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Bluterde

Bluterde

Titel: Bluterde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Praxmayer
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McAllisters Kongo-Besuch eingeweiht. Nur in Deutschland wussten sie noch Bescheid.
    Das Knirschen der Tür unterbrach Leas Gedanken. Wie ein Krieger spannte sie ihre Muskeln an, bereit, ihr Leben zu verteidigen. Als sie Rana sah, fing sie vor Erleichterung an zu heulen. Ihre Freundin blickte sie mitfühlend an und murmelte etwas auf Französisch. Der freundliche Klang ihrer Stimme beruhigte Lea und rief den knurrenden Magen wieder auf den Plan. Umständlich fingerte sie die Fischdose aus ihrer Hosentasche und hielt sie der Frau hin. Rana erfasste die Situation sofort, zog Lea in den hintersten Winkel des Raumes und schirmte sie mit dem Rücken von der Tür ab. Mit geschickten Fingern entknotete sie das Seil. Der harte Hanf hatte wund gescheuerte Stellen an ihren Handgelenken hinterlassen. Lea benetzte die Innenseite ihres T-Shirts mit Wasser und säuberte die brennenden Striemen notdürftig. Gierig riss sie die Fischdose auf. Zwei silberne Leiber lagen dicht gedrängt in einer roten Sauce, die Schärfe milderte den tranigen Geschmack. Nachdem sie den letzten Rest aus der Dose geleckt hatte, schlang Rana ihr das Hanfseil wieder um die Handgelenke, steckte ihr noch zwei Bananen zu und verließ die Hütte. Halbwegs satt ließ sich Lea auf die Strohmatte fallen. Am Hals spürte sie ein unangenehmes Jucken – hatte der verdammte Moskito sie doch erwischt. Während in ihrem Kopf die Stimme ihrer Mutter über die Schrecken der Malaria referierte, hatten ihre Finger längst den Einstich gefunden und fingen an, daran zu kratzen. Der raue Hanf schrammte wohltuend über ihre Haut. Plötzlich löste sich der Knoten und das Seil fiel zu Boden. Das erste Mal an diesem Tag brachte Lea ein Lächeln zustande. Ihre Hände waren frei! Sie lockerte die steifen Gelenke mit ein paar Übungen. Mit den Fingern fuhr sie sich durch die Haare, opferte Wasser, um sich notdürftig Gesicht, Hals und Hände zu waschen. Besser! Die nächste halbe Stunde verbrachte sie damit, kunstvolle Schlingen zu knoten. Sie steckte die Hände durch und zog sie mit den Zähnen fest. Nicht perfekt, aber aus der Entfernung würde niemand bemerken, dass die Fessel nur noch Staffage war. Erschöpft lehnte sie den Kopf an die Wand. Sie hatte keine Energie mehr, nach Ungeziefer Ausschau zu halten oder sich um ihre juckenden Handflächen zu kümmern. Der Schlaf lauerte schon hinter ihren Augen, doch etwas irritierte sie. Angespannt sah sie sich um. Da war nichts. Der Raum war völlig leer. Dann entdeckte sie ihn. Er stand draußen am Fenster und starrte sie an. Von ihrer Position aus konnte sie nur die obere Gesichtshälfte sehen. Sie war sicher, dass er jung war, jünger als Adolphe. Zaghaft lächelte sie ihn an. Er zeigte keine Regung, nur das Weiß seiner Augen leuchtete hell.
    »Was starrst du mich so an?«, sprach Lea ihn auf Englisch an. Er blinzelte kurz.
    »Je m’appelle Lea!«, versuchte sie es noch einmal.
    Seine Nase tauchte auf, dann sein Mund. Maximal sechzehn oder siebzehn, dachte Lea. Entweder war er ziemlich groß oder er stand auf Zehenspitzen. Sie lächelte ihn noch einmal an und machte Anstalten, aufzustehen. Blitzschnell verschwand das Gesicht von dem vergitterten Fenster.

[home]
    11. KAPITEL
    F emi fuhr langsam die Auffahrt zur Villa hoch. Gepflegte Sträucher säumten den Kiesweg, der Rasen glänzte feucht in der Sonne. Vor der ausladenden Terrasse leuchteten Blumenbeete in Rosa und Weiß.
    »Schickes Haus für einen Militär«, bemerkte Femi.
    Adolphe nickte.
    »Nett von deinem Onkel, dass er uns so schnell und unbürokratisch empfängt.«
    »Du kannst da drüben parken.«
    Adolphe deutete auf eine asphaltierte Ausbuchtung neben der Garage. Sie gingen hinüber zum Haus, in der Mitte der Eingangstür prangte ein Löwenkopf aus Messing. Femi griff nach dem Türklopfer.
    »Nicht!«
    Der junge Ranger zeigte auf eine Klingel, die rechts neben der Tür angebracht war. Ein melodiöser Gong hallte durchs Haus.
    »Alles vom Feinsten, was?«
    Femi zwinkerte ihm verschwörerisch zu. Geräuschlos schwang die Tür zurück und eine füllige Frau stand lächelnd vor ihnen.
    »Adolphe! Schön, dich wieder gesund zu sehen. Dr. Oranghi, nehme ich an?«
    Sie hielt Femi die Hand hin.
    »Ich bin Amne Basabo, Adolphes Tante.«
    Femi ergriff die winzige Hand der Frau.
    »Bitte folgen Sie mir, mein Mann erwartet Sie schon.«
    Dem Flur schloss sich eine Diele an, deren Zentrum ein überdimensionierter Spiegel mit Goldrand bildete. Durch eine Schiebetür erhaschte Femi

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