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Blut will Blut

Blut will Blut

Titel: Blut will Blut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Barnes
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Einen Moment, bitte.»
    Sie lächelte, als sie die Tür
aufmachte, trat schnell auf den Gang, zog die Tür hinter sich zu.
    «Ich habe doch keine Szene
verpaßt, oder?» fragte sie nervös, band den Gürtel ihres hellblauen
Morgenmantels zu.
    «Nein. Darf ich hereinkommen?»
    Einen Moment lang flackerte
Panik in ihren grauen Augen auf. «Wieso lädst du mich nicht auf einen Drink
ein?» Das kokette Angebot klang verlockend, aber ihre Augen verrieten sie. War
sie dumm genug, das Kostüm des Scherzboldes nicht zu verstecken?
    «Lieber würde ich dein Zimmer
sehen», sagte Spraggue. «Du könntest mir zeigen, wo du diese Puppe gefunden
hast.»
    «Es wird nicht gern gesehen,
wenn wir Herrenbesuch auf dem...»
    «Hier, Georgie? Ich bitte
dich!»
    «Ich habe meinen Schlüssel
drinnen gelassen. Ich habe mich ausgesperrt.»
    Spraggue kramte in seiner
Brieftasche nach einer Kreditkarte. «Du hast Glück. Ich bin Experte in solchen
Dingen. Ich werde einbrechen.»
    «Nein.»
    «Ich vermute, unten gibt’s
einen Hauptschlüssel, wenn dir das lieber ist.»
    Sie zog einen Schlüssel aus der
Tasche des Morgenmantels. «Du solltest wohl besser reinkommen», sagte sie
widerwillig.
    Georginas winziger
Schlupfwinkel war dunkel. Schwere Vorhänge dunkelten das Fenster zur Linken ab.
Auf der gegenüberliegenden Wand gab es ebenfalls ein Fenster, das jedoch so
schmutzig war, daß nur wenig Licht hereinfiel. Das Fenster bot einen Blick auf
eine nackte Ziegelwand, kaum dreißig Zentimeter entfernt.
    «Was willst du?» Das Lächeln
war immer noch da, jetzt allerdings eher störrisch. Sie machte keine Anstalten,
Licht anzuknipsen.
    Spraggue streckte die Hand nach
dem Schalter aus. Sie versuchte, ihn daran zu hindern, packte seine Hand. Die
einzelne, nackte Birne flammte auf.
    Sein plötzliches Luftholen war
leise, doch in dem stillen Raum hallte es deutlich nach.
    Georginas Zelle war ein Museum,
vollgestopft mit Andenken an ein Leben, an mehrere Leben im Theater. Alte
Spitzenfächer rahmten den mickrigen Spiegel: Renaissance-Fächer, viktorianische
Fächer, Fächer von Königinnen. Plakate, Programme und Abschnitte von
Eintrittskarten verwandelten die Wände in riesige Collagen. Das spärliche
Mobiliar war wahllos in eine Ecke geschoben, ersetzt durch Schrankkoffer, die
sprichwörtlichen Theaterkoffer, bepflastert mit Aufklebern von Gastspielorten.
    Ein Koffer hatte eindeutig
etwas von einem Heiligtum. Ein alter roter Schal war darüber drapiert,
festgehalten von Fotos. Daneben auf beiden Seiten der Bilder spitz zulaufende
weiße Kerzen in alten Messinghaltern.
    Das größte Foto, sorgfältig in
der Mitte aufgebaut, war eine Kopie desjenigen an ihrer Garderobenwand: Mr.
Samuel Borgmann Phelps.
    Wortlos reichte Spraggue
Georgina das Buch, das er mitgebracht hatte, schlug es an der Stelle mit dem
Bild des lange toten Regisseurs auf. Sie betrachtete die Seite genau, schloß
das Buch langsam und setzte sich auf die Kante der eisernen Pritsche, die das
Hotel Bett nannte.
    «Du wolltest nicht, daß ein
anderer dort Erfolg hatte», sagte Spraggue leise. «Samuel Phelps hat sein Geld
und sein Leben im Yens Theater verloren. Sein Sohn George trat in seine
Fußstapfen. Lebt dein Vater noch?»
    Sie schüttelte den Kopf.
    «Deine Mutter?»
    Sie drehte sich zum Schrein um;
ihr Blick fiel auf das Bild einer zierlichen blonden Frau, kaum älter als
Georgina heute — eine Frau in einem weißen Kostüm mit Blumen in den Haaren.
Ophelia?
    Wieder schüttelte Georgina den
Kopf.
    Spraggue fuhr fort: «Du hattest
nichts anderes als das Theater — Phelps’ Traum und Phelps’ Torheit. Leer und
verlassen.»
    «Das Theater war eine Schule»,
flüsterte Georgina. Spraggue mußte sich näher zu ihr beugen, um sie zu verstehen.
Ihre Lippen bewegten sich kaum.
    «Ja», sagte er ermutigend.
    «Sie wollten sie nach meinem
Großvater benennen...»
    «Doch statt dessen haben sie es
wieder verkauft», sagte Spraggue grob. «Und Arthur Darien beschloß, in deinem
Theater Regie zu führen.»
    «Ja.»
    «Und das hat dir nicht
gefallen.»
    «Nein.»
    «Und du wolltest, daß er wieder
aus deinem Theater verschwand.»
    «Nein!»
    «Du wolltest, daß alle aus
deinem Theater verschwinden. Damit es ganz allein Samuels Geist, dem Geist
deines Vaters gehört. Also hast du mit diesen Streichen angefangen.»
    «Habe ich nicht.»
    «Und dann die Macbeth- Botschaften.
Phelps’ letztes Stück war Macbeth. Das wußtest du. Du selbst hast mir
sogar den Tip gegeben. Vielleicht wolltest du

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