Bluteis: Thriller (German Edition)
Rettungshubschraubers«, Steiner war schon wieder vorn an den Bildschirmen, »HB-ZEL. Wann war das genau?«
»Elf Uhr, sechzehn Minuten, sechsundzwanzig Sekunden, laut Baumgartners Kamera.«
»Okay. Und jetzt hier. Auf dem TV-Bild. Derselbe Hubschrauber. Wann war das?«
»Elf Uhr, einundzwanzig Minuten und fünf Sekunden.«
»Viereinhalb Minuten später. Dieselbe Kennung. HB-ZEL. Entweder Baumgartners Kamera hat eine falsche Uhrzeit festgehalten oder …«
»Oder das Schweizer Fernsehen«, vollendete der Mann in der Mitte den Satz.
»Ausgeschlossen. Aber bitte überprüfen. Beides. Kamera und TV. Ich sag Ihnen, was wir hier haben. Eine Doublette. Nur einer der Helis war ein echter Bergretter. Der andere war von den Terroristen!«
»Möglich!«
»Sind Sie mit dem Gesichtsabgleich fertig?«
Jetzt meldete sich der Mann, der zur Linken des Abteilungsleiters saß. »Positiv. Die Tote ist die Russin. Die Deutsche ist nirgends zu finden.«
»Na also«, murmelte Steiner. Er verließ seine Kollegen grußlos und hastete durch die karminroten Neubaukästen des Bundesamtes. Die Videoauswertung befand sich drei Gebäude neben seiner Abteilung, dem Dienst für Analyse und Prävention der Abteilung für Terrorismusabwehr, wo Thien Hung Baumgartner seit Stunden in einem Verhörzimmer saß.
Er baute sich vor dem Verdächtigen auf. »Herr Baumgartner, ich kann beweisen, dass Sie in internationalen Terrorismus verstrickt sind. Das wird bitter für Sie werden.« Steiner wusste, dass er rein gar nichts in der Hand hatte. Entsprechend drastisch ging er vor.
»Die Amis?«, fragte Thien nur.
»Glauben Sie nicht, dass der Schweizer Geheimdienst genug unterirdische Verliese hat, in denen Sie einer speziellen Behandlung zur Wahrheitsfindung unterzogen werden können?« Steiner machte es zunehmend Spaß, den vietnamesischen Deutschen ein wenig zu quälen.
Thien nickte nur. Er hatte keinen Zweifel, dass jeder Geheimdienst dieser Welt so etwas hatte.
»Ich kann Ihnen ein Angebot machen.«
»Einem Top-Terroristen wie mir?«, spöttelte Thien. Er wusste nicht, wie er sich diesem Steiner gegenüber verhalten sollte. Der Mann glaubte ihm ja ohnehin nicht, sondern schraubte sich offensichtlich lieber irgendetwas zusammen, um der Welt einen Schuldigen präsentieren zu können.
»Sie sollten mich ernster nehmen«, sagte Steiner im drohenden Tonfall.
»Wenn Sie mir endlich etwas Ernstzunehmendes mitteilen, werde ich das tun.«
»Ich habe eine ernste Ansage an Sie, Baumgartner. Hören Sie gut zu. Ich bin überzeugt, dass Sie irgendetwas mit der Sache hier zu tun haben. Oder Menschen in Ihrem Umfeld. Irgendwas ist da. Ich werde es herausfinden. Und dann werde ich dafür sorgen, dass Sie verrotten. Ob in Guantanamo oder im Berner Oberland in einem Bunker – vollkommen gleich. Haben Sie das verstanden, Baumgartner?«
»Was wollen Sie von mir?«
»Jetzt sind wir auf dem richtigen Weg.« Steiner setzte sich endlich zu Thien an den Tisch. »Ich will, dass Sie für mich arbeiten, Baumgartner.«
»Für den Schweizer Geheimdienst?«
»Für mich. Für Beat Steiner.«
»Oder wie auch immer Sie in Wirklichkeit heißen.«
»Das tut nichts zur Sache.«
»Und was soll ich für Sie tun?«
»Das, was Sie auch für sich tun würden. Ihre Frau und Ihr Kind finden.«
Thien schluckte. »Sie lebt?«
»Vor zwei Stunden wurde eine weibliche Leiche im See gefunden.«
Alle Hoffnung verließ Thien mit einem Schlag. Beat Steiner warf ihm wieder ein Klemmbrett vor die Nase. Noch während es über den Tisch auf ihn zuschlitterte, erkannte er das Bild, das darauf festgemacht war. Das war ein Foto von Sandra. Vor Trauer übermannt und am ganzen Leib zitternd, nahm er das Klemmbrett in die Hand. Er schaute sich jedes Detail an. Die Augen, die Nase, der Mund – seine Sandra, die er nie wieder lebendig zu Gesicht bekommen würde.
Doch die Wangenknochen erschienen aus der Perspektive, aus der das Foto aufgenommen worden war, ein wenig hoch angesetzt. Und hatte Sandra den Pony wirklich so kurz gehabt? Was waren das für Klunker an den Ohrläppchen? Und bei welcher Gelegenheit war das Foto gemacht worden? Hatte sie ein doppeltes Spiel gespielt? Kam jetzt alles ans Licht? Wie lange schon hatte sie ihn betrogen? Mit was? Mit wem? In seinen Schläfen pochte es.
»Darf ich bekannt machen«, sagte Steiner, ohne eine Miene zu verziehen, »Natalija Petuchowa.«
Thien zuckte zusammen, als hätte er einen Stromschlag erhalten. Das war gar nicht Sandra? »Das ist gar
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