Bluteis: Thriller (German Edition)
flachen italienischen Sportwagen schwer zu schaffen war.
Doch Thien vermutete längst, dass sich in dem amerikanischen Geländewagen einige Gimmicks verstecken, die nicht dem Stand der üblichen 4×4-Technik entsprachen. »Auch das reicht, um mir zu erklären, was los ist.«
»Um es mit einem Wort zu sagen: Scheiße.« Denninger starrte geradeaus in die Nacht und heizte die zum großen Glück beinahe leere Landstraße mit hundertsechzig Stundenkilometern entlang.
»Ach ja? Ist mir noch gar nicht aufgefallen. Aber du hast recht, irgendwie Scheiße, das alles.«
»Genau. Haben sie gefunden.«
»Wer ist sie? «
»Na, der schweizerische Geheimdienst. Ein Hüttenwirt am Rand des Mont-Blanc-Gebiets hat einen Trupp Skitourengeher gesehen, der an seiner Hütte vorbeigezogen ist und draußen übernachtet hat.«
»Was dem Hüttenwirt nicht gepasst hat, weil er lieber seine verlausten Betten vermietet«, vermutete Thien.
»Zumindest ist ihm das seltsam vorgekommen. Er hat die Biwakstelle untersucht, nachdem der Trupp mitten in der Nacht wieder aufgebrochen ist. Und hat seltsame Medikamentenverpackungen gefunden. Die hat er der Polizei gegeben und die dem Geheimdienst und so weiter.«
»Und der Geheimdienst hat dann die Abfälle …«
»… und die Exkremente …«
»… genau unter die Lupe genommen und herausgefunden …«
»… durch einen DNA-Abgleich der vermissten Personen mit der Skifahrerscheiße, dass es unsere Leute sind.« Denninger wandte den Kopf, um Thien anzusehen.
»Mensch, pass auf!«, schrie Thien, als Denninger beinahe auf die Gegenspur lenkte, auf der gerade ein versprengter Reisebus in Richtung Schweiz fuhr.
»Na, was sagst du«, meinte Denninger triumphierend. »Die Hüttenwirte, ich sag’s ja!«
»Hüttenwarte heißen die in der Schweiz, mit ›a‹«, merkte Thien an. Er wusste nicht, was er denken sollte. Sandra war wieder zurück ins Leben, in sein Leben, in ihr gemeinsames Leben gekehrt. Jedenfalls wenn stimmte, was Denninger da an Unappetitlichem auftischte. »Sie sind vom Engadin auf Ski bis zum Mont Blanc gegangen?«, fragte er ungläubig. »Das sind Luftlinie über zweihundert Kilometer. Und lauter Drei- und Viertausender dazwischen.«
»Nicht schlecht für zwei Wochen. Sie sind wohl gut in Form. Der Geheimdienst untersucht gerade die wahrscheinlichsten Streckenverläufe«, wusste Denninger.
»Sie suchen nach den Klos«, schloss Thien.
»Klar. Das können Suchhunde ja besonders gut, Menschendreck finden.«
»Und das hält sich natürlich bei den Temperaturen dort oben.«
»Das ist uns aber alles egal, das brauchen die nur für ihre Akten. Wir sind diejenigen, die sie finden sollen.«
»Wir zwei wieder einmal gegen die Terroristenbrut.«
»Und meine Kollegen. Die kommen aus allen Richtungen nach Chamonix. Wir treffen sie dort in den nächsten Stunden, und dann geht’s los«, verkündete Denninger.
»Wohin?«
»Lass dich überraschen. Aber eins ist sicher: Ihre Spuren seit ihrem letzten Biwak gestern Nacht wurden gefunden. Sie führen uns direkt zu ihrem Aufenthaltsort.«
»Und warum machen die Schweizer das nicht selbst? Sie aufspüren, meine ich.«
»Das überlassen sie uns als freie Mitarbeiter, weil das französisches Staatsgebiet ist. Und außerdem wollen sie kein Aufsehen. Die Leute, die wir suchen, sind seit zwei Monaten tot, hast du das vergessen?«
»Ich hoffe, dass das nicht so ist«, murmelte Thien und schaute nach rechts aus dem Autofenster. Er sah Lichter, die sich in einiger Entfernung den Berg hinaufzogen. Zwischen ihnen und den Lichtern lag eine dunkle Fläche. Das musste der Comer See sein. Er nahm sich vor, mit seiner Sandra hierher zurückzukehren. Sie würden einen Urlaub vom Feinsten in einem der alten Hotels machen und den lieben Gott einen guten Mann sein lassen. Nur musste er vorher noch diesen Job erledigen. Denn ohne seine Hilfe, davon war Thien mittlerweile fest überzeugt, würde er Sandra in diesem Leben nicht mehr in den Armen halten.
Samstag, 6. April, 22 Uhr 25
Hotel Schloss Osterbach
Sonndobler konnte es kaum glauben. Der Mann, der seine Bank und ihn erpresst hatte, der sich ihm gegenüber als Unterhändler einer Terrortruppe vorgestellt hatte, stand auf der Bühne im Konzertsaal des Hotels Schloss Osterbach und eröffnete der Vollversammlung der wichtigsten Wirtschafts- und Politikorganisation der Erde, dass er den neuen Präsidenten ebendieser Osterbacher zu präsentieren die Ehre habe. Es war unfassbar.
»Wer ist das?«, flüsterte
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