Bluterde
in zwei Tagen einsatzbereit vor Ort. Haben Sie so viel Zeit?«
»Nein.«
»Na dann. Gute Nacht, Ian.«
McAllister legte auf. Etappenziel eins war erreicht. Er streckte sich auf seinem Bett aus und ging in Gedanken noch einmal seine Agenda für den nächsten Tag durch. Die Gedanken an Lea hatte er in den hintersten Winkel seines Gehirns verbannt.
Seit gefühlt einer Stunde versuchte Lea verzweifelt, die Fischdose zu öffnen. Mit gefesselten Händen war dem stramm sitzenden Metallring nicht beizukommen. Sie trank einen Schluck Wasser, um ihren knurrenden Magen etwas zu beruhigen, als es vor der Hütte plötzlich laut wurde. Männer grölten und lachten. Ihr Puls schoss raketengleich in die Höhe. Sie musste nicht lange warten, bis sich die Türe öffnete und der Preisboxer den Raum betrat. In letzter Sekunde dachte Lea noch daran, die Fischdose einzustecken. Sie schielte nach unten, um sicherzustellen, dass sich der Stoff ihrer Hose nicht verräterisch ausbeulte. Als sie den Blick wieder hob, wurden ihre Knie weich. Crocodile stand vor ihr. Neben ihm, mit einem Seil um den Hals, kauerte ein Gorillababy auf dem Boden. Der kleine Affe war abgemagert und stierte apathisch vor sich hin.
»Ich habe gehört, Sie mögen Gorillas?«
Mit seinem Spazierstock pikste er das Tier in die Seite. Das Gorillababy reagierte kaum.
»Er ist leider nicht sehr unterhaltsam.«
Mudaku bückte sich und riss den Winzling an einem Ärmchen unsanft in die Höhe. Ein kurzes Fiepen, dann schlang das Gorillababy instinktiv die Beine um seine Taille. Der Rebellenführer studierte das runzlige Gesicht aufmerksam.
»Nicht sehr intelligent, diese Tiere, nicht wahr?«
»Woher haben Sie ihn?«
Lea war blass vor Wut. Das Baby würde sterben, wenn es nicht bald die richtige Nahrung und ausreichend Flüssigkeit bekommen würde.
»Er wird gutes Geld bringen.«
Crocodile machte ein paar Wiegeschritte, wie eine Mutter, die ihr schreiendes Kind beruhigen will. Der Affe kuschelte sich an seine Brust. Mudaku summte leise, während er mit der freien Hand eine zerknitterte Zigarette aus der Brusttasche kramte. Genussvoll inhalierte er den ersten Zug.
»Möchtest du?«
Crocodile hielt dem Tier den Glimmstängel vor die Nase. Der kleine Gorilla rümpfte die Nase und drehte sich weg.
»Du rauchst nicht. Schade.«
Crocodile rückte seine schwarze Brille zurecht. Nachdenklich zog er an seiner Zigarette und beobachtete den Affen. Ein Lächeln huschte über sein Gesicht.
»Mal sehen, wie dir das gefällt.«
Blitzschnell stieß er die glühende Zigarettenspitze in das Fell des Tieres. Das Gorillababy schrie kreischend auf, sprang auf den Boden und rannte panisch auf den Ausgang zu. Auf halber Strecke wurde es unsanft von dem Seil um seinen Hals gestoppt. Das Tier rappelte sich auf und startete einen zweiten Anlauf. Es stank nach verbrannten Haaren.
»Hören Sie sofort auf damit!«, schrie Lea und stürzte sich, ohne nachzudenken, auf Mudaku. Mit voller Wucht knallte sie gegen den massigen Körper des Preisboxers, der sich mit einem Schritt vor seinen General gestellt hatte. Brutal stieß er sie zurück. Crocodile machte ein verständnisloses Gesicht.
»Für diese Viecher setzen Sie Ihr Leben aufs Spiel? Sie wären nicht die Erste, die das mit dem Leben bezahlt.«
Er lachte schallend.
»Du Schwein!«
Lea legte ihren ganzen Hass in dieses eine Wort. Der kleine Gorilla hockte verängstigt am Boden und wimmerte.
»Es ist nicht klug, mich zu beleidigen. Und es ist auch nicht klug, in meinem Gebiet herumzuschnüffeln.«
»Was heißt hier Ihr Gebiet? Das hier ist ein Nationalpark!«
»Dann bringt sie auch noch Interpol ins Spiel. Dummes Mädchen.«
Leas Mund klappte nach unten. Der Rebellenführer beobachtete ihre Reaktion amüsiert.
»Haben Sie gedacht, wir sind nur dumme Nigger, die im Dschungel hausen und von nichts eine Ahnung haben?«
Andächtig polierte er den silbernen Knauf seines Spazierstocks am Ärmel seiner Uniformjacke. Dann ging er hinaus, als ob er Leas Anwesenheit vergessen hätte. Der Preisboxer bückte sich, nahm den Gorilla auf den Arm und folgte ihm. Lea stand wie benommen in dem dämmerigen Raum. Erst das helle Surren eines Moskitos an ihrem Ohr holte sie wieder zurück in die Gegenwart. Sie wischte sich die verschwitzten Haare aus der Stirn. Ihr Kopf war wie leer gefegt, das alles überstieg ihr Vorstellungsvermögen. Woher hatte Crocodile Informationen über Ian? Außer Femi und seinen Männern hatte sie niemanden in
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