Bluterde
ist, nicht verantwortlich bist, oder?«, bohrte Omari weiter.
»Das spielt jetzt keine Rolle!«
Zornig hieb er mit der flachen Hand auf das Lenkrad.
»Femi, hör auf! Sie ist nicht Elsa!«
Für einen Moment sah es so aus, als ob Femi das Atmen vergessen hatte. Dann zischte er mit gepresster Stimme:»Lass Elsa aus dem Spiel!«
Omari hatte Elsa, seine Frau, nie kennengelernt. Irgendwann, nach ein paar Bier zu viel, hatte er ihm anvertraut, dass er immer noch von dem Verkehrsunfall träumte, bei dem sie ums Leben gekommen war. Den heftigen Streit, den er vom Zaun gebrochen hatte. Wie sie wütend aus dem Haus gelaufen und ins Auto gesprungen war. Der LKW, der ihr Auto einfach zermalmt hatte.
»Es ist nicht deine Schuld«, sagte Omari leise. Dieses Mal bekam er keine Antwort, nur die Knöchel an Femis Händen traten noch deutlicher hervor.
McAllister wartete schon in der Bar des La Roche auf sie. Er stand am Tresen und hatte eine Flasche Bier vor sich. Der Engländer bemerkte die beiden Männer erst, als sie direkt vor ihm standen. Omari stellte sich dem Interpol-Mann vor und wandte sich dann an den Barkeeper.
»Wo ist der Junge?«
McAllister blickte Femi fragend an.
»In meiner Wohnung.«
»Sie wollten ihn doch mitbringen.«
»Mit dem war heute nichts mehr anzufangen, ist völlig am Ende seiner Kräfte. Wir haben ihn auch nicht zum Polizeichef mitgenommen.«
»Sie waren bei der Polizei? Das hätten Sie mit mir abstimmen müssen.«
»Warum?«
Femis Stimme war lauter geworden. Omari hielt ihm plötzlich eine Flasche Bier vor die Nase.
»Vielleicht sollten wir uns eine ruhigere Ecke suchen«, schlug der Chef-Ranger vor. Sie wechselten zu den ausladenden Fauteuils neben dem Kamin. Omari schien bewusst den Sitzplatz zwischen den beiden Streithähnen zu wählen.
»Es wäre sinnvoll gewesen, wenn Sie mich in das Gespräch mit dem Polizeichef eingebunden hätten, Femi«, kam McAllister zur Sache.
»Was hätte das gebracht? Aber keine Sorge, Sie haben nichts verpasst, Okito war sein Abendessen wichtiger als Leas Entführung.«
»Genau deswegen. Als Interpol-Mann kann ich mehr Druck ausüben.«
»Mit Druck ist hier nichts zu machen. Nicht einmal Vitale Matete konnte was ausrichten.«
»Wer ist Vitale Matete schon wieder?«
»Leitender Inspektor der Parkaufsichtsbehörde hier in Bukavu«, klärte Omari den irritierten Engländer auf.
»Und außerdem gut bekannt mit Jean-Paul Okito, dem Polizeichef«, fügte Femi hinzu. McAllister öffnete seine Ledertasche und holte das Dossier heraus, das ihm sein Kollege Christopher Sikibi vor seiner Abreise aus der Elfenbeinküste zugesteckt hatte. Er blätterte die Seiten mit den Satellitenaufnahmen auf und hielt den beiden Männern die vergrößerten Ausschnitte des Kahuzi-Biega-Nationalparks unter die Nase.
»Ungefähr hier ist das WPS-Projektgebiet«, sagte er und kreiste mit seinem Zeigefinger einen grünen Bereich auf der Karte ein. Femi starrte auf das Blatt und runzelte die Stirn.
»Woher haben Sie das?«
»Unwesentlich. Also, das hier ist Ihr Projektgebiet. Können Sie mir zeigen, wo Lea entführt wurde?«
Femi kniff die Augen zusammen und beugte sich etwas näher über die Karte. Sein Finger schwebte wie ein Greifvogel über der grünen Landschaft aus Papier. Plötzlich stieß er herab, als ob er Beute schlagen wollte.
»Ungefähr hier!«
McAllister blickte Femi irritiert an.
»Sind Sie sicher? Das ist weit weg von Ihrem Wirkungsraum.«
»Wirkungsraum …«
Femi sprach das Wort aus, als ob er davon Bläschen auf der Zunge bekommen würde. McAllister ignorierte ihn und rieb sich nachdenklich das Kinn.
»Das ist überhaupt nicht Crocodiles Revier.«
»Darüber haben wir uns auch schon den Kopf zerbrochen«, warf Omari ein.
»Es hätte ins Bild gepasst, dass Mudaku Lea entführen lässt.«
»Wieso glauben Sie das?«
Femi fixierte McAllister.
»Das WPS-Projekt befindet sich in der Nähe einer illegalen Coltan-Mine, die von ihm kontrolliert wird. Er schätzt Ihre Anwesenheit dort nicht, sonst hätte er wohl kaum versucht, Sie mit allen Mitteln zu vertreiben.«
»Er hat uns vor ein paar Wochen gedroht. Als wir trotzdem mit unseren Patrouillen weitergemacht haben, ist erst die Geschichte mit den Gorillas, dann das Unglück mit Malike passiert«, fügte Omari hinzu.
»Aber wenn es nicht Mudaku war, wer dann? Wir müssen möglicherweise in Betracht ziehen, dass Lea Wilderern in die Quere gekommen ist. Und nicht entführt wurde, sondern
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