Blutbraut
Krieg angezettelt?« brummen lassen.
Ich wurde unter die Dusche geschickt und anschließend in ein Badetuch gewickelt, auf den Behandlungstisch gesetzt, wo Fernán sich meine unzähligen Kratzer und Krallenschnitte mit einer Kombination aus normaler Schulmedizin und seiner Heiler-Magie vorgenommen hatte. Als krönenden Abschluss hatte
er mir eine Tetanusspritze verpasst. Rafael hatte vor der Tür warten müssen …
Und nun waren wir wieder auf dem Weg nach Santa Reyada.
Einen Moment riss ich meinen Blick von der dunklen Ebene dort draußen los, schaute auf das Kreuz und den Kristall in meinen Händen. Ich hatte beides gerade noch aus meiner Jeans retten können, bevor Soledad sie in den Müll geworfen hatte. Warum hatte ich sie nicht in die Tasche des Leinenkleides gesteckt, das sie mir geliehen hatte? Ich wusste es nicht. Ebenso wenig, wie ich wusste, ob Joaquín und ich endlich ›klar miteinander‹ waren. Oder ob ich es schaffte, seine Blutbraut zu werden. »Ich weiß es nicht.« Ich sah wieder zum Fenster hinaus. Die Scheinwerfer schnitten wie bleiche Finger in die Dunkelheit. Zuweilen blitzte der Boden unter ihnen fahl auf.
»Du weißt es nicht?« Unter hochgezogenen Brauen sah Rafael kurz zu mir her, schaute wieder auf die Straße. »Das muss ich jetzt nicht … Fuck!« Mit einem scharfen Laut riss er den Arm gegen die Seite. Krümmte sich darüber. Seine Finger krallten sich zusammen. Erschrocken schrie ich auf, klammerte mich an den Türgriff, als er mit voller Wucht auf die Bremse trat.
Der Lamborghini schlingerte.
Drehte sich.
Reifen quietschten …
Dann standen wir endlich.
Die Schnauze gefährlich Richtung Felsen.
Zum Glück war kein anderer Wagen hinter uns gewesen. Oder uns entgegengekommen. Meine Finger weigerten sich immer noch, den Türgriff loszulassen.
Neben mir riss Rafael die Schnallen seines Tribal-Armbandes auf, zerrte es von seinem Handgelenk. Das Gesicht vor Schmerz
verzogen. Presste die freie Hand über das halbe Tattoo knapp über seinem Handgelenk. Die Finger immer noch zu Klauen gekrümmt.
»Was … was ist?«
Rafael schüttelte den Kopf, scheinbar unfähig, einen anderen Laut außer einem Keuchen hervorzubringen. Es schien Minuten zu dauern, bis seine Atemzüge sich zumindest halbwegs beruhigt hatten. Doch selbst dann bekam ich noch immer keine Antwort. Stattdessen zerrte er sein Handy aus der Hosentasche, tippte ein paarmal hastig auf das Display, hielt es mit einer Hand ans Ohr. Den anderen Arm nach wie vor gegen die Seite gedrückt. Ich glaubte, das Freizeichen bis hier herüber zu hören. Wieder und wieder.
»¡Contesta!«, murmelte er beschwörend. »¡Contesta, pues! Wo steckst du, Joaquín? Geh endlich ran, verdammt noch mal!«
Er ließ es scheinbar endlos lange klingeln, bis er mit einem Fluch auflegte. Nur um gleich darauf erneut eine Nummer zu wählen. Als mein Blick auf seinen Arm fiel, holte ich scharf Atem. Quer über das Tattoo lief etwas wie ein Schnitt. Der die Linien des Siegels zerstörte. Feuerrot. Geschwollen Frisch.
Abermals schien es endlos zu klingeln. Rafael fluchte erneut.
Plötzlich waren meine Handflächen feucht.
Nichts. Sekunde um Sekunde.
Mit einer brüsken Bewegung legte er abermals auf, rammte den Rückwärtsgang rein, setzte zurück und fuhr los. Zurück in die Richtung, aus der wir eben gekommen waren.
»Was soll das?« Entgeistert sah ich ihn an.
»Ich fahre dich zu Fernán zurück.«
Heftig schüttelte ich den Kopf. »Was? Warum?«
»Joaquín hat seine Hälfte des Siegels zerstört, das uns verbindet.
Oder jemand anderes. Und ich kann weder ihn noch Jorge erreichen.« Seine Stimme klang gepresst. Und scharf.
»Was?« Erschrocken starrte ich ihn an, doch dann wich mein Schrecken Ärger. »Nein! – Ich will …«
»Es ist mir egal, was du willst.« Er gab noch mehr Gas. »Er hätte das Siegel nicht ohne Grund zerschnitten. Irgendetwas stimmt da nicht. Und ich werde den Teufel tun und dich in Gefahr bringen. Bei Fernán bist du auf jeden Fall sicher!«
»Ich pfeif auf ›in Gefahr bringen‹ und ›sicher‹. Ich komme mit.«
»Lucinda …«
»Vergiss es! Ich komme mit! Außerdem hast du Joaquín versprochen, mich nicht aus den Augen zu lassen.«
Eine Sekunde funkelte er mich wütend an. Nur um dann abrupt auf die Bremse zu treten. »Also gut. Aber nur bis nach Santa Reyada. Und da bleibst du dann.« Er warf mir das Handy in den Schoß, legte erneut den Rückwärtsgang ein und setzte abermals zurück, um zu wenden. »Dann
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