Blutbraut
und ab, auf und ab, auf-ab; auf-ab. Beruhigend. Einschläfernd.
Er wiegte sich mit mir hin und her. Wischte mir die Tränen und den Rotz aus dem Gesicht. Murmelte weiter. Leise, besänftigend. Ich saß einfach da.
Saß einfach da …
Saß einfach da …
Ich wurde hochgehoben, getragen.
Durch eine Tür.
Eine Treppe hinauf.
Lavendelduft.
Noch eine Tür.
»Großer Gott …« Die Stimme war vertraut.
»Fernán muss gleich da sein, Cris. Er soll sofort heraufkommen. «
Ein Bett. Ich wurde darauf abgesetzt. Hörte mich keuchen. Eine Hand strich über mein Haar.
»Ganz ruhig, mi corazón. Du bist auf Santa Reyada. Alles ist gut. Du bist in Sicherheit. Niemand wird dir wehtun.« Er.
Ich wimmerte. Schob mich weg von ihm. Kroch ans Kopfende. Presste die Fäuste vor den Mund. Wiegte mich vor und zurück. Vor und zurück. Vor und zurück.
Knurren. Ich kauerte mich zusammen. Stimmen. Bei der Tür.
»Wo willst du hin?«
»Ich muss … Wenn ich nicht gehe … bringe ich noch jemanden um.« Kehlig. Rau. Vor und zurück.
»Lillian hat dich gesehen.« Weit entfernt.
»Ich weiß.«
»Dir ist klar, was das bedeutet?«
»Sí. – Nimm die Hand weg, Rafael!« Weit, weit entfernt. Vor und zurück. Vor und zurück …
Eine Hand an meiner Schulter. Ich zuckte zusammen. Riss die Augen auf.
»Ganz ruhig, Liebes. Niemand tut dir etwas.« Ein Fremder saß neben mir auf der Bettkante. Jung. Seine Stimme war weich. Freundlich. Dunkles Haar. Dunkle Augen. Nicht er. »Ich bin Fernán. Dein Arzt. Ich will dich nur ganz kurz untersuchen, wenn ich darf. – Komm, was hältst du davon, wenn du ein Stückchen tiefer rutschst und dich richtig hinlegst. Die Kissen sind doch viel bequemer als das harte Kopfbrett.« Eine zweite Hand kam zu der ersten. Schoben, behutsam. Ich rutschte tiefer. »Ja, so ist es gut. Entspann dich. Lass mich sehen, ob du verletzt bist.« Die Hände zogen sacht meine Arme herab. »Gut machst du das.« Tasteten. »Magst du dich nicht ein bisschen ausstrecken? – Ja, sehr schön.« Alles um mich her war seltsam trüb, dumpf. Ich schloss die Augen. »Soweit ich feststellen kann, nur Kratzer und Hämatome. Das Schlimmste sind ihre Handgelenke. Alles andere ist oberflächlich. Die Haut an
ihrer Kehle wurde nicht durchbrochen. – Aber sie steht unter Schock.« Die Worte schienen nicht mir zu gelten. Ich lag einfach nur da. »Ich will sie im Moment nicht öfter anfassen, als ich muss, sie ist verstört genug: Habt ihr den Verdacht, dass man ihr Gewalt angetan hat, Rafael?«
Schnauben. »Nein. Sonst stünde das Haus wohl nicht mehr.«
»Gut. Dann lassen wir sie jetzt am besten einfach schlafen. – Rutschst du noch ein kleines bisschen tiefer, Liebes? Dann läufst du nicht Gefahr, dir den Kopf anzuschlagen, wenn du dich im Schlaf umdrehst. – Wo ist er? – Ja, gut machst du das.«
»Ich schätze, im nächsten Käfig, den er finden konnte.«
»Ich verstehe. Hat er mir etwas dagelassen?«
»Ja.«
…
Plötzlich war ein Schatten über mir. Ich schrie, kauerte mich zusammen.
»Sch, Liebes. Das bin nur ich, Fernán. Ich wollte dich nicht erschrecken.« Zitternd rang ich nach Atem, die Augen weit aufgerissen. »Doch so schlimm? Na gut. Vielleicht ist es dann am besten, wenn ich dir etwas gebe, das dir ein wenig beim Schlafen hilft. Aber tust du mir den Gefallen und trinkst zuvor hiervon noch etwas?« Eine Hand schob sich ganz langsam unter meinen Kopf, ein Glas wurde an meinen Mund gesetzt. Eine kühle Flüssigkeit berührte meine Lippen. »Nur ein, zwei Schlucke, das genügt schon.« Ich trank. Es schmeckte süß und sauer zugleich. »Ja, sehr schön. Mehr brauchen wir nicht.« Das Glas verschwand. Ich schloss die Augen wieder. Ein Klappern und Rascheln. Hände an meinem Arm, schoben meinen Ärmel in die Höhe. Zischen, Kälte auf meiner Haut. «So, das pikt jetzt
ein bisschen, aber danach lasse ich dich endgültig in Ruhe, Liebes. Versprochen.« Ein kurzer, stechender Schmerz in meinem Arm. Ich zuckte zusammen, riss erneut die Augen auf. Fernán lächelte auf mich hinab. »So, schon vorbei.« Meine Lider wurden plötzlich mit jedem Atemzug schwerer. »Und morgen früh sieht die Welt gleich wieder ganz anders aus …«
8
D eine einzige Aufgabe besteht darin, dafür zu sorgen, dass sie auf Santa Reyada bleibt und Joaquín sie nicht zu seiner Blutbraut macht. Und was muss ich hören? Zwei Mal gelingt es ihr zu fliehen und beide Male muss er sie zurückholen. Wir haben eine Abmachung.« Jeden seiner
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