Bluteis: Thriller (German Edition)
habe. Sagen Sie mir doch endlich, was Sie mir wirklich vorwerfen, Herr Steiner.«
»Steht da drauf.« Steiner wies mit dem Kinn auf das Klemmbrett.
»Vorbereitung und Durchführung einer Verschwörung zuungunsten der Eidgenossenschaft«, las Thien und schluckte. »Jetzt mal ganz im Ernst: Sie sind verrückt?«
»Sie waren bei sämtlichen Anlässen zugegen, bei denen es eines oder mehrere Todesopfer gab. Seit Ihrer Einreise in die Schweiz am 25. Dezember hatten wir eine Tote beim Fuchsrennen, einen Toten bei der Oldtimer-Ausfahrt, einen Toten beim Cresta-Run, und immer waren Sie in unmittelbarer Nähe. Sie waren auch in der Nähe, als ein Mitarbeiter der Caisse Suisse auf einem Hotelparkplatz starb, angeblich an Alkoholvergiftung. Wir haben Materialien, die von einem Notarzteinsatz stammen, bei Ihnen im Schrank gefunden. Unsere Kollegen in Zürich exhumieren die Leiche gerade. Der DNA-Abgleich wird ergeben, ob das Material von dem Mann stammt.«
»Das kann ich Ihnen auch so sagen: ja. Ich habe es mitgenommen, weil ich skeptisch war. Gerade wegen der vorhergegangenen Unfälle. Ich wollte … Ich weiß auch nicht. Falls es Ungereimtheiten gegeben hätte, hätte ich das Zeug untersuchen lassen. Einen Scoop wollte ich liefern. Ich bin Journalist!«
»Sie waren auch zugegen, als Hunderte von Menschen im St. Moritzersee starben. Und jetzt wollen Sie mir gleich erzählen, das sei auch Zufall gewesen. Für die Ermittlungsbehörden in diesem Land ist das ein wenig zu viel Zufall, Herr Baumgartner.«
»Es war ja auch kein Zufall. Ich war ja nicht zufällig, sondern durchaus absichtlich an diesen Orten. Wie ich Ihnen sagte, ich war da, um die Menschen dort zu fotografieren. Bei der ersten Toten habe ich sogar den Zeugen gemacht, nachdem ich sie gefunden hatte!«
»Was in keinster Weise gegen ihre Tatbeteiligung spricht, Herr Baumgartner. So mancher Täter wollte sich schon ein Alibi verschaffen, indem er die Tat als Zeuge meldet.«
»Es war noch jemand dabei. Der Motorschlittenfahrer. Er war die ganze Zeit an meiner Seite, als die Prinzessin im Baum hängen geblieben ist.«
»Wir werden schon herausfinden, wie Sie das bewerkstelligt haben, Herr Baumgartner.«
Thien gab sich geschlagen. »Sie sind verrückt. Eine andere Erklärung habe ich nicht. Die ganze Situation … verrückt!«, sagte er und sank auf dem Stuhl zusammen.
»Außerdem möchten wir gern von Ihnen wissen, wo Frau Sandra Thaler ist.«
Thien starrte den Beamten an. »Das würde ich auch gern wissen. Sie war im VIP-Zelt der Caisse Suisse. Und seitdem ist sie verschwunden. Darum sollten Sie sich kümmern. Meine Freundin ist schwanger.« Thien kämpfte mit den Tränen.
»Freundin oder Mittäterin, das wird sich weisen.«
Thien sprang auf und wollte Steiner an die Gurgel. Doch die beiden Soldaten hinter ihm hielten ihn zurück, was ihnen einige Mühe bereitete. »Scheißkerl!«, schrie Thien. »Dir werd ich’s zeigen!«
Sie drehten ihm die Arme auf den Rücken, und als Thien daraufhin friedlicher wurde, drückten sie ihn wieder auf den Stuhl aus poliertem Edelstahl. Einer der beiden Gorillas fesselte ihm mit einem Kabelbinder die Hände auf dem Rücken.
»Ich habe Rechte«, beschwerte sich Thien kleinlaut.
»Rechte?«, brüllte ihn Steiner an. »Einen Scheißdreck haben Sie! Ich verlange Kooperation von Ihnen! Hundertprozentige Kooperation! Ein Anruf von mir, und die Amis holen Sie ab. Oder die Russen. Die haben ihre eigenen Methoden.« Und als würden diese beiden Szenarien nicht vollkommen reichen, einen unschuldigen Mann in Angst und Schrecken zu versetzen, plärrte Steiner – nicht ohne Freude an der Sache – weiter: »Sie glauben nicht, wie knapp Sie davor stehen, mit einem schwarzen Sack überm Kopf von unseren Freunden von der CIA abgeholt zu werden. Dann geht’s schnurstracks nach Guantanamo, das kann ich Ihnen versichern! Bevor Sie da wieder rauskommen, sind Sie verschimmelt!« Steiner donnerte mit der Faust auf den Tisch. »Zufall oder nicht – Sie waren vor einem Jahr auch in diesem Zugspitztunnel. Sie sind dort rausgekommen. Sie wussten, wo der Drahtzieher versteckt war. Sie haben ihn ausgeschaltet. Held? Oder Mittäter, der retten wollte, was noch zu retten war? Wir wissen das alles, Herr Baumgartner. Unsere Kollegen vom BND und von der CIA haben uns alle Unterlagen über Sie zukommen lassen. Und über Frau Thaler. Sie war an diesem Nachmittag auf der Rückseite der Zugspitze. Sie ist in eine Höhle eingedrungen. Sie hat dort Fotos
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