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Blutengel: Thriller

Blutengel: Thriller

Titel: Blutengel: Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Koglin
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Seite.
    »Du weißt selbst, dass die meisten Morde gar nicht erkannt werden.«
    »Deshalb können wir trotzdem nicht jeden Menschen, der stirbt, auf den Pathologentisch legen.«
    »Aber alle, bei denen die Todesursache nicht absolut eindeutig ist. Wenn auf den Gräbern derjenigen Toten, bei denen etwas nicht stimmt, ein Lichtlein leuchten würde …«
    »… hätten wir hell erleuchtete Friedhöfe, ich weiß. Sind das deine Gothic-Fantastereien?«
    »Ich hab’s auf dem Friedhof gern schön dunkel«, sagte Lena und strich sich erneut durch ihre Haare. Die glänzten, als hätte sie jedes einzelne mit Klavierlack überzogen.
    Das Telefon klingelte.
    Mangold meldete sich, ohne auf das Display zu sehen, und zuckte zusammen, als er Veras Stimme erkannte.
    Wie es ihm denn so gehe, wollte sie wissen. Anscheinend hatte sie sich auf eine ausgedehnte Plauderei eingestellt.
    »Ich hab’ wirklich viel um die Ohren, ich melde mich bei dir«, sagte Mangold.
    Lena auf dem Sofa grinste über das ganze Gesicht. Woher zum Teufel wusste sie, wer da am Telefon war?
    »Schaffen wir es, uns zu treffen, ohne uns anzuschreien?«, fragte Vera.
    »Für Schreiereien gibt es keinen Grund.«
    »Du redest wie ein wandelndes Polizeiprotokoll.«
    »Ich bin in der Pathologie«, sagte er. »Ich ruf’ dich an, wenn ich ein wenig Luft …«
    »Morgen um neun bei mir?«, fragte Vera.
    »Also, das wird …«
    »Bitte«, sagte Vera.
    Als er aufgelegt hatte, grinste Lena ihn immer noch an.
    »Du bist ganz grün im Gesicht. Will sie dich treffen?«
    Mangold nickte und überlegte, wie er das Thema wechseln konnte.
    Lena sprang vom Sofa auf.
    »Das machst du. Triff dich mit ihr.«
    Mangold schüttelte den Kopf.
    »Komm schon«, sagte Lena. »Du legst sie ordentlich flach, und dann geht es dir gleich besser.«
    *
    »Mein wahres Selbst im Angesicht einer Blume.« Hensen beobachtete einen Regenwurm, der sich zwischen zwei Blättern eines Löwenzahns in Sicherheit brachte. Er sah hinüber zur Meditationshalle. Während die anderen weiter ihre Rücken malträtierten, saß er hier auf einer grünen Wiese. Eigentlich hätte er sich darüber freuen können, aber die ganze Angelegenheit war mehr als peinlich.
    Ja, da hätte er lieber ein paar Schläge mit dem Knüppel kassiert. Aber die Meisterin hatte ihn nach der dritten Antwort nach draußen geschickt. Er solle sich die Blumen mal genau ansehen, dann werde er schon sehen.
    Keine Frage, er war für diese Mischung aus Selbstkasteiung und Erleuchtung der falsche Mann. Bilder aus der Grundschulzeit tauchten vor ihm auf. Auch damals hatte man ihn ab und an aus dem Unterricht geworfen. Das Gefühl der endlosen Minuten auf dem Flur, oder allein über den Schulhof zu stromern, verursachte ihm immer noch ein unangenehmes Gefühl im Magen.
    Hensen beugte sich zu der gelben Blüte hinunter und betrachtete sie eingehend. Außer ein paar winzigen Insekten, die auf den Blütenblättern herumkrabbelten, konnte er nichts Besonderes entdecken. Schon gar keine Antwort auf das K ō an, das die Meisterin ihm »übertragen« hatte. Etwas Hochphilosophisches konnte sich dahinter eigentlich nicht verbergen.
    Der Satz »Es bleibt immer etwas hängen« schoss ihm durch den Kopf. Ja, das galt nicht nur für das »Aufgehängtwerden«, auch aus der Vergangenheit blieb immer etwas hängen. »Sperrmüll«, hatte es die Zen-Trainerin in einem Büchlein genannt. »Meditation ist Sperrmüllabfuhr.«
    Wieso sich plötzlich das längst vergangene Gefühl von Verlorenheit einstellte, das er damals als Zweitklässler erlebt hatte, war mehr als rätselhaft. Warum konnte man diesen Mist nicht einfach vergessen, ihn aus dem Kopf löschen?
    »Möge die Erde dir leicht sein«, lautete die zweite Botschaft, die der Täter dem Rentner Karl Wengmann in den Oberschenkel geritzt hatte, während der langsam auf einer Schaukel verblutete.
    »Es bleibt immer etwas hängen« und »Möge die Erde dir leicht sein«. Das hörte sich nach einer Mischung aus Bestrafung und guten Wünschen an. Eine fast väterliche Ermahnung, der schließlich eine Bestrafung folgte. Oder umgekehrt?
    Zwei Ameisen, die die Blüte aufgeregt eroberten, stießen aufeinander und begannen sofort zu kämpfen.
    Dann der dritte Satz, der in den Oberschenkel des Zeugen geritzt war: »Indem sie schweigen, stimmen sie zu.« Er passte nicht. Da war mehr der Vorwurf, dem die sofortige Bestrafung folgte. Und der Mord wurde aufgewertet. Als ginge es um ein höheres Prinzip, dem der Mann geopfert worden

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