Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Blutbeichte

Blutbeichte

Titel: Blutbeichte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Barclay
Vom Netzwerk:
nicht ausdehnen. Ich würde sagen, der Mörder saß auf der Brust des Mannes oder presste ein Knie darauf, sodass sein gesamtes Körpergewicht auf das Opfer einwirkte. Da es sich in dieser Position nicht zur Wehr setzen konnte, war es für den Mörder ein Leichtes, ihm mit einem vermutlich mittelgroßen Hammer das Gesicht zu zertrümmern.«
    »Als ihm die Gesichtsverletzungen beigebracht wurden, hat er noch gelebt?«, fragte Danny.
    Hyland nickte. »Er hat Blut und Zahnsplitter eingeatmet.«
    »Und der Tod trat durch Erschießen ein?«
    »Ja«, bestätigte Hyland. »Ein schrecklicher Tod. Stellen Sie sich vor, der Mann ringt verzweifelt um jeden Atemzug, bietet seine ganze Kraft auf, nur um Luft zu bekommen – dann wird ihm ein Hammer ins Gesicht geschlagen. Sein Körper reagiert reflexhaft auf die Schmerzen, und der Mann ringt dabei immer noch verzweifelt nach Luft, und dann wieder die Schmerzen … es wird immer schlimmer, bis zum Todesschuss.«
    »Grauenhaft«, sagte Danny und schauderte. »Aber es ist seltsam … irgendetwas kommt mir hier bekannt vor. Erinnerst du dich an William Aneto, Joe?«
    Joe schüttelte den Kopf.
    »Ach ja, stimmt. Du warst zu der Zeit in Irland. Ich habedamals mit Martinez ermittelt. William Aneto war ein Homosexueller aus der Upper West Side. Wenn ich jetzt an diesen Fall denke, schrillen bei mir die Alarmglocken.«
    »Tja, ich wäre dann hier fertig, bevor Sie sich weiter unterhalten«, sagte Hyland. Er zeigte auf Joes Notizblock. »Sie haben alles aufgeschrieben?«
    »Ja. Danke, Doc.«
    »Rufen Sie mich an, wenn Sie noch etwas wissen müssen.«
    Joe nickte. »Wird gemacht.«
    »Viel Glück«, sagte Hyland. »Wissen Sie, wenn ich das Hirn eines Mordopfers seziere, wünsche ich mir manchmal, es gäbe eine Hirnregion, in der die letzten Stunden des Individuums so gespeichert wären, dass man sie optisch abrufen könnte, sodass wir es uns ansehen könnten und wüssten, was passiert ist und wie es geschah. Dann würden wir die Umstände des Todes kennen – und den Mörder.« Er blickte auf die Leiche. »Aber ich glaube, bei diesem Mann hier war es so entsetzlich, dass bei ihm vorher die Sicherung durchgebrannt wäre.«
    Anna Lucchesi lag unter einer leichten Fleecedecke im Pyjama auf der Couch. Sie schaute sich die vierte Folge von Grand Designs an, eine Sendung, in der architektonisch ungewöhnliche Projekte von Privatleuten verwirklicht wurden. Ein Paar hatte ein Landhaus in England restauriert, und Anna schaute sich neidvoll das Ergebnis an.
    Als Anna sich diese Sendung zum ersten Mal in Irland angesehen hatte, hatte auch sie in einem solch idyllischen alten Haus gewohnt. Damals hatte sie für Vogue Living den Auftrag zur Restaurierung eines Leuchtturms und des angrenzenden Leuchtturmwärterhauses in der Nähe eines kleinen Dorfes unweit von Waterford übernommen. Dieser Job hatte ihr nicht nur unglaublich viel Freude bereitet, sie hatte überdies in einer wunderschönen Umgebung arbeiten können, und Joe und Shaun hatten sie zu Höchstleistungen angespornt.
    Als Anna sich nun Grand Designs anschaute, kam sie sich wie eine Ausgestoßene vor. Sie war nicht mehr in Irland, sondern in Bay Ridge, Brooklyn, in einem düsteren zweistöckigen Backsteinhaus. Man konnte sich hier sicher fühlen, und die Nachbarn waren nett, doch für Anna bot das alles keinen Ersatz für die verlorene Idylle in Irland.
    Sie schaute zum Fenster. Sie vermisste den Blick auf den weiten Himmel, auf das Meer und auf die Wellen, die mitunter so laut gegen die Klippen tosten, dass man das Fenster schließen musste, um sich unterhalten zu können. Das Haus an den Klippen war friedlich gewesen, behaglich, voller Wärme …
    Und plötzlich hatte es das alles nicht mehr gegeben. Duke Rawlins hatte diese Idylle zerstört. Er hatte Joe vernichten wollen, hatte aber nicht mit dessen Verbissenheit gerechnet.
    Doch wenn Anna jetzt daran dachte, bewunderte sie Joe nicht etwa – sie verübelte ihm, was er getan hatte: Joe hatte Donald Riggs getötet, aber sie , Anna, hatte den Preis dafür gezahlt. Joe war ohne Schaden an Körper und Seele in seinen Job zurückgekehrt. Sie aber lief noch am Nachmittag im Pyjama herum.
    Die ersten beiden Monate, nachdem sie Irland verlassen hatten, verbrachte Anna bei ihren Eltern in Paris. In den ersten Wochen hatten Joe und Shaun sie besucht, doch in dem kleinen Haus war es ihnen bald schon zu eng geworden. Anna hatte das Gefühl gehabt, als hätte Joe ihre Genesung beschleunigen und eine Art

Weitere Kostenlose Bücher