Blutbraut
ins Holz stößt.« Fernán war zu uns getreten. Wir schauten gleichzeitig zu ihm auf. Er lächelte seine Frau zärtlich an, dann sah er zu mir. »Wie geht es deinen Händen, Lucinda?«
»Gut. Danke. – Herzlichen Glückwunsch.«
Sein Lächeln nahm wieder diesen leicht … unzurechnungsfähigen Zug an. »Danke.«
An Fernán vorbei begegnete ich Cris’ Blick. Er wirkte … angespannt. Anscheinend wollte er absolut nicht, dass ich an diesem ›Kreis‹ teilnahm. Warum nur?
»Lucinda?«
»Was?« Zu spät wurde mir bewusst, dass Fernán irgendetwas zu mir gesagt haben musste.
Soledad lehnte sich ein bisschen weiter zu mir. »Du musst dir wirklich keine Sorgen machen. Es gibt keinen, der die Mächte besser lenken kann als Joaquín. Vor allem hier auf Santa Reyada. « Soledad griff meine Hand. Ganz behutsam. »Lieber Himmel, deine Finger sind ja eiskalt.« Sie legte ihre ein klein wenig fester darum.
»Warum war er so wütend, als er gemerkt hat, dass du schwanger bist?«
Sie seufzte leise. »Weil es gefährlich für das Baby sein kann.«
Erschrocken sah ich sie an.
Fernán schüttelte beruhigend den Kopf. »Sobald ein Kind geboren ist, macht ihm der Kontakt mit den Mächten, die in
einem Kreis geweckt werden, nichts mehr aus. Nur im Mutterleib können sie ihm schaden.« Stimmen bei der Terrassentür lenkten mich ab. Joaquín war zurück. Mit zwei länglichen Tüchern. Eines weiß, das andere hellgrün.
Soledad schaute ebenfalls hinüber, während sie nickte. »Manchen Hexern ist das egal. Sie nehmen das Risiko einfach in Kauf. Einige tun es sogar absichtlich, weil sie hoffen, dass die Mächte irgendwelchen Einfluss auf das Ungeborene haben. Selbst wenn das bedeutet, dass es blind, taub oder verkrüppelt auf die Welt kommt oder dass sie es dabei töten. Joaquín würde so etwas nie tun. Ebenso wenig, wie er jemanden in seinem Kreis absichtlich in Gefahr bringen würde. Lieber zieht er die Mächte auf sich und bricht den Kreis vorzeitig, als dass er so etwas zulässt. Egal welche Konsequenzen es für ihn hat.«
Ich hatte ihr nur mit halbem Ohr zugehört. Stattdessen hatte ich erstaunt beobachtet, wie Joaquín Rafael das hellgrüne Tuch gezeigt und dabei etwas auf Spanisch gesagt hatte. Wobei seine Worte eigentlich mehr nach einer Frage geklungen hatten. Rafaels Antwort war ein gemurmeltes »Sí« gewesen.
Jetzt kamen die beiden auf uns zu. Auch Cris folgte ihnen.
»Wir ändern die Positionen im Kreis«, teilte Joaquín uns mit, als sie uns erreicht hatten. »Cris links von mir, dann Luz, Fernán und Rafael. So sollte es am besten funktionieren.« Fernán und Rafael murmelten ihre Zustimmung. Cris nickte nur. Sein Blick hing unverwandt auf mir. Auch Joaquín sah mich an. »Bereit?«
Ich schluckte unbehaglich. Mein Herz schlug plötzlich wieder schneller. »Und was, wenn ich es nicht kann? Wenn ich etwas falsch mache?« So nah vor mir erkannte ich, dass die Tücher aus Seide waren. Sie schimmerten sanft in dem Lichtschein, der vom Haus heraus auf die Terrasse drang.
»Du kannst gar nichts falsch machen.« Joaquín streckte mir die Hand hin. »Es ist genau so, wie Soledad gesagt hat. Du musst dich nur auf das Wasser konzentrieren; dir vorstellen, wie der Regen fällt; wie er sich anhört, wenn er den Boden berührt; wie die Luft nach einem Schauer riecht; wie er sich auf deiner Haut anfühlt.«
Es klang so einfach. Aber irgendwie war ich mir absolut nicht sicher, ob ich selbst zu so etwas Einfachem in der Lage sein würde. Alles an mir schien sich verkrampft zu haben.
»Ich werde den Kreis auf Amerikanisch führen, damit du alles verstehst. Du musst dich nur von meiner Stimme leiten lassen. « Er beugte sich vor und ergriff mich beim Handgelenk. Seine diamantfahlen Augen suchten in meinen. »Vertrau’ mir nur ein kleines bisschen, Lucinda.« Behutsam zog er mich in die Höhe. Ich sträubte mich nicht. Auch nicht, als er mich in die Mitte der Terrasse führte. Ungefähr dorthin, wo Soledad zuvor gestanden hatte. »Dir wird nichts geschehen. Vertrau mir«, wiederholte er noch einmal, dann ließ er mein Handgelenk los. Mein Herz klopfte wieder wie verrückt, irgendwo in meiner Kehle. Er nickte Cris und Fernán zu, die daraufhin rechts und links neben mich traten, während er die beiden Tücher umeinanderdrehte. Dann legte er die Enden übereinander und gab sie mir in die Hand. Einen kleinen Teil ließ er überhängen.
»Ich will, dass sie so zwischen euren Händen liegen, dass ihr keinen direkten
Weitere Kostenlose Bücher