Bluterde
ihrer Kooperation rechnen?«
McAllister lachte auf.
»Sie ist seit sechs Tagen in der Gewalt der Rebellen. Ich habe keine Ahnung, in welcher psychischen und physischen Verfassung sie sich befindet.«
»Schon klar. Ich meinte ihr grundlegendes Psychogramm.«
»Sie wirkte nicht sonderlich hysterisch auf mich, wenn es das ist, worauf Sie hinauswollen.«
»Das meinte ich.«
McAllister wurde unruhig. In dreißig Minuten hatte er eine Besprechung mit den Interpol-Kollegen, die ihm nach dem Einsatz bei der Suche nach Beweismaterial helfen würden. Die Zeit wurde knapp.
»Sind wir hier durch?«
Hecht nickte.
»Wann und wo treffen wir uns?«
»Der Fahrer holt Sie um zwanzig Uhr im Hotel ab. Sie können sich im Wagen umziehen. Die Sachen werden bereitliegen.«
McAllister verließ das unscheinbare Verwaltungsgebäude und ging auf den verbeulten Nissan zu, der auf der anderen Straßenseite parkte. Sein Fahrer saß gelangweilt auf der Motorhaube und rauchte. Als er ihn kommen sah, warf er die Zigarette weg und öffnete die Tür.
»Ins La Libela. Avenue Lac Muhazi.«
Der Fahrer grinste breit und zeigte dabei seine schlechten Zähne.
»Gutes Restaurant. Teuer.«
Das hörte McAllister nicht zum ersten Mal. Er sah auf die Uhr, er war spät dran. Gedankenverloren sah er aus dem Fenster. Große Schautafeln am Straßenrand kündigten den Bau eines neuen Konferenzzentrums am Ufer des Kivu-Sees an. McAllister betrachtete die Skizze genauer. Die Architekten hatten für ihren Entwurf einen Bienenstock als Vorbild gewählt. Gerade als er den Blick wieder nach vorne auf die Straße richten wollte, registrierte er aus dem Augenwinkel eine Gestalt, die seltsam vertraut auf ihn wirkte.
»Stopp! Drehen Sie um!«
Der Fahrer glotzte ihn verständnislos durch den Rückspiegel an.
»Was?«
»Drehen Sie um. Schnell!«
Der Mann runzelte die Stirn, stoppte und wartete auf eine Lücke im Gegenverkehr. Sofort setzte ein ohrenbetäubendes Hupkonzert ein.
»Jetzt machen Sie schon!«, fuhr McAllister ihn an.
Der Fahrer gab Gas und der Wagen schoss mit quietschenden Reifen auf die Gegenfahrbahn. Nur durch Glück konnte er einem entgegenkommenden Kleinlaster ausweichen. Der Nissan schlingerte bedrohlich, fing sich aber in letzter Sekunde wieder.
»Wohin?«, fragte der Fahrer atemlos.
»Hinter der Bautafel rechts.«
McAllister hatte das Fenster nach unten gekurbelt und den Kopf nach draußen gesteckt.
»Nicht so schnell!«, wies er den Fahrer an.
Seine Augen suchten die Menschenmenge ab, die sich am Straßenrand entlangschob. Er war sich sicher, dass er ihn gesehen hatte. Seine große, breitschultrige Gestalt fiel sogar in der Großstadt auf. Das Hupen hinter ihnen wurde immer zorniger. McAllister sah sich hektisch um, aber von Femi war weit und breit nichts mehr zu sehen. Sollte er sich getäuscht haben? Eine Ampel leuchtete rot auf. McAllister musste sich entscheiden.
»Fahren Sie rechts.«
Als er seinen Fehler erkannte, war es bereits zu spät. In der Straße war Markt. Hunderte Menschen drängten sich zwischen provisorischen Ständen, ausgebreiteten Decken und Hühnerkäfigen. Sie kamen nur im Schritttempo voran.
»Mist!«
Wütend hieb McAllister auf die Nackenstütze ein. Der Fahrer zuckte nur mit den Schultern und schaltete das Radio ein. Schrille Töne schlüpften aus den Lautsprechern und vermischten sich mit dem Straßenlärm.
»Machen Sie das aus!«, blaffte McAllister ihn an, holte sein Handy aus der Jacke und suchte im Verzeichnis die Nummer seines Kollegen. Er würde sich deutlich verspäten und das alles nur, weil er einer Fata Morgana hinterhergejagt war.
»Was soll das heißen, du kannst nicht zu ihm?«
General Basabo hörte, wie Crocodile wütend den Rauch seiner Zigarette in das Telefon blies.
»Er ist im UN-Stützpunkt.«
»Was? Sag das noch mal!«
General Basabo schnaubte ins Telefon. Was bildete sich dieser kleine Gangster eigentlich ein? Hatte er vergessen, wen er am Telefon hatte? Obwohl er wütend war, ließ er sich nicht zu einem unvernünftigen Kommentar hinreißen.
»Stell dich nicht so an. Was soll schon passieren?«
Ein dumpfer Knall. Scheppern. Der General vermutete, dass Crocodile in seiner Wut etwas umgetreten hatte.
»Denk doch mal nach! Warum haben die Typen ihn denn zu den Blauhelmen gebracht? Doch nicht, weil sie Samariter sind. Sie wollten ihn aus der Schusslinie schaffen, weil sie ihn brauchen, kapierst du das nicht?«
Basabo spürte, wie das Gespräch kippte. Sein Magen brannte.
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