Blutaxt: Die Eingeschworenen 5 - Roman (German Edition)
bestimmt. Es geht mir wie ein Dolchstoß durchs Herz, dass ich sie hier anbieten muss.«
Für den Dolch im Herzen würde bestimmt bald jemand sorgen, wenn dieser Sklavenhändler weiterhin so unverschämt log, bemerkte Finn flüsternd. Orm gab ihm recht – aber er fügte hinzu, dass er ihnen hoffentlich erst noch erzählen würde, wo Takub und sein Bruder zu finden seien, hier in dieser stinkenden Chasarenstadt.
Tmutarakan war alles, was den Chasaren noch übrig geblieben war, nachdem Swjatoslaw aus Kiew sie unterworfen hatte. Es hatte einst zur Großen Stadt gehört und würde vielleicht wieder zu ihr zurückkehren, wenn nicht die Kiewer Rus ihr zuvorkam. Diese Stadt hier am Schwarzen Meer war bis zum Bersten gefüllt mit betrügerischen Händlern und allen möglichen Herumtreibern auf der Suche nach Arbeit. Viele der Gebäude waren aus Stein und mit Dachziegeln gedeckt, aber die weitaus größere Zahl war aus Holz – und im Sommer lebten die Chasaren ohnehin vernünftigerweise lieber in Zelten, die auf jedem freien Stück Land wie bunte Pilze aus der Erde schossen.
Die Stadt war in jeder Hinsicht verwahrlost – Bier und Wein waren schlecht, die Frauen noch schlechter und die Männer bereit, für Geld alles zu tun, sogar gelegentlich die Wahrheit zu sagen. Auch jetzt genügte das Aufblitzen einer Silbermünze, und der Sklavenhändler beschrieb ihnen bereitwillig den Weg. Als sie gingen, folgten ihnen die Augen der Sklavin noch lange voll Hoffnung, wie ein bettelnder Hund.
Takubs Sklavenpferch war ein einfaches Geviert, das von zugespitzten Pfählen umschlossen war. Das Tor war eine runde Öffnung, eine handwerkliche Arbeit von großem Geschick. Der obere Bogen bestand aus einem Halbkreis spitzer Stangen, die nach unten zeigten, und quer über dem Tor, sodass jeder durch sie hindurchgehen musste, befand sich eine zweite Reihe spitzer Pfähle, die nach oben zeigten. Die Enden waren dunkel – doch das mochte nichts weiter als alte Farbe sein. Das Ganze sah aus wie ein aufgerissener Mund, der jeden verschlang, der hineinging, und es war so wirkungsvoll, dass hier zwei Wächter genügten, die gelangweilt an der Wand lehnten.
» Lasst mich raten«, sagte Finn, indem er auf die Wächter zutrat, » man kann hier zu Fuß reingehen, aber nicht raus, hab ich recht?«
Sie sahen ihn unbewegt an. Zwei schwitzende Männer in Lederpanzern, bewaffnet mit Speeren und langen Klingen. Wenn sie auch nur einen Funken Humor besaßen, dann hielten sie ihn gut unter Verschluss.
» Wenn ihr kaufen oder verkaufen wollt«, sagte einer schließlich nach einer langen Pause, in der man nichts weiter als das Geschrei der Straßenhändler hörte, » dann könnt ihr kommen und gehen, wie ihr wollt. Aber wenn ihr gekauft seid oder verkauft werdet, dann kommt ihr hier nur rein, aber nicht wieder raus.«
» Und, von welcher Sorte seid ihr?«, fragte der andere, nachdem er Finn von oben bis unten gemustert hatte. In seiner Stimme lag deutliche Verachtung.
» Richtet Takub aus, dass Orm der Händler hier ist«, sagte Finn. » Auch als Bärentöter bekannt. Sagt ihm, die Eingeschworenen stehen vor seinen Toren.«
Die Wächter starrten ihn verständnislos an, und einer kniff die Augen zusammen und musterte sie abermals von oben bis unten. Sie sahen einen Nordmann mit energisch vorgerecktem Kinn, einem schwarzweiß melierten Bart, in den Silberringe eingeflochten waren, mit entschlossenem Blick und einem viel benutzten Schwert in einer ramponierten Scheide. Und sie sahen den Mann neben ihm, einige Jahre jünger, ein paar fehlende Finger, über der Stirn eine Narbe und Fältchen um die Augen, die ganz offensichtlich grauenvolle Dinge erblickt hatten wie nur wenige.
Da der Wächter kein äußeres Zeichen von Wohlstand sah, grinste er höhnisch.
» Die Eingeschworenen sind dir hoffentlich ein Begriff?«, fragte Finn mit erhobenem Kopf.
» O ja«, sagte der Wächter. » Sollen Drachen und Hexen besiegt haben, das erzählt man jedenfalls den Kindern.«
» Für Männer, die alles Silber der Welt gefunden haben«, spottete der andere, » habt ihr offenbar zu viel davon vergraben und zu wenig mitgebracht.«
» Du solltest lieber nicht spotten«, sagte Finn zu ihm, indem er näher kam und ihn von der Seite ansah. » Besonders nicht mit so einer Nase.«
Der Wächter zog eine Augenbraue hoch und berührte seine Nase, wie um sie zu prüfen. Er sah Finn missmutig an.
» Was ist mit meiner Nase?«, wollte er wissen.
Finns rechte Faust sauste auf sie
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