Bluterde
fädelte in den chaotischen Verkehr ein. Plötzlich platzte es aus ihm heraus.
»Kannst du dich nicht einfach an das halten, was ich dir sage?«
»Sprich nicht mit mir wie mit einem Kind!«, erwiderte Lea erbost.
»Aber du benimmst dich wie eins.«
Lea starrte aus dem Fenster.
»Fünfhundert Dollar wären ein gutes Lehrgeld für dich gewesen.«
»Was hätte ich tun sollen? Er war Polizist.«
Schallendes Gelächter flog Lea um die Ohren.
»Polizist? Der Typ war ein Ganove! Naive Touristen sind seine beste Einnahmequelle.«
Lea Gesicht wurde heiß. Zornig und verängstigt war sie den Tränen nah. Sie holte ein Reinigungstuch aus der Umhängetasche und wischte sich Hände, Arme und Nacken sorgfältig damit ab. Der vertraute Geruch des feuchten Stoffes beruhigte sie. Sie dachte an Berlin.
Im Büro warteten bereits Omari, Joseph und Adolphe auf sie. Die Männer begrüßten sie überschwänglich. Aber selbst der warmherzige Empfang konnte Leas Gemütszustand nicht heben. Nach einer kurzen Vorstellungsrunde fasste Femi für sie noch einmal den aktuellen Stand des Projektes zusammen. Kaum war er verstummt, bombardierten die Männer Lea mit Fragen. Sie brauchten mehr Männer, mehr Waffen, mehr Fahrzeuge, einfach mehr von allem. Lea nahm alles wie durch einen Nebel wahr. Ihr Kopf dröhnte, sie war völlig am Ende. Mit einer kurzen Entschuldigung floh sie in ihr Hotel. Ohne etwas zu essen, ging sie ins Bett. Ihr letzter Gedanke galt den Gorillas, die sie morgen im Kahuzi-Biega-Nationalpark sehen würde.
Christopher Sikibi blickte über den Rand seiner Lesebrille zu McAllister hinüber.
»Ich würde sagen, wir sind mit dem Themenblock Oasis so weit durch. Wie siehst du das, Ian?«
Der Engländer blätterte durch seine Unterlagen und nickte.
»Ich denke, wir haben alles. Das Sitzungsprotokoll brauche ich bitte bis morgen«, wandte er sich dem jungen Interpol-Kollegen zu, der während der Besprechung neben ihm gesessen und mitgeschrieben hatte. Sikibi stand von seinem Stuhl auf und streckte sich.
»Würdet ihr Ian und mich jetzt bitte alleine lassen? Wir haben noch einige Dinge unter vier Augen zu besprechen.«
Seine vier Mitarbeiter packten ihre Unterlagen zusammen und verließen den Raum. Als sich die Tür hinter dem Letzten geschlossen hatte, setzte sich der Büroleiter wieder auf seinen Platz und zog einen Schnellhefter aus der Ledertasche neben seinem Stuhl.
»Dann lass uns jetzt über dein Lieblingsthema sprechen«, sagte er und schob die Mappe über den Tisch zu McAllister.
»An die Satellitenbilder war schwer ranzukommen. Ist nicht viel darauf zu sehen.«
»Wie du vermutet hattest.«
»Ja, leider.«
»Was konntest du sonst noch herausfinden?«
»Mein Kontaktmann in Goma sagt, dass es in letzter Zeit wieder zu verstärkten Rebellenaktivitäten gekommen ist. Besonders im westlichen Flachland des Kahuzi-Biega-Nationalparks.«
Er legte eine Übersichtskarte auf den Tisch und kreiste mit dem Zeigefinger einen grünen Bereich ein. McAllister studierte das Gebiet aufmerksam.
»Ich dachte, die Minen liegen deutlich weiter im Norden?«, fragte er erstaunt.
»Tun die meisten auch. Die berüchtigte Achse Walikale–Goma. Aber anscheinend hat sich seit einiger Zeit die Gruppe um Jean Mudaku …«
»The Crocodile?«
»Genau. Hat sich seit einiger Zeit in einem anderen Coltan-Abbaugebiet weiter im Süden festgesetzt. Ist vermutlich einfacher dort.«
McAllister nickte.
Sikibi zog die Augenbrauen verwundert nach oben, öffnete eine Flasche Wasser und füllte beide Gläser wieder auf.
McAllister nahm den Faden wieder auf.
»Ich habe dir von dieser deutschen Naturschutzorganisation erzählt, die ein Gorilla-Projekt im Kongo betreut?«
»Ich erinnere mich.«
»Diese Organisation arbeitet seit kurzer Zeit genau in diesem Gebiet.«
McAllister klopfte mit dem Zeigefinger auf den Punkt in der Landkarte. Er berichtete Sikibi von dem Mord an einem WPS-Ranger, den toten Gorillas und erklärte, dass er Crocodile in Verdacht hatte, zusammen mit einem internationalen Firmennetzwerk illegalen Coltan- und Waffenschmuggel zu betreiben. McAllister fuhr sich durch seine Haare, die Augen wieder auf die Karte geheftet.
»Weiß dein Mann aus Goma, wie sie das Coltan aus dieser gottverlassenen Gegend herausbringen?«
»Nicht genau. Er vermutet, dass sie es so machen wie oben im Norden.«
»Und wie?«
»Sie roden einfach einen Landeplatz an einer günstigen Stelle im Dschungel. Irgendwelche Desperados mit alten
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