Blutbuchen - Ein Altmarkkrimi (Judith Brunners erster Fall) (German Edition)
erwarten Sie bitte nicht, dass ich etwas esse. Ich habe bereits gespeist.«
Während Dr. Renz einen Tisch am Fenster aussuchte, orderte Judith an der Speisentheke ein Fischgericht, bezahlte und ließ sich nieder. Die Mahlzeit sah gut aus und schmeckte auch. »Was haben Sie gegen das Essen hier? Ich find’s in Ordnung. Der Reis ist locker, das Gemüse nicht zerkocht und der Fisch ist lecker gewürzt. Man kann es wirklich essen.« Doch sie sah, dass sie seinen Argwohn mit ihrem Loblied nicht zerstreute. Allzu sehr prägte die Skepsis seine Gesichtszüge.
Dr. Renz wollte nicht über das Essen diskutieren und kam auf ihren Besuch zu sprechen: »Ist Ihnen zu Ihrem Mordopfer noch etwas eingefallen, wobei ich helfen kann?«
»Nein, nicht bei ihm. Aber heute Vormittag haben wir einen weiteren Toten geborgen.« Judith lächelte verlegen.
»Noch einen? Und der landet nun auch bei mir?«, freute sich Dr. Renz, und wirkte bei der Aussicht auf eine neue Aufgabe sogar beschwingt. Verschmitzt sagte er: »So machen Sie sich nicht beliebter bei Ihren Vorgesetzten, Judith. Aber ich helfe Ihnen gern, wenn ich kann.«
»Danke. Ich hatte es gehofft. Aber ich denke, dieses Mal wird es ein wenig aufwendiger für Sie. Der Mann ist ungefähr seit Kriegsende tot und wir bräuchten trotzdem die genaue Todesursache.«
»So lange schon? Interessant. Sie wissen also schon, wer es ist?«
»Wir haben eine relativ gesicherte Vermutung. Ein Soldat namens Emil Winter wird seit damals vermisst. Die Fundumstände deuten auf ihn hin.« Judith Brunner begann, Dr. Renz von den morgendlichen Entdeckungen zu berichten, während sie ihr Mahl zufrieden beendete.
»Das ist ja ein äußerst interessanter Fall. Und eine Herausforderung. Ich bin schon neugierig. Kommen Sie, erzählen Sie mir ein wenig mehr«, bat er.
»So viel mehr kann ich Ihnen kaum bieten. Er ist skelettiert, hat noch Stiefel an den Füßen und einen breiten Gürtel um. Zumindest sind noch Reste davon zu sehen gewesen. Die Spurensicherung hat außerdem große Knöpfe gefunden. Und eine Blechmarke hing um seinen Hals.«
»Na bitte, ein Problem weniger! Wie tief lag er denn?«
»Wie tief? Hm, ich schätze einen Meter wenigstens, zumindest wurde er in dieser Tiefe sichtbar.«
»Ein Meter, im Waldboden. War es stark durchwurzelt dort?«
»Nein, ist mir jedenfalls nicht aufgefallen.«
Dr. Renz sah auf die Uhr. »Tut mir leid, Judith, aber ich muss los. Ich habe einem Kollegen versprochen, mit ihm einen Fall zu diskutieren. Aber Ihrem Emil wende ich mich zu, sobald er hier ist, versprochen. Morgen früh wissen Sie mehr.«
»Das war mein Wunsch. Danke, Dr. Renz.«
~ 43 ~
Jetzt wurde es höchste Zeit, den Fund aus Lindenbreite in der Kreisbehörde zu melden. Von dort könnte Judith Brunner dann auch bei ihrem Vorgesetzten in Magdeburg anrufen.
Am Empfang begrüßte sie wieder Lisa Lenz, die mit ihren Apfelbäckchen für jede Kurklinik hätte Werbung machen können. Sie lachte sie an und rief: »Hallo Frau Brunner, guten Tag. Wollen Sie zu Dr. Grede? Der ist im Haus unterwegs. Ich versuche, ihn zu finden.«
»Das wäre nett, danke. Doch einen Moment bitte noch. Sagen Sie, haben Sie schon etwas zu diesem Emil Winter?«
»Oh, leider nein, hier im Haus war über ihn nichts mehr zu finden. Und bisher habe ich noch keine Rückmeldungen bekommen.« Vorwurfsvoll sah sie zum Telefon.
»Ich habe hier nämlich noch etwas, das uns auf jeden Fall weiterhelfen müsste.« Judith Brunner zog den Plastebeutel mit der Blechmarke aus ihrer Tasche. »Sehen Sie, das hatte ein Skelett um den Hals, das wir heute Morgen in Waldau gefunden haben.«
Lisas Augen leuchteten. »Ein Skelett mit Kette?«
»Nun ja, das ist eigentlich keine Kette, Frau Lenz, sondern eine Erkennungsmarke für Soldaten.«
»Ach, das tote Skelett war ein Soldat?«
»Genau«, bestätigte Judith Brunner lächelnd. Dass es keine lebendigen Skelette gab, und dass sie im Allgemeinen auch nicht als Soldaten herumliefen, tat im Moment nichts zur Sache. »Ich bitte Sie nun, den Namen zu dieser Blechmarke heraus zu bekommen. Keine Angst, das ist ganz einfach. Sie rufen hier an und bleiben hartnäckig.«
Lisa Lenz las laut vor, was auf dem Zettel stand, den ihr die Hauptkommissarin in die Hand gedrückt hatte: » Deutsche Dienststelle für die Benachrichtigung der nächsten Angehörigen von Gefallenen der ehemaligen Deutschen Wehrmacht . Oh Mann, das muss ja ein Türschild sein. Und die können Ihnen den Mann
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