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Blutbraut

Blutbraut

Titel: Blutbraut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Raven
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Hermandad funktionierte. Nein, nur zehn Tage waren es gewesen. ›Zehn Tage: Danach bist du mich los. Für immer.‹ Hatte er damals schon gewusst, wann sie ihn zu seiner Hinrichtung
holen würden? Musste ich das wirklich fragen? Natürlich. Er hatte das alles geplant. – Nur das mit seinem Selbstmord passte nicht. Oder hatte er ihnen damit eigentlich zuvorkommen wollen? Ich schloss die Augen. War das nicht egal? Es lief alles auf dasselbe hinaus: Er hatte nie damit gerechnet, dass ich meine Panik in den Griff bekommen könnte und seine Sanguaíera werden würde. Und es stillschweigend akzeptiert, dass seine Zeit abgelaufen war. Auf die eine oder andere Weise. Ohne irgendjemandem etwas davon zu sagen. Noch nicht einmal Rafael. Weil der wahrscheinlich alles darangesetzt hätte, es zu verhindern.
    Aber er hatte mir versprochen, dass wir miteinander reden würden, wenn das alles vorbei war. Das konnte alles nicht wahr sein. »Wir müssen etwas tun.«
    Voll bitterem Hohn hob Rafael eine Braue. »Ach? Und was? Den Gouverneur anrufen, damit er Joaquín wie in einem schlechten Film im letzten Moment begnadigt? So funktioniert das in der Hermandad nicht. Das Todesurteil wurde, wie es scheint, angekündigt, ausgesprochen und Joaquín hat ihm zugestimmt. Den Gesetzen wurde Genüge getan und damit war’s das.«
    Nein! Nein, ich weigerte mich, das so hinzunehmen. »Aber er muss es sich anders überlegt haben. Jorge hat gesagt, sie hätten gestritten …« Ich ballte die Fäuste. Und dann war Joaquín zusammengebrochen. »Er ist nicht freiwillig mit ihnen gegangen.« Ich hatte mit ihm reden wollen. Er hatte mir versprochen, dass wir reden würden, wenn das alles vorbei war. Draußen kündigte das Geräusch der Rotorblätter Lope mit dem Helikopter an.
    »Das interessiert sie nicht. Vor allem wird Tomás keine weiteren Verzögerungen zulassen. Er kann es doch kaum erwarten, Joaquíns Domäne als neuer Patron dieser Familie zu übernehmen.
Nichts und niemand wird ihn daran hindern, die Sache heute Nacht durchzuziehen.«
    Seine Worte waren wie ein Schlag ins Gesicht. »Das ist nicht dein Ernst?« Fassungslos schüttelte ich den Kopf. »Wir können doch nicht einfach …«
    »Wonach sieht das hier denn aus?« Rafael legte die Hand auf den Griff der Pistole an seinem Gürtel, nickte gleichzeitig zum Fenster, vor dem gerade die Scheinwerfer des Helikopters grell zu Boden schwebten. »Du glaubst doch nicht, dass ich tatenlos dabei zusehe, wie diese Geier meinen besten Freund zerfleischen? Selbst wenn er sich aus welchen bescheuerten Gründen auch immer irgendwann mal damit einverstanden erklärt hat. – Den Teufel werde ich.« Er beugte sich über den Laptop, ließ den Finger noch einmal über das Touchpad gleiten, schloss ihn fast ganz, zog den Stecker raus und nahm ihn vom Tisch.
    »Wenn Jorge und die anderen auftauchen, sag ihnen, dass ich Tomás’ Handy geortet habe«, befahl er mir, während er zur Tür ging. »Das Signal bewegt sich nicht. Laut der Karte sind sie draußen in den Ruinen. Der ideale Ort, um einen Hexer der Hermandad hinzurichten. So abgelegen, dass sie garantiert keiner stört. Ganz nebenbei passt es ausgezeichnet zu Tomás’ Vorliebe für große Auftritte.«
    Ich war hastig aufgestanden und folgte ihm. Mein »Ich komme mit« brachte ihn dazu, sich abrupt umzudrehen.
    »Das wirst du nicht.«
    »Vergiss es!« Ich wollte an ihm vorbei.
    Seine Hand an meinem Arm verhinderte es. »Joaquín wollte dich nicht …«
    »Das soll er mir selber sagen.« Mit einem Ruck machte ich mich los. »Ich bleibe nicht hier.«

    Rafaels Blick war mörderisch.
    Ich schob das Kinn vor. »Sie werden schon nicht auf mich schießen. Ich bin eine Blutbraut. Eine Moreira. Ich bin wertvoll. Sie werden mir nichts tun.« Wenn ich mir dessen nur halb so sicher gewesen wäre, wie ich klang, wäre mir deutlich wohler gewesen.
    Eine Sekunde, zwei musterte Rafael mich mit demselben Blick wie zuvor, dann sah er zu Sal, der immer noch bei der Tür stand. »Sal.«
    Der nickte. »Ich richte es Jorge aus. Wir folgen euch so schnell wie möglich.« Noch einmal schaute Rafael mich wütend an, dann sagte er: »Komm«, wandte sich brüsk um, marschierte aus dem Haus und die Treppe hinunter. Ich folgte ihm. Und taumelte, kaum dass ich einen Schritt von den Stufen heruntergemacht hatte.
    Der Boden unter meinen Füßen schien zu zittern. Als würde er sich im Takt eines Herzschlages immer mehr verkrampfen. Etwas wie ein Klagen hing in der Luft, das wie ein

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