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Blutbuchen - Ein Altmarkkrimi (Judith Brunners erster Fall) (German Edition)

Blutbuchen - Ein Altmarkkrimi (Judith Brunners erster Fall) (German Edition)

Titel: Blutbuchen - Ein Altmarkkrimi (Judith Brunners erster Fall) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heike Schroll
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Vorstellung, wie sie suchen musste. Neben der Archivierung von Handschriften, Amtsbüchern und Verwaltungsakten war es vielen Stadtarchiven auch gelungen, ergänzend dazu Druckschriften, Zeitungen, Fotos und Literatur zu sammeln, die sie meist nach sachlichen Prinzipien ordneten.
In diesem kleinen Raum lagen die Materialien in mit Zeitungspapier ausgelegten, grob gehobelten Holzregalen. Darin stapelten sich zumeist beschriftete Kartons: »Altmark allgemein«, »Güter« oder »Forsten«, doch auch konkretere Titel, sogar »Waldau« und »Ahlsens«. Hier fing Laura ihre Suche an. Zu Waldau waren vor allem alte Pläne und Abrechnungen zusammengetragen worden, zwei Bekanntmachungen zu Gemeinderatswahlen, ein paar Fotos von der Kirche, eine Postkarte mit kleinen Abbildungen von Gasthaus, Bushaltestelle und Dorfplatz. Sorgfältig aufgeklebte Zeitungsausschnitte ergänzten die Sammlung. Es machte zwar Spaß, diese Dinge durchzusehen, doch half es ihr im konkreten Fall nicht weiter.
Als Laura sich auf den Stuhl stellte und den Karton »Ahlsens« aus dem oberen Fach des Regals ziehen wollte, verlor sie fast das Gleichgewicht, denn der war viel zu leicht und offensichtlich leer. Nur altes Zeitungspapier segelte ihr entgegen. Sollte dazu nichts gesammelt worden sein?, fragte Laura sich. Schwer vorstellbar, denn sie wusste, dass die Ahlsens eine alteingesessene, einflussreiche Familie waren. Sie blickte ratlos in das leere Behältnis und dann wieder ins Regal. Vielleicht gab es noch einen Karton »Familien« oder sie müsste »Güter« durchsehen? Als sie vom Stuhl stieg, fiel ihr Blick auf die alte, herabgefallene Zeitungsseite. »Die Mordkreuze in der Altmark« – säuberlich herausgeschnitten und die Titelzeile sogar mit einem großen Bleistiftkreuz hervorgehoben. Es schien sich also nicht um die Regalauflage zu handeln, wie sie zuerst vermutete. Laura hob den Ausschnitt auf, setzte sich und begann zu lesen:
» In vielen Gegenden Deutschlands finden sich auf freiem Felde steinerne Kreuze, sie werden Mord- oder Totenkreuze genannt und sollen die Stelle bezeichnen, wo jemand ermordet oder eines plötzlichen Todes verstorben ist. Wenn man die Leute in der Umgebung fragt, so sagen sie, das habe schon immer da gestanden und das sei vom Kriege her. Damit meinen sie dann verschiedene Schrecken der Vergangenheit. Hier und da weiß man von einem Offizier oder General, der da sein Grab gefunden habe; auch Märchen von vermessenen gotteslästerlichen Wetten, von Mordtaten oder sittentreuem Märtyrertod einer Jungfrau werden aus Anlass der frommen Stiftung weitererzählt. An ihrem hohen Alter bestehen kaum Zweifel. Die jüngsten dürften vor 400 Jahren gesetzt sein, die ältesten sollen bis zu 1000 Jahren zurückreichen. Keine Inschrift, keine Jahreszahl, keine festen regelmäßigen Formen, nur eben ein grobes, plumpes, unscheinbar graues Sandsteinkreuz mit Rissen, abgestoßenen Kanten, rauher Oberfläche und einigen Rillen oder Furchen an der Vorderseite. Betrachtet man diese Einkerbungen näher, und gegebenenfalls bei seitlicher Sonnenbeleuchtung, so formen sie sich offenbar zu kindlich einfachen Strichzeichnungen, aus denen Schwert, Dolch, Rad, Spieß, Beil, Lanze, Wolfsangel, Armbrust, Knüttel oder irgendein anderes Mordinstrument zu erkennen ist.

Ebenso verschieden ist die Größe und Form der Kreuze; sie gleichen einem gewöhnlichen Balkenkreuz, einem eisernen Kreuz, einem Tatzen- oder Kleeblattkreuz, einem Rad- oder Reifenkreuz und ähnlichen Abarten.

Mannigfach scheint schließlich auch die Art ihres Vorkommens. Hier und da stehen sie in Gruppen von zwei, drei und noch mehr Stücken dicht vereinigt, zumeist dagegen trifft man sie einzeln. Auch die Altmark besitzt eine Anzahl von Mordkreuzen, mit denen Sagen verknüpft sind welche auf ihre Entstehung hindeuten: Die meisten finden sich im Kreis Stendal, im Kreise Gardelegen befindet sich das einzige in Lindstedt. Der Zeitraum, aus dem die altmärkischen Mordkreuze herrühren, umfasst ungefähr zweihundert Jahre, vom Anfang des 14. bis um Anfang des 16. Jahrhunderts. «

Das war recht interessant. Laura stand wieder auf und schaute sich erneut um. Aus welchem Karton mochte der Zeitungsausschnitt stammen? »Aberglaube, Sitte, Gebräuche« – der könnte es sein. Auch der war völlig leer. Merkwürdig. »Der Tod«, hier vielleicht. Auch nichts. Bestimmt hatte jemand versucht, die Sammlung neu zu ordnen und dabei die Kartons umsortiert, schlussfolgerte Laura.
Sie ging nach

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