Blutbraut
sie nur nicht wieder meine Sachen durch die Gegend zerrte.
Das Kissen im Arm stapfte ich dann zur Glastür. Mr Brumbles lag wieder obenauf auf der Kiste. Rosas Lavendelduft blieb zurück, als ich auf die Terrasse hinaustrat. Allerdings schwand meine Entschlossenheit rapide, je weiter ich mich der Brüstung näherte. Als ich sie erreichte, war davon so gut wie nichts mehr übrig. Zögernd trat ich endgültig heran und spähte nach unten.
Sie standen auf der oberen Terrasse in einem Kreis. Joaquín, Cris, Rafael, Soledad und Fernán. In ihrer Mitte hatte jemand einen Wall aus Erde aufgehäuft und dessen Inneres mit Wasser ausgegossen. Eine schlanke, weiße Kerze ragte daraus empor.
Soledad bemerkte mich als Erste und winkte mir lachend
zu. Sie trug keine Schuhe. Ihre Zehennägel waren leuchtend grün lackiert. Auch die Übrigen blickten sich nach mir um. Cris schien nicht wirklich glücklich darüber, mich zu sehen. Joaquín nickte mir zu.
Irgendwie verlegen hob ich die Hand, um Soledads Winken zu erwidern, legte das Kissen auf die Brüstung. Doch Joaquíns »Nein, das ist zu gefährlich, auf den Boden, Lucinda« verhinderte, dass ich mich daraufsetzte. Obwohl sein Tonfall mehr als diskussionswürdig gewesen war, gehorchte ich. Auch zwischen den Pfeilern hindurch konnte ich alles beobachten.
Unten ergriffen sie einander an den Händen. Joaquín sagte etwas auf Spanisch, das die anderen einer nach dem anderen mit einem Murmeln beantworteten. Inmitten der Erde erwachte die Kerze zum Leben. Die Wasseroberfläche schien sich zu kräuseln. Dann breitete sich Schweigen aus. Cris und Fernán hatten die Augen geschlossen; Rafael hatte den Kopf in den Nacken gelegt; Soledad sah auf die Kerzenflamme. Ebenso wie Joaquín. Bis der mit einem Fluch die Hände aus denen von Cris und Fernán riss und den Kreis brach.
»Das ist nicht dein Ernst, oder?« Die Worte galten Soledad. Die anderen sahen überrascht von ihm zu ihr. Soledad war rot geworden. Was Joaquín einen scharfen Atemzug und ein Knurren entlockte.
»Ich war mir nicht sicher …«, setzte sie an.
»Jetzt bist du es!«, fuhr er ihr dazwischen. »Aber auch wenn du dir nicht sicher warst: Dachtest du ernsthaft, ich würde es nicht merken? Oder dass es mir egal wäre?«
»Natürlich nicht …« Sie wirkte nur noch unglücklich.
»Aber trotzdem sagst du mir nicht vorher, dass du möglicherweise-eventuell-vielleicht ein bisschen schwanger bist.«
»Ein ›bisschen schwanger‹. – Sieh an.« Rafael lachte. »Glückwunsch. «
Fernán hatte die Augen ein Stück weiter aufgerissen, starrte seine Frau mit einem geradezu komisch fassungslosen Ausdruck an. »Du bist …« Er schluckte. »… schwanger?«
»Herzlichen Dank auch, de Alvaro.« Soledads Blick wurde von einem Atemzug zum nächsten mörderisch. »Schon mal daran gedacht, dass ich das meinem Mann gerne selbst gesagt hätte? Klotz!«
»Dann hättest du es ihm vielleicht sagen sollen, bevor du hierhergekommen bist. Dir musste doch klar sein …«
»Hast du mir nicht zugehört, de Alvaro? Ich sagte, › ich war mir nicht sicher ‹. Wenn dem so gewesen wäre und wenn ich gewusst hätte, was du heute Abend hier veranstalten willst, hätte ich es ihm sagen können. – Oder dir, damit du zumindest die Klappe hältst.«
Fernán hatte sich anscheinend immer noch nicht so ganz von seinem Schock erholt. Allerdings war seine erste offensichtliche Überraschung jetzt einem irgendwie dämlichen Grinsen gewichen.
»Kinder …« Rafael hob beschwichtigend die Hände.
»Sicher oder nicht, du hattest zumindest den Verdacht.« Joaquín fletschte die Fänge. »Und wenn ich dich und deinen Mann hierherbitte, dann kann das eigentlich nur etwas mit Hexerei zu tun haben, oder?«
»Nicht mehr. Immerhin ist Lucinda jetzt hier. Hätte ja sein können, dass du willst, dass ich ihr ein bisschen was darüber erzähle, was es heißt, eine Blutbraut zu sein – deine Blutbraut zu sein, du arroganter Esel –, und du meinen Mann nur aus Anstand mit nach Santa Reyada gebeten hast. Wie sich das gehört.«
»Kinder, bitte …« Rafael war lauter geworden.
»Das bringt doch nichts …«, versuchte es nun auch Cris.
»Luz braucht dich nicht, um ihr …«
Fernán hatte zwei Finger in den Mund gesteckt und pfiff jetzt so schrill und durchdringend, dass ausnahmslos jeder zusammenzuckte. Inklusive mir. Offenbar hatte er sich endlich von seinem Schock erholt.
»Was?« Joaquín und Soledad funkelten ihn beide an.
Er ließ sich davon nicht
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