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Blutbraut

Blutbraut

Titel: Blutbraut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Raven
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Rede stellen konnte, war sie spurlos verschwunden.«
    Das Wimmern kroch immer höher, stieg in meine Kehle. Das konnte nicht sein. »Hat sie mich damals …«
    »… mitgenommen? – No.«
    »Aber wie …«
    »Sie kam wieder. In der Weihnachtsnacht. Als Estéban nicht da war. Und beim zweiten Mal war sie nicht allein. – Ich konnte nicht verhindern, dass sie dich mitgenommen hat.« Seine Stimme war zu kaum mehr als einem Flüstern herabgesunken.
    »Aber wieso? Was … was wollte sie von mir, mit mir? Ich … ich hatte doch nicht …« Die Worte kamen nur als Stammeln aus meinem Mund.

    »Wir haben es bis heute nicht herausgefunden. Sie muss für jemanden gearbeitet haben. Alles andere würde keinen Sinn machen. Aber ob ihr Auftraggeber zur Hermandad oder dem Ordre gehört hat …« Er hob die Schultern. »Es gab keinerlei Hinweise in irgendeine Richtung. Noch nicht einmal über die Männer, die sie dabeihatte. Und es war kein Geheimnis, dass du bei uns warst, was du warst und was du werden solltest. Jeder wäre infrage gekommen.«
    Ich saß da. Schüttelte den Kopf. Wieder und wieder und wieder. Schlang die Finger ineinander, löste sie, schlang sie wieder ineinander. »Warum hat sie mich dann bei sich behalten? « Wenn ich doch nicht mit ihr verwandt gewesen war. Wenn sie tatsächlich für jemanden gearbeitet hatte. Es war nie Geld da gewesen. Warum hatte sie mich nicht demjenigen übergeben, der hinter alldem gestanden hatte? Sie hätte es so viel einfacher haben können, ohne mich. Essen, die Kleider für mich, alles hatte Geld gekostet. Immer unterwegs. Niemals lange an einem Ort. Ich hatte manchmal nächtelang im Auto geweint. Einmal weil ich meinen Stoffhund bei einem Stopp im Waschraum vergessen hatte. Sie hatte nicht zurückfahren wollen, obwohl es erst ein paar Meilen gewesen waren. Irgendwann hatte sie mich mit einer Ohrfeige zum Schweigen gebracht. »Warum?«
    »Möglicherweise ist ihr klar geworden, dass sie für ihren Auftraggeber wertlos wird, sobald sie ihren Zweck erfüllt und dich bei ihm abgeliefert hatte. Obendrein war sie eine Mitwisserin; sie am Leben zu lassen, hätte ein Risiko für ihn bedeutet. Wer garantierte ihm, dass sie den Mund hielt, sollte Estéban sie doch irgendwann in die Finger bekommen? Solange sie dich bei sich hatte und niemand außer ihr wusste, wo du warst, war
sie verhältnismäßig sicher. Auch vor Estéban. Mit dir hatte sie ein Druckmittel gegen beide Seiten. Du warst ihre Lebensversicherung. «
    Lebensversicherung. Ich war eine Lebensversicherung gewesen. Etwas in mir krümmte sich, schrie. Nur mit Mühe verhinderte ich, dass der Schrei aus mir herausbrach. Zwang mich zu atmen.
    Aber stimmte überhaupt, was er sagte? War das nicht alles nur ein weiterer seiner Tricks? Was, wenn er log? – Und was, wenn er die Wahrheit sagte? Was war noch alles eine Lüge gewesen? – Was war jetzt eine?
    »Aber … aber ich dachte, ihr könnt eine Blutbraut spüren. Du hast gesagt, sie hätten mein Blut gegen deines getestet. Du hast gesagt, ich wäre wie ein Waldbrand …«
    »Du warst zu jung. Man kann schon sehr früh herausfinden, ob ein Mädchen später einmal eine Sanguaíera wird oder nicht; ob sie für einen Hexer passt oder nicht. Aber spüren kann man sie erst, wenn sie … wenn sie zum ersten Mal … blutet.«
    Blutet? Es dauerte Sekunden, bis ich begriff, was er meinte. Ich hatte meine Periode sehr spät bekommen. Und keinen Tag danach hatte der andere mit seinen Handlangern vor unserer Tür gestanden, hatte uns in sein Versteck geschleift. Und Tante María getötet. Der Laut, der über meine Lippen kam, war Schluchzen und Stöhnen zugleich. Bevor er über mich hergefallen war. Über mich … mir die Zähne in den Hals geschlagen hatte … Ich hatte versucht, aus der Handschelle herauszukommen … Der Steinbrocken … ich hatte ihn immer wieder über mein Gelenk gezogen; wie ein Messer … Das Metall war glitschig vom Blut gewesen …
    »Luz …«

    Ich schüttelte den Kopf, heftig, abwehrend. Er war wie der andere. »NEIN!« Hoch und schrill. »Geh weg! Lass mich!« Ich schlug nach ihm, stieß ihn von mir, schob mich zurück. Wasser schwappte über meine Beine, durchnässte meine Hose. Beinah wäre ich von dem Felsen gerutscht. Blitzschnell hatte er zugegriffen, hielt mich fest, zog mich ein Stück vom Wasser weg. Ich schrie. Ebenso schnell hatte er mich wieder losgelassen, trat zurück. Ich lag auf den Knien, kauerte mich zusammen. Sie hatten mir in der Klinik Pillen

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