Blutbraut
erwartet wurde: dafür zu sorgen, dass ich blieb, wo ich war. Allerdings hatte ich nicht vor, ihm diesen Gefallen zu tun und mir so vielleicht die einzige Möglichkeit entgehen zu lassen, von hier wegzukommen. Die Tür zum Korridor mochte verschlossen sein, wenn ich Glück hatte, war es die zur Terrasse nicht. Ich hatte Glück. Hitze schlug mir erbarmungslos entgegen.
6
R echts! Rechts! Links! Rechts! Haken! Rechts! Gerade! Kick! Links!
›Wir wissen aus sicherer Quelle, dass Lucinda Moreira gefunden und nach Santa Reyada gebracht wurde.‹
›Aus sicherer Quelle …‹ Für wie dämlich haltet ihr mich? – Haken. Rechts. – Eure Quelle heißt Ezra und der hat es von seinem Handlanger Abner.
Kick.
Der Sandsack pendelte zurück. Schweiß rann Joaquín in die Augen. Er wischte ihn weg.
Dass die Hunde ihre Spur immer wieder verloren hatten, hatte sie zu viel Zeit gekostet. Und ihn selbst verblüfft. Offenbar wirkte der Zauber doch noch. Sporadisch zumindest.
Rechts. Linkslinks. Rechts.
›Wir wollen sie sehen!‹
Ja, natürlich. Sie ist eine Zuchtstute, die ich euch vorführe. Ver- – rechts – gesst – links – es! – Kick.
›Unseren Informationen zufolge soll sie Boston nicht freiwillig mit Rafael verlassen haben. Das Ganze war anscheinend vielmehr eine Entführung.‹
›Euren Informationen zufolge …‹ Klar doch. Als ob Abner nicht genauestens Bericht erstattet hätte. Verlogene Brut. – Links.
Rechts. Gerade. – Ich hätte ihnen keinen Wein anbieten sollen, sondern Gift. Verdammtes Pack!
Kick. Kick. Rechtsrechts. Zwischen seinen Rippen meldete sich ein Stechen.
Rosa war in dem Augenblick verschwunden, als Nestore und Rogier das Haus betreten hatten. Wie jedes Mal, wenn andere Hexer der Hermandad nach Santa Reyada kamen. Und wohin auch immer sie sich zurückgezogen hatte: Sie würde sich erst beim nächsten Sonnenaufgang wieder bemerkbar machen.
›Es gibt Stimmen, die behaupten, sie hätte etwas mit deinem Bruder.‹
Stimmen! Pah! Die Stimme heißt Abner. – Gerade. – Scheiße, Cris, wenn du mir schon mein Leben stiehlst, hättest du dann nicht wenigstens diskreter sein können? – Haken. Haken. Rechts. – Du kennst die Gesetze. Wenn sie Beweise auftreiben können, kommst du aus der Nummer nicht mehr raus. Keiner von uns.
Links. Kick. Gerade.
›Sie muss der Hermandad überstellt werden.‹
Nur über meine Leiche! – Rechtsrechts. Rechts. Rechts. – Wenn er die Papiere hätte sehen wollen, mit denen sie meiner Familie übereignet wurde, hätte ich ihn umgebracht.
›Wie konnten die Bilder von diesen Massakern der Nosferatu in die Presse gelangen?!‹
Kick. Kick. – Vollidioten! – Rechts. Rechts. Gerade!
›Es ist deine Domäne. So etwas darf nicht passieren!‹
Und seit wann teilen die Nosferatu mir vorab mit, wo sie das nächste Blutbad anzurichten gedenken? In die Zukunft sehen kann ich noch nicht. – Rechtsrechts. Links. Kick. – Wer hatte denn in den letzten Monaten die wenigsten Toten zu beklagen? Wen wollt
ihr deshalb so dringend bei eurem bescheuerten Kreuzzug dabeihaben?
›Tomás de Silva macht sich Sorgen um dich.‹
Sorgen, ja. Darüber, wie lange er mir wohl noch Rechenschaft schuldig ist. – Er hat es schon unter Estéban gehasst, nicht an der Spitze dieses Konsortiums zu stehen. Unter mir hasst er es noch viel mehr. Verflucht soll er sein! – Kick, Gerade. – Heuchlerischer Bastard! – Kick.
Ihre wütenden Blicke, als Rafael hinter seinen Sessel trat und nachlässig die Arme auf der Rückenlehne verschränkte. Die Diskussionen darüber, ob Rafael bei Unterredungen des Konsortiums – oder der Patrones – hier auf Santa Reyada anwesend sein durfte oder nicht, waren schon vor sehr langer Zeit geführt worden. Sie erstickten heute noch daran, dass er sich durchgesetzt hatte.
›Es geht das Gerücht, dass du dich in letzter Zeit mehr und mehr zurückziehst …‹
Gerücht! Pah! Heimtückische Bande. Nennt das Kind beim Namen: Das Konsortium meiner Familie hat mich im Verdacht, dass meine Zeit abgelaufen ist. – Okay, ich werde Nosferatu. Jede Nacht ein bisschen mehr. Aber solange ich es vor euch verbergen kann, seid ihr die Letzten, die es erfahren. – Ich bestimme, wann mein Leben zu Ende ist. Nicht ihr. Und bis dahin habe ich noch das ein oder andere zu erledigen. – Wahrscheinlich kann ich froh sein, dass sie ihre Blutbräute noch nicht auf mich angesetzt haben.
Wie oft hatte er selbst neben Estéban gestanden, einen Arm entspannt auf der
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