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Blutbahn - Palzkis sechster Fall

Blutbahn - Palzkis sechster Fall

Titel: Blutbahn - Palzkis sechster Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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Ludwigshafen
zur Beruhigung der Verkehrsteilnehmer riesige Plakate aufgestellt, auf denen ›Ludwigshafen
baut für 2000‹ angepriesen wurde. Im neuen Jahrtausend erhoffte man sich damals
wahrscheinlich die Lösung aller Verkehrsprobleme. Irgendwelche Witzbolde hatten
seinerzeit die Plakate in einer Nacht- und Nebelaktion den Gegebenheiten angepasst.
›Ludwigshafen baut 2000 Jahre lang‹ war danach für ein paar Tage zu lesen.
    Einige Zeit später, aber nur wenige
Luftlinienkilometer weiter, fuhren wir an der Mannheimer Fachhochschule vorbei.
    »So, jetzt ist es nicht mehr weit«,
sagte ich zu Gerhard. »Halt da vorne bei dem Müllauto mal kurz an.«
    Er hielt parallel zu dem überdimensionalen
Müllschlucker. Zwei Arbeiter stopften gerade Kartonagen in sein Inneres.
    Aus dem offenen Fenster rief ich,
wie immer sparsam mit meiner Stimme umgehend, »Morchfeldstraße« zu den Müllwerkern.
    Der vordere der beiden drehte sich
zu mir um, überlegte einen Moment und rief zurück: »Mittwochs«.
    Gerhard lachte, mehrere Autos hinter
uns hupten, ich schaute dumm aus der Wäsche und die Müllmänner wuchteten weiter
Kartonagen.
    »Beamte halt«, Gerhard lachte immer
noch, als wir längst weitergefahren waren. »Hoffentlich schulen die nicht um auf
Naviprogrammierer.«
    Es benötigte einen weiteren Anlauf,
aber meine althergebrachte Methode funktionierte. Normalerweise kam ich als Mann
zwar nicht auf die Idee, nach dem Weg zu fragen, doch in dieser Notsituation musste
man über seinen Schatten springen können. Ferner war es für mich ein kleines Duell
Mensch gegen Maschine.
    Direkt am Media Markt, dort wo die
Mallaustraße in der Flosswörthstraße aufging, querte die Morchfeldstraße. Diese
war auf der einen Seite als normale Verkehrsstraße ausgebildet, dagegen auf der
anderen Seite, Richtung Bahngleise, nur als asphaltierter Feldweg. Der Weg war nur
für Fußgänger- und Radverkehr sowie für Rettungsfahrzeuge zugelassen. Nach etwa
300 Metern, in denen der Weg eine leichte Steigung nahm, begann die eigentliche
Überführung über die weiträumigen Gleisanlagen. Die Grasnarbe neben dem Asphalt
war mit Polizeifahrzeugen zugeparkt. Der verbreiterte Brückenkopf war mit Flatterband
und einem grimmig dreinblickenden Polizisten versperrt. Gerhard quetschte seinen
Wagen irgendwie zwischen zwei Streifenwagen. Wegen Platzmangels musste ich über
die Fahrerseite aussteigen, was ich mit ein paar bösen Worten quittierte. Doch Gerhard
ließ dies unbeeindruckt.
    »Stell dich nicht so an, Reiner.
Früher hast du im Auto ganz andere Sachen gemacht.«
    »Da war ich auch jünger«, stöhnte
ich und fiel dabei fast aus dem Wagen. Gemeinsam gingen wir zur Absperrung.
    »Sprechen Sie Deutsch?«, fragte
Gerhard mit langsamer und überbetonter Stimme den Kollegen aus Baden-Württemberg.
So viel Humor hätte ich ihm gar nicht zugetraut.
    »Der Weg ist gesperrt. Ich kann
Sie nicht durchlassen«, antwortete die uniformierte Spaßbremse, ohne mit der Wimper
zu zucken.
    »Oh, er kann es«, meinte Gerhard
an mich gerichtet, bevor er sich wieder dem badischen Kollegen zuwendete. »Melden
Sie bitte Ihrem Vorgesetzten, dass die Rettung da ist. Sagen Sie ihm, die Herren
Palzki und Steinbeißer würden ihre Aufwartung machen wollen.«
    »Wollen Sie mich verarschen?« Sein
Ton wurde zunehmend aggressiver.
    Hier zeigte sich mal wieder, wie
unsensibel mein Kollege Gerhard mit seiner Umwelt und Mitmenschen umging. Ihm fehlte
der psychologische Feinsinn, mit seiner Art konnte sich keine positive Chemie zwischen
zwei fremden Männern bilden. Mir war klar, dass ich mit Fingerspitzengefühl intervenieren
musste, sonst würden wir noch morgen hier stehen.
    »Herr Kollege!«, begann ich und
ließ dabei das ›R‹ sehr lange rollen. »Wenn Sie nicht ab morgen Dienst in der Kleiderkammer
der Bahnhofsmission machen wollen, dann schnappen Sie sich jetzt Ihr Funkgerät und
kündigen Sie Herrn Kriminalhauptkommissar Reiner Palzki und Kollegen Steinbeißer
an. Und machen Sie das weiß-rote Absperrband ab, oder sind Sie von Bayern annektiert?«
    Na also, ging doch. Er stand stramm
und funkte, was ich ihm empfohlen hatte. Danach entfernte er wortlos ein Ende des
Bandes und ließ uns grimmig dreinblickend passieren. Ich legte keinen gesteigerten
Wert darauf, seine Gedanken kennenzulernen.
    »Du, Reiner«,
sprach mich Gerhard nach ein paar Metern an. »Bayern hat doch weiß-blau, oder?«
    »Ach, was weiß
ich, das kann schon sein. Wenn’s dich interessiert, frag ich

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