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Blutbraut

Blutbraut

Titel: Blutbraut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Raven
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Rückenlehne des Sessels seines Erzeugers. Die beiden mächtigsten Hexer der de-Alvaro-Familie. Jeder für sich eine Macht, die man nicht unterschätzen durfte, zusammen
… unüberwindlich. Dass das Ganze ab einem gewissen Zeitpunkt nur noch Schau für das Konsortium und die übrige Hermandad gewesen war, wusste niemand außerhalb der Mauern von Santa Reyada. Er hatte alles darangesetzt, Estéban nicht zu begegnen, wenn er nicht unbedingt musste, und Estéban hatte ihn nur dann belästigt, wenn es sich absolut nicht vermeiden ließ – oder er wieder einmal die Dienste seines ›Vollstreckers‹ benötigte.
    ›Vollstrecker‹. Mit siebzehn. Danke auch, Estéban. Herz- – Haken – – lichen – Haken – Dank – Haken.
    Cris hätte hinter ihm stehen sollen, wie er seinerzeit hinter Estéban gestanden hatte. Nicht Rafael. Cris. Aber Cris war … Cris.
    Keuchend hielt Joaquín den Sandsack mit beiden Händen fest, lehnte die Stirn gegen das Leder, schloss die Augen.
    ›Unseren Informationen zufolge soll sie Boston nicht freiwillig mit Rafael verlassen haben. Das Ganze war anscheinend eher eine Entführung.‹ – ›Es gibt Stimmen, die behaupten, sie hätte etwas mit deinem Bruder.‹ – ›Sie muss der Hermandad überstellt werden. ‹
    Verflucht noch mal! Noch vor zwei Tagen war er der Meinung gewesen, alles sei in bester Ordnung. Und jetzt lief das Ganze einfach nur noch aus dem Ruder. Herzlichen Dank auch, Cris. Und danke, Rafael. Er versetzte dem Sandsack blindlings einen weiteren Schlag. Wie lange prügelte er auf das Ding eigentlich schon ein, um sich wenigstens ein Stück weit abzuregen? Zumindest so weit, dass er sich selbst wieder über den Weg traute, dass er es wagte, endlich mit Luz zu reden? Bisher hatte er nicht besonders viel Erfolg gehabt. ›Sie muss der Hermandad überstellt werden.‹ Niemals! Nicht, solange er lebte! Noch
ein Schlag. Seine Muskeln brannten. Das T-Shirt klebte auf seiner Haut.
    Mit einem Ruck öffnete er die Augen, trat vom Sandsack zurück und zerrte sich die Bandagen von den Händen. Er konnte die Unterredung mit Luz nicht noch weiter hinausschieben. Er musste ihr alles erklären. Bevor die Sonne unterging und er für die Nacht wieder zu dem wurde, was sie so sehr in Angst und Schrecken versetzte. Auch wenn die Läden vor den Fenstern geschlossen waren und das meiste Licht aussperrten: Es war bereits später Nachmittag, ging schon gefährlich auf den Abend zu. Allzu lange sollte er nicht mehr warten. Er wollte mit ihr in Ruhe reden.
    Aber nicht so, vollkommen verschwitzt. Er knüllte die Bandagen zusammen und warf sie auf den Tisch. Er brauchte eine Dusche. Und vielleicht würde eine ausreichende Menge kaltes Wasser ihm helfen, noch ein Stück weiter runterzukommen.
    Das schweißdurchtränkte T-Shirt schon halb über den Kopf gezogen, hielt er inne. Hatte sie heute überhaupt schon etwas gegessen? Nicht soweit er wusste. Und er bezweifelte, dass Cris daran gedacht hatte. Oder Rafael. Der hätte es ihm zumindest gesagt, wenn er ihr etwas gebracht hätte, bevor er Rogier und Nestore gefolgt war, um sicherzustellen, dass die beiden tatsächlich direkt nach San Diego zurückkehrten. Luz musste halb verhungert sein. Und dann erwartete er, dass sie sich nicht wie eine Gefangene fühlte? Verdammt.
    Sie mochte Sandwiches mit Hühnchen, Rucola und Gurke. Dazu extra viel Mayonnaise. Das sollte kein Problem sein.
    Also gut: schnelle Dusche und anschließend Sandwiches für Luz. Er zerrte sich das T-Shirt endgültig über den Kopf und ging ins Bad. Danach musste er Fernán anrufen und ihn
vorwarnen, dass er nachher auch nach Luz’ Knöchel schauen sollte – und damit rechnen musste, dass seine Patientin ihn lieber dort sehen wollte, wo der Pfeffer wuchs … Die Unterlagen, die sie brauchte, um ihren Highschoolabschluss nachzumachen; um die musste er sich auch noch kümmern … und herausfinden, wo sie diese Prüfungen in Los Angeles oder San Diego dann machen konnte und wann –
     
    Die Hand schon erhoben, um anzuklopfen, erstarrte Joaquín. Seine Haare waren noch nass, klebten ihm im Nacken. Der Schlüssel zu Lucindas Zimmer steckte außen. Sein Magen zog sich zusammen. Das Tablett mit Sandwiches, Eistee und Mangoscheiben auf dem Mahagonitischchen zwei Meter weiter den Gang entlang war schlagartig vergessen.
    »Das hast du nicht getan, Rafael«, flüsterte er ungläubig. »Du hast sie nicht eingeschlossen.« Er verschob das Klopfen auf später und drückte vorsichtig die Klinke.

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