zu besitzen hieß, zerstören zu können.
    Groß, klein, dünn, dick, hässlich, umwerfend schön, schwarz, weiß und alle Schattierungen dazwischen und darüber hinaus … Er wollte sie alle. Für sich allein. Sodass sie niemand sonst haben konnte. Zu seinem Gebrauch, um sie behalten oder wegwerfen zu können, wie es ihm gefiel.
    Er hatte einen großen Teil seines Lebens davon geträumt. Von gefangenen Frauen geträumt, die gezwungen waren zu tun, was er befahl. Davon geträumt, wie sie vor ihm knieten und seinen Launen unterworfen waren – geschlagen oder getröstet, getötet oder gerettet, geschändet oder geliebt.
    Die Träume ließen sich nicht erfüllen. Nicht durch etwas, das er sah, berührte oder kannte. Nur sie – jede » Sie « – zu finden und zu besitzen, in jeder Weise zu seinem Eigentum zu machen, konnte seine Bedürfnisse stillen.
    Als er das erste Mal eine Frau besessen hatte, dachte er, damit wäre es dann vorbei. Er dachte, mit der Realisierung seines Traums könnte und würde er nun wie alle anderen sein. Er würde von nun an das sein, was man » normal « nannte. Er lernte Entspannung kennen; er erfuhr, dass er endlich atmen, ruhig werden und seine Augen schließen konnte, da seine Fantasie erfüllt war.
    Doch seine Ruhe, sein Friede hielten nicht an. Die Fantasien kehrten zurück, erst als hartnäckige Tagträume, dann als alles verzehrende Zwänge, bis jede Frau, die er auf der Straße, in der U-Bahn, irgendwo sah, ein Ziel war, ein potenzielles Opfer. Und er widerstand. Er widerstand, solange er konnte. So gut er konnte. Bis …
    Bis …
    Bis er nicht mehr widerstehen musste.
    Bis zu der Nachricht und der Stimme …
    In diesem Augenblick läutete ein Handy. Der Killer zuckte zusammen. Es war nicht sein Handy oder das seiner Frau. Es war etwas anderes.
    » Ist das deins? « , fragte seine Frau.
    » Ja « , sagte er und lief rasch in das kleine, vollgekramte Schlafzimmer, wo er die Tür schloss und in der untersten Schublade seiner Kommode wühlte. Drei Handys lagen dort. Eins läutete wieder. Der Killer meldete sich, er zitterte.
    » Die Zahl ist sechs « , vernahm er die Stimme und bebte vor freudiger Erwartung – sechs! –, bis sein Gegenüber fortfuhr: » Sechs. Fünf und eins. «
    » Sechs « , wiederholte der Killer. Fünf und eins. Nicht zweimal drei.
    » Und « , sagte der Anrufer, » es gibt noch eine kleine Besonderheit diesmal. «
    Der Killer ließ vor Schreck beinahe das Telefon fallen, hielt es aber fest und lauschte. Er schrieb nichts auf – das wäre töricht –, prägte sich aber jedes Wort ein.
    » Ich verstehe

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