Blutengel: Thriller
Müller.«
»Ja, er ist etwas ungeduldig, hat er Ihnen die Hölle heiß gemacht?«
»Ich erreiche ihn nicht. Wir glauben …«
»Ja?«
»Dass er gefährdet ist.«
»Deshalb hat er sich schließlich mit diesem Drohbrief an uns gewandt.«
»Wir haben Informationen, dass er in einem Heim gearbeitet hat. Früher.«
»Und?«
»Das ist das Verbindungsglied all der Morde, die wir diesem so genannten Shakespeare-Killer zuordnen.«
»Alle haben in demselben Heim gearbeitet?«
»Nein, es waren unterschiedliche Einrichtungen. Die meisten von den Kirchen betrieben.«
»Unterschiedliche Konfessionen?«
»Ja.«
»Gott sei Dank.«
»Wissen Sie, wo wir Carolus finden? Wir wollen ihm dringend Personenschutz zur Seite stellen.«
»Das hat er doch schon mal abgelehnt.«
»Die Situation hat sich verschärft«, sagte Mangold. »Wenn wir nicht wissen, wo er sich aufhält, können wir für nichts garantieren.«
»Das können wir bei diesem brutalen und unberechenbaren Täter ohnehin nicht.«
Wirch gab ihm vier Nummern von »engen Bezugspersonen«.
»Der Mann reist viel. Ist vielleicht der beste Schutz.«
Nachdem sie das Gespräch beendet hatten, versuchte es Mangold unter den angegebenen Nummern. Doch weder in den beiden Büros wusste man, wo Clemens Carolus sich aufhielt, noch konnte seine sich in London befindende Ehefrau weiterhelfen.
»Machen Sie sich keine Gedanken«, sagte sie. »Der ist manchmal tagelang verschwunden. Man gewöhnt sich daran.«
Mangold schrieb auf einen Zettel in großen Buchstaben den Namen Clemens Carolus und brachte ihn hinüber zu Sienhaupt.
Einen Personenschutz für eine derart zwielichtige Person zu organisieren, die übelster Verbrechen beschuldigt wurde, nun, das war nicht gerade eine Sternstunde der Polizeiarbeit.
Sienhaupt kroch unter seinem Schreibtisch hervor und patschte mit der Hand auf den Zettel, den Mangold auf den Schreibtisch gelegt hatte. Ohne ihn eines Blickes zu würdigen, verschwand der Autist wieder unter dem Schreibtisch.
Mangold betrachtete das abgegriffene Handy, das neben drei Fernbedienungen lag.
Es war mit einem eher unscheinbaren Kabel an eine der Netzwerkweichen angeschlossen, von der mindestens zwölf Kabel zu den unterschiedlichsten Geräten führten. Es schien, als hätte der Mann das von ihm manipulierte Handy in eine Art zentrale Steuereinrichtung oder Knotenpunkt, oder wie immer man das nannte, verwandelt. Das Modell war mindestens seit sechs Jahren nicht mehr auf dem Markt, doch Sienhaupt schien die kompakte Form zu mögen.
»Es wäre wirklich nett, wenn Sie es mal versuchen würden«, rief er unter den Schreibtisch. »Wir brauchen dringend Informationen darüber, wo sich Carolus aufhält.«
Von unten kam ein unwirsches Grunzen als Antwort zurück.
Mangold war gerade zurück an seinem Schreibtisch, als Kaja hereinstürmte.
»Die religiösen Bezüge liegen eindeutig auf der Hand. Er gestaltet seine Tatorte nach liturgischen Farben, und vieles, wirklich vieles spricht dafür, dass es sich bei dem Täter um den Sohn des Priesters Hans Peter Schwan handelt!«
»Plötzlich so sicher?«, fragte Mangold.
»Es passt in unser Profil. Und er hat einen Hang zur Kirche und zur Kunst.«
»Nicht gerade eine Seltenheit«, sagte Mangold, »viele Künstler haben sich mit der Kirche auseinandergesetzt.«
»Ich weiß, ich weiß. Aber er hat an den Tatorten eindeutige Symbole hinterlassen. Farben, die in der christlichen Religion eine ganz bestimmte Bedeutung haben. Der Mann rächt sich an der Institution Kirche und wegen der Verleugnung durch seinen Vater.«
Mangold überlegte ein paar Sekunden, bevor er sagte:
»Also Rache für den Missbrauch in einem Erziehungsheim und die Missachtung durch seinen Vater. Ein Täter, der sich mit dem Entschuldigungsgelaber der Verantwortlichen nicht zufriedengegeben hat?«
»Das allerdings ist ein Problem. Seine Mutter behauptet steif und fest, dass er nie im Heim oder einer ähnlichen Einrichtung war.«
»Eine Lüge?«
»Ich habe sie genau beobachtet, und wenn ich auch nur ein wenig von Mikroausdrücken begriffen habe, dann sagt sie die Wahrheit. Sie war ehrlich entrüstet, dass man ihr das zutraut. Und sie hat Recht: Sie hat immer zu ihrem Sohn gehalten. Hat seinetwegen und wegen des Geredes Sylt verlassen.«
»Was ist mit unserem Verdächtigen Binkel?«, fragte Mangold.
»Binkel hatte eindeutig andere Eltern. Trotzdem, wir müssen unbedingt mit dem Mann sprechen.«
»Klar«, sagte Mangold, »haben Sie herausgefunden,
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