Blutaxt: Die Eingeschworenen 5 - Roman (German Edition)
dabeihatte? Egal – jetzt wisst ihr es. Als ich die Sehne gespannt hatte, schrie ich: ›Du stinkst schlimmer als Achselschweiß und ein ganzer Eimer Schaffett‹, dann schoss ich und traf sie gerade unter den Rippen, und sie kreischte auf. Ein Mann wäre tot gewesen, aber diese Trollfrau versuchte lediglich, den Pfeil herauszuziehen und wollte wissen, was sie da getroffen hatte. Ich sagte es ihr – es sei mein Spott gewesen, was natürlich mehr Lüge als Wahrheit war. ›Warum sitzt er so fest?‹, wollte sie wissen, als sie den Pfeil herauszog, und an dem Widerhaken hing ein Stück Fleisch, so groß wie das dort, auf dem Teller des Königs von Briga.«
Das Gelächter bezog sich teils auf die Geschichte, teils aber auch auf das Gesicht von Gilla Mo, dem das Messer auf halbem Weg zum Mund stehen geblieben war.
» Ich sagte ihr, warum er so fest saß«, sagte Krähenbein, als wieder Stille eingekehrt war. » Weil ein richtig guter Spott nämlich Wurzeln schlägt. ›Hast du noch mehr von der Sorte?‹, fragt sie. ›Ja, hier kommt noch einer‹, sage ich. ›Deine alte Mutter war so strohdumm, dass sie versuchte, Vögel zu töten, indem sie sie von der Klippe schmiss.‹ Gleichzeitig schoss ich einen weiteren Pfeil, der sie ins Auge traf. Ich muss zugeben, das hatte ich nicht gewollt, aber ich bin kein guter Bogenschütze. Eigentlich hatte ich auf ihren Fuß gezielt. Sie schrie eine ganze Weile, dann fragte sie, ob ich schon wütend genug sei, um zu kämpfen, aber ich sagte, ich hätte noch ein paar schöne Beleidigungen, worauf sie noch lauter brüllte und mir sagte, ich könne hingehen, wo ich wolle, aber sie wäre mir sehr dankbar, wenn es nicht gerade auf diesem Berg wäre. Und damit verschwand sie.«
Das Gelächter und das Trommeln auf die Tischplatte dauerte noch eine ganze Weile, sodass der Hochkönig schließlich aufstehen und die Hände heben musste, denn seine Stimme allein drang nicht durch.
» Eine gute Geschichte«, strahlte er mit seinem fettigen Mund. » So gut, dass du die Heldenportion dieses Festgelages verdient hast, denn ich bezweifle, dass wir noch eine bessere hören werden, als der Sieg über einen Troll durch Spott.«
Das wurde mit beifälligem Gebrüll bestätigt, und zwei Frauen brachten Krähenbein die Fleischportion. In Krähenbeins Hose wurde es lebendig, als er ihren Moschusgeruch und das Beben der Brüste unter ihrem Gewand wahrnahm, und eine der beiden zwinkerte ihm zu.
» Jetzt glaube ich auch die Geschichte, wie die Eingeschworenen alles Silber der Welt in ihren Besitz brachten«, erklärte Mael Sechnaill und setzte sich wieder hin.
» Aber warum«, begann Gilla Mo hämisch, » sollte ein Mann, der über einen solchen Reichtum verfügt, eine so kleine Mannschaft haben, wenn er so weit von seiner Heimat fortzieht?«
» Odin versprach uns alles Silber der Welt«, erwiderte Krähenbein. » Aber er sagte nichts davon, dass wir es behalten dürfen.«
Das leise Lachen von Meartach klang wie der Wind, der durch trockene Blätter fährt.
» So ist es mit den heidnischen Göttern«, sagte er andächtig. » Zweifellos war das einer der Gründe, weshalb du den Weg zu Christus gefunden hast.«
» Daran besteht kein Zweifel«, bestätigte Murrough grinsend.
» Damit hätte einer sich heute Abend in meiner Halle sein Essen verdient«, rief Gilla Mo, und Krähenbein entging nicht, wie er die Worte » meine Halle« betonte. » Hier sitzen Könige aus ganz Irland, die euch kennenlernen möchten – was kannst du beitragen, Skalde, das sich für ein königliches Gelage eignet?«
Gjallandi räusperte sich und stand auf, eine Hand zur Faust geballt auf seinem Herzen. Dann erzählte er ihnen die Geschichte vom Brisingamen, was ein kluger Einfall war.
Brisingamen war der richtige Name, ein anderer war » Tränen der Sonne«, und beide wurden von den Menschen gemieden. Es war ein Halsschmuck, den die vier Brising-Zwerge in ihrer dunklen Halle geschmiedet hatten und den die Göttin Freya so begehrte, dass sie bereit war, mit jedem der Zwerge eine Nacht zu verbringen.
Ein guter Schof oder Dichter konnte mit dieser Geschichte den besten Platz am Feuer erringen und sich das beste Essen und einen schönen Armreif verdienen – doch sie wurde nicht oft erzählt, denn sie war etwas heikel, und es kam immer auf die Zuhörer an.
Für ein christliches Haus, in dem Frauen und Kinder zuhörten, genügte schon eine Andeutung der Lüste, von denen in der Geschichte die Rede ist. Das reichte, um den
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