Blutengel: Thriller
britischer Eltern in Dublin geboren, erlebt früh Gewalt, wird vergewaltigt. Der Vater erwischt den Sohn, als er die Dessous seiner Mutter anprobiert …«
»O Gott«, sagte Weitz. »Und die Bilder von so einer Schwulette hängen in Museen und sind unbezahlbar.«
Mangolds eisiger Blick brachte ihn zum Schweigen.
Tannen fuhr fort: »Zwischen 1942 und 1943 zerstört er seine Bilder fast vollständig.«
»Und er war spielsüchtig, malte immer wieder religiöse Themen, obwohl er immer behauptete, nichts mit Religion zu tun zu haben«, ergänzte Hensen. »Verkrüppelte Körper, bluttriefende Fleischmassen und Verstümmlungen. Für das Innozenz-Bild hat er sich tatsächlich den Velázquez als Vorlage ausgesucht.«
»1992 gestorben«, sagte Tannen.
»Diese Künstlerspur müssen wir unbedingt weiterverfolgen«, sagte Mangold. »Was ist mit dem Sohn des Priesters?«
Kaja fasste ihre Sylter Recherchen zusammen. »Da war niemand begeistert von meinen Nachfragen, obwohl die Insulaner wohl eher Mitleid mit dem Priester hatten.«
»Wo der Sohn geblieben ist, weiß niemand. Seine damalige Lebenspartnerin hat in Westerland eine Schwester, mit der sie sich wohl ab und zu schreibt«, sagte Tannen.
»Und die Identität des Sohnes?«, sagte Mangold und nickte in Richtung Tannen.
»Fehlanzeige. Ist in den 1980er Jahren angeblich nach Südamerika ausgewandert.«
»Das heißt, jeder könnte es sein. Jemand mit einer neuen Identität.«
»Wenn er gute Papiere hat.«
Kaja klopfte mit ihrem Bleistift auf ihren Block.
»Die Mutter könnte uns weiterhelfen, ich habe ihre Adresse. Wohnt in einem Damenstift in den Niederlanden. Ehemaliges Kloster.«
»Gut«, sagte Mangold, »Wäre schön, wenn Sie da mal anklopfen und vorsichtig nachfragen. Bei unserem Glück ist die Frau allerdings dement.«
Kaja zog ratlos die Schultern hoch.
»Notfalls bringe ich ein Kilo Lakritz mit, damit sich die Dienstreise lohnt.«
»Gute Idee«, sagt Hensen und widmete sich wieder seiner Zeichnung.
Sienhaupt schnaufte kurz und verschränkte die Arme vor der Brust.
»Ja, wir haben auch ein paar Aufgaben für Sie«, sagte Mangold.
Der Savant erhob sich von seinem Sessel und stapfte zu seinem Platz. Er kehrte mit einem Aktenordner zurück und ließ ihn demonstrativ auf den Tisch fallen.
Weitz öffnete den Deckel und stöhnte auf: »Nicht schon wieder Beuys. Bitte nicht.«
Sienhaupt nahm den Ordner und schob ihn sich unter den Pullover, dann zog er seinen Knautschsack zurück an seinen Platz.
Warum nur war seine Schwester nicht in der Nähe, dachte Mangold. Sie hätte helfen können, ihrem Bruder klarzumachen, dass Joseph Beuys in die falsche Richtung führte.
Als hätte Kaja seine Gedanken erraten, sagte sie:
»Wohnung. Sienhaupts Schwester sucht eine Wohnung in Hamburg.«
Mangold spürte förmlich den Schlag in seine Magengrube. Wie sollte das gehen? Das hatte etwas mit Verantwortung zu tun. Das hier war keine Lebensanstellung. Sicher, sie hatten ihm viel zu verdanken. Ohne ihn würde Travenhorst noch immer sein Unwesen treiben, aber was, wenn Wirch es sich anders überlegte und diese Sonderkommission auflöste? Was, wenn sie im aktuellen Fall versagten?
»Kaja, darüber reden wir später«, sagte Mangold. »Jetzt müssen wir Ordnung in unseren Fall bekommen. Und das bedeutet eine Menge Arbeit. Tannen, Sie fahren nach Berlin und graben weiter Informationen zu Tanja Binkel aus. Sie war das erste Opfer. Und in der Regel zeigt das erste Opfer auch die Motive. Besonders interessiert mich, warum die Frau ihre Unterlagen und ihr Tagebuch in der Badewannenumkleidung versteckt hat. Warum gibt es nichts in unseren Datenbanken, schließlich war die Frau als rechtliche Beraterin unterwegs? Die muss doch mal Akten angefordert haben, bei Prozessen aufgetaucht sein. Ich möchte keine weißen Flecken mehr. Sie ist das erste Opfer, und genau sie passt nicht in das Bild, das die anderen Opfer ergeben.«
Tannen nickte und machte sich eine Notiz. Mangold wandte sich dem Journalisten zu.
»Hensen, du suchst nach der Gemeinsamkeit. Nach dem, was die Opfer verbindet. Wie und wo hängen die Heim und Pflegegeschichten miteinander zusammen? Achte auf alles, was auch nur entfernt nach einer Verbindung oder einem Motiv riecht. Pflüge die Zeitungsarchive durch, hack dich mit Sienhaupt in die Krankenkassen ein …«
»Und ich kriege Ärger, weil ich mir für ein paar Stunden eine Krankenakte ausgeliehen habe, oder was?«, sagte Weitz.
»Sie sind Beamter«, sagte
Weitere Kostenlose Bücher