Blutberg - Kriminalroman
Ricardo.
»Rede doch nicht so daher«, sagte Susanna sich bekreuzigend. »Musst du so viel trinken?«
»Nein«, erklärte Ricardo mit fröhlichem Lächeln, »ich hab nur Lust dazu.«
Susanna bekreuzigte sich noch einmal und verschwand wieder im Schlafzimmer. Er hörte sie in Schubladen und Schränken kramen und trank einen weiteren Schluck. Ganz bestimmt ist es eine Sünde, hier zu sitzen und sich über den Tod von anderen zu freuen. Und über das Geld und den langen Urlaub, von dem er träumte. Ging es nicht genau genommen einfach um Habgier und Faulheit? Beides waren nichts weniger als Todsünden.
»Wahrscheinlich«, murmelte er in das Glas, und vielleicht würde er irgendwann einmal seine Sünden bekennen, irgendwann später. Er stand auf und tauschte Vivaldi mit Paganini aus.
Leifur legte das Blatt von sich und sah Friðrik an.
»Wann ist die gekommen?«
»Vor zwanzig Minuten. Mein Namensvetter - ich meine den Generaldirektor - befindet sich da oben in Kárahnjúkar. Er hat dort auch ein Büro und kann seine E-Mails abrufen. Er hat sie sofort an uns weitergeleitet, ein paar Minuten, nachdem er sie gelesen hatte.«
Leifur sah auf das Blatt, und sein Gesicht verzerrte sich. Der Stil war bekannt, der Inhalt auch.
» Wer das Land zerstört, zerstört die Nation . Wer das Land vergewaltigt, vergewaltigt die Nation. Ihr macht weiter, wir machen ebenfalls weiter. Nehmt entweder Vernunft an und legt bis Freitagmittag die gesamte Arbeit nieder, oder nehmt die Konsequenzen in Kauf. Auge um Auge, Zahn um Zahn. Wer anderen eine Grube gräbt, fällt selbst hinein. Die Grüne Armee. «
»Und natürlich genau wie zuvor keine Chance herauszufinden, woher das kommt?«, schnaubte Leifur.
Friðrik schüttelte den Kopf. »Noch nicht. Daran wird aber gearbeitet.«
»Ich dachte, dergleichen ließe sich heutzutage überall hin verfolgen«, meckerte Leifur grantig. »Sind denn das alles Volltrottel in der EDV-Abteilung?«
»So etwas braucht seine Zeit«, sagte Friðrik. »Wer auch immer es ist, er versteht sich darauf, seine Spur zu verwischen. Manchmal dauert es mehrere Jahre, um Hacker oder diese Typen zu finden, die Computerviren in Umlauf bringen.«
»So viel Zeit haben wir nicht«, bellte Leifur, »wir haben weniger als zwei Tage. Du bist sicher, dass Lárus das nicht geschickt haben kann?«
»Ja, sie haben ihn praktisch die ganze Zeit observiert. Er hat weder sein Handy benutzt noch E-Mails von seinem Computer geschickt. Wir haben ihn ein einziges Mal aus den Augen verloren, und zwar, als er im Hauptdezernat war.«
»Im Hauptdezernat?«
»Ja. Unser Mann ist hinter ihm ins Haus, sah ihn mit der Wache am Eingang reden, und der Mann hat dann kurz mit jemandem telefoniert und ihm anschließend die Tür zum Bürotrakt geöffnet. Laut Auskunft der Wache wollte er mit Svavar sprechen, und Svavar hat ihm gesagt, sie sollen ihn zu ihm schicken. Lárus war dann eine Viertelstunde bei ihm drinnen.«
»Und du hast keine Ahnung, was er da wollte?«
»Nein. Ich war der Meinung, dass du vielleicht besser selbst versuchen solltest, das herauszufinden.«
»Gut, mach ich. Was ist mit diesen Handys, kommt ihr da voran?«
»Nein, das hat nichts gebracht. Das eine, das von der Brücke, wurde vor drei Monaten gekauft und ist nie benutzt worden. Die Rechnung - und damit die Nummer - war auf eine Firma ausgestellt, die rundheraus abstreitet, dass dieses
Mobiltelefon in ihrem Auftrag gekauft wurde. Da das Handy eine Telefonkartennummer hatte und nicht angemeldet war, ist bei denen auch nie eine Rechnung eingegangen, die sie hätte stutzig machen können. Ich sehe keine Veranlassung, ihnen nicht zu glauben. Der Verkäufer beim Telefonanbieter kann sich natürlich nicht erinnern, wie der Käufer ausgesehen hat, es ist ja auch einige Zeit her, und außerdem wurde es mitten im Weihnachtsrummel gekauft. Also alles ziemlich ausgeklügelt«, fügte er hinzu, wobei so etwas wie ein anerkennender Ton in seiner Stimme mitzuschwingen schien.
»Und das andere Telefon, von dem aus angerufen wurde?«, fragte Leifur gereizt.
»Das wurde am letzten Wochenende gestohlen, wahrscheinlich in einer Kneipe hier in Reykjavík. Der Besitzer hat es aber erst gestern gemerkt, als wir bei ihm vorsprachen. Er war davon ausgegangen, dass er es irgendwo liegen gelassen hatte, deswegen hatte er es noch nicht abgemeldet. Das ist jedenfalls das, was er sagt, und wir haben seine Aussagen überprüft. Nichts deutet darauf hin, dass er etwas mit dieser Sache zu
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