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Bluterde

Bluterde

Titel: Bluterde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Praxmayer
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weiter in den Westen verlegt hatten, machten die Männer hier in diesem Parkteil keine Gorilla-Patrouillen mehr. Für Lea aber war es die einzige Chance, wilde Grauergorillas zu sehen, denn Femi hatte sich geweigert, sie in das weit entfernte und gefährliche Projektgebiet in der Nähe der Mine mitzunehmen. Nach dem Zwischenfall mit dem falschen Polizisten hatte sie seine Entscheidung kommentarlos akzeptiert. Insgeheim war Lea froh. Die Vorstellung, im Auto durch das rebellenverseuchte Projektgebiet zu holpern, fand sie beängstigend. Außerdem hatte sie sich nach zwei Nächten schon sehr an ihr Bett im La Roche gewöhnt. Nur ungern hätte sie es gegen einen Schlafsack in einem moskitoverseuchten Camp eingetauscht.
    Omari hämmerte mit der rechten Faust auf die Hupe ein. Lea beugte sich nach vorne, um zu sehen, was den besonnenen Chef-Ranger so aus der Ruhe brachte. Es war ein Blauhelm-Konvoi, der knapp vor ihnen auf die Straße eingebogen war. Omari musste scharf bremsen und der Monuc-Kolonne die Vorfahrt lassen. Das Schlusslicht der Gruppe bildete ein Jeep, auf dessen Ladefläche ein Maschinengewehr installiert war. Ein grimmig aussehender Pakistani in Schutzweste und blauem Helm hockte dahinter. Lea fühlte sich wie ein Statist im Film. Oft hatte sie ähnliche Szenen im Fernsehen verfolgt. Jetzt war sie mittendrin. Live. Keine Fernbedienung, mit der sie einfach umschalten konnte. Sie war tatsächlich hier, in der Region um Goma im Ostkongo, dem Massengrab des Landes. Nirgendwo sonst hatten die beiden kongolesischen Kriege so viel Verheerung angerichtet. Über fünf Millionen Menschen waren gestorben. Die Blauhelme waren jetzt seit fast neun Jahren im Land. Viel ausgerichtet hatten sie bisher nicht.
    So plötzlich, wie der Konvoi aufgetaucht war, verschwand er wieder in einer unbefestigten Nebenstraße. Alles, was zurückblieb, war eine Staubfahne, die träge in der warmen Luft hing. Lea schüttelte ihre Gedanken ab und konzentrierte sich auf die Umgebung. Je weiter sie von Bukavu wegkamen, umso grüner und üppiger wurde die Vegetation. Menschen waren nur noch vereinzelt unterwegs, der Zustand der Straße war hier noch schlechter als in der Stadt.
    »Wir sind gleich in Tshivanga.«
    Adolphe, der bisher schweigend neben ihr gesessen hatte, lächelte sie schüchtern an.
    »Ist in Tshivanga schon der Parkeingang?«
    »Ja, Madame Lea. Es sind nur fünfzig Kilometer von Bukavu.«
    Am Straßenrand tauchten die ersten Schilder auf. Ein riesiger Gorillakopf auf grünem und cremefarbenem Hintergrund wies den Touristen den Weg zum Parkeingang.
    Omari schaltete einen Gang zurück und ließ den Wagen langsam auf einen Schlagbaum zurollen. Er kurbelte das Fenster nach unten und hob den Arm zum Gruß. Sofort öffnete ein hagerer Mann in olivgrüner Uniform die Schranke. Kaum hatten sie die Einfahrt passiert, sprang Omari bei laufendem Motor aus dem Wagen und der Parkwächter verschwand in seiner Bärenumarmung. Die beiden Männer unterhielten sich angeregt in Lingala, sie lachten viel und herzlich. Niemand schien sich daran zu stören, dass der Landrover immer noch die Durchfahrt blockierte.
    »Ist ein alter Kollege«, klärte Adolphe Lea auf.
    Der Chef-Ranger drehte sich zum Wagen um und bedeutete ihnen auszusteigen. Stolz stellte er dem alten Weggefährten seine Arbeitgeber vor. Für einige Minuten wurden Höflichkeiten in holprigem Englisch ausgetauscht, dann wechselten die Männer wieder zurück ins Lingala. Lea lauschte der fremdartigen Melodie des Gesprächs. Plötzlich wurden die Stimmen eindringlicher und Malikes Name fiel. Die Augen des Parkwächters unter dem Filzbarett wurden traurig. Er klopfte sich auf die Brust, dorthin, wo das Logo des Nationalparks angenäht war. Lea senkte den Kopf.
    Sie stiegen wieder ins Auto und fuhren langsam weiter, bis sie zu zwei flachen Steingebäuden mit schimmernden Wellblechdächern kamen. Den Weg säumten Girlanden aus Gras und stacheligen Kenzia-Palmen. Femi drehte sich zu Lea auf dem Rücksitz um.
    »Das ist das Besucherzentrum. Willst du rein?«
    »Was gibt es zu sehen?«
    »Schädel von Gorillas und Elefanten, Knochen, Fallen – alles, was die Wildhüter hier über die Jahre gefunden oder konfisziert haben.«
    »Ich möchte lieber lebende Gorillas sehen!«
    Femi drehte sich um, sie konnte seinen Gesichtsausdruck nicht sehen. Kurz darauf parkten sie den Landrover am Rande des Waldes. Lea öffnete die Tür, schnürte ihre Wanderschuhe, sprühte sich mit Insektenschutz ein, nahm

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