Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Blutengel: Thriller

Blutengel: Thriller

Titel: Blutengel: Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Koglin
Vom Netzwerk:
war. Fest stand: Die Zitate waren zynisch und machten sich über die Opfer lustig.
    Bisher sprach nichts für Tannens These, dass der Täter ein Tarotspiel kopierte. So etwas wie der »Schaukelnde« oder der »Schweigende« kam darin nicht vor. Und der »Gehängte«, nun ja, das konnte Zufall sein.
    Die Ameisen vor ihm hatten ihr Schlachtfeld auf der Blüte verlassen. Ihm fiel die Meisterin in ihrem Brokatgewand ein, die er in einer Stunde aufsuchen sollte. Was sollte er ihr sagen? »Es bleibt immer etwas hängen«?
    Warum nicht ein wenig mitspielen? Er beugte sich dicht über die Blüte und atmete im Gleichklang mit dem Wort »Blume« aus. Und dann fiel es ihm auf. Die Blüte hatte unmerklich ihre Position verändert. Sie streckte sich zur untergehenden Sonne. Und sie schloss allmählich ihre Blüten. Nein, das war ihm noch nie aufgefallen.
    Durch seinen Kopf rasten Blumenbilder von van Gogh, Jansen und Breughel, Emil Nolde. Rot leuchtende Blüten, dann wieder knallig gelbe, verdorrte Blumen, die achtlos beiseite geworfen worden waren, und plötzlich wusste er, was er später bei der Meisterin zu tun hatte. Und er wusste, was diese drei Morde verband.
    Es hatte direkt vor ihm gelegen, geschaukelt und gehangen. Und er hatte es einfach nicht zuordnen können. »Vielen Dank«, sagte er zum Löwenzahn, »vielen Dank auch.«

Er schloss die Tür auf, zog die Schuhe aus und glitt in den Raum. Nichts hatte sich hier seit seinem letzten Aufenthalt verändert. Dieser Raum musste so bleiben, wie er war: Weiß. Er duckte sich und kauerte sich in die Ecke.
    An der weiß getünchten Wand hing eine weiß grundierte Leinwand, auf dem Boden lag das weiße Kissen. Er hatte sich bisher nicht getraut, es zu benutzen. ALLES war in diesem Raum. Die absolute Vollkommenheit.
    Doch er wusste nicht, wie lange er noch hierherkommen konnte. Jetzt, wo alles begonnen hatte.
    Nein, er war nicht allein hier.
    Hinter den Wänden saßen sie und beobachteten jede seiner Bewegungen. Jedes Zucken seiner Lider, das Greifen seiner Hände, das Heben und Senken seines Brustkorbs. Sie waren da. Und sie blickten auf ihn, nur auf ihn.
    Er musste es jetzt tun. Die Zeit war da. Jetzt, jetzt, jetzt.
    Er atmete tief durch und schloss die Augen.
    Eine neue Reise musste vorbereitet werden, und allmählich kamen die Bilder. Erst zaghaft und dann mit greller werdenden Farben, die sich aus dem Weiß lösten.
    Auch sie würde jetzt auf Reisen sein. Auf dem Weg zu dem Tunnel, dessen Wände sie ertastete, zu ihrem Treffen mit diesem Mann, dessen Atem sie auf der Haut spürte, der sie anlächelte. Sie hatte ihm davon erzählt. Wieder und wieder. Sie würde »nein« sagen, doch er würde weiterlächeln.
    Und sie würde bitten und betteln. Und wimmern und ihm in die Augen sehen.
    Er spürte, wie sein Hemd um die Brust zu spannen begann, wie er den Oberkörper aufrichtete, den Kopf hob und sie vor sich sah. Sie presste sich gegen die Wand. Der andere beugte sich leicht vor, spürte ihren flatternden Atem, das Zucken ihrer Augenlider. Er riss die Bluse auf, hörte irgendwo weit entfernt einen Schrei. Und dann tat er es. Wie jede Nacht.

8.
    Marc Weitz drehte das Autoradio lauter und trommelte den Rhythmus der Musik auf dem Lenkrad mit.
    Sie sollten ihrer Nase folgen, hatte der Chef gesagt. Und die führte ihn genau hierher. Eigeninitiative war gefragt. Auch wenn der Chef das nicht so recht zugeben mochte. Das ganze Gefasel vom Teamplayen! Unsinn. Das war ein hübsches Wort für Weicheier, für Leute, die lieber anderen die Verantwortung zuschoben. Nein, da mussten Dinge in die Hand genommen werden.
    Sicher war das einer der Gründe, warum Mangold ihn unbedingt in seinem Team haben wollte. Und der andere war sein Riecher, sein Gespür oder wie auch immer man das nannte.
    Die Rolle des Bürofuzzis, der alles vom Schreibtisch krümelte, die mussten andere spielen. Tannen mit seiner Computerei oder Sienhaupt, den alle für ein Genie hielten. Alle, bis auf ihn. Nein, nicht dass der Mann blöd gewesen wäre, aber der konnte seine Normalität eben gut hinter seiner Sabberei verbergen.
    Weitz nahm die Ausfallstraße und bremste den Wagen vor einem Geschwindigkeitsmesser ab. Nein, diesen Gefallen würde er der Internen nicht tun. Nicht auch noch ein nettes Foto von ihm auf dem Schreibtisch von Jens Möchtegernpolizist Schiermacher. Der ohnehin nichts anderes zu tun hatte, als Kollegen anzuscheißen.
    Weitz schaltete in den zweiten Gang herunter. Während der Motor aufheulte, winkte

Weitere Kostenlose Bücher