Bluterde
später weiter«, sagte er leise, schaltete seinen Computer an und machte sich an die Arbeit. Neben seiner Computertastatur lag ein Kugelschreiber, der ihm nicht gehörte. Femi nahm ihn in die Hand und drehte ihn hin und her. Da war ein Aufdruck an der Seite. Die einzigen beiden Wörter, die er verstand, waren »Hotel« und »Berlin«. Der Kloß in seinem Hals ließ sich auch mit Wasser, das er aus der Flasche trank, nicht wegspülen.
»Können wir reden?«
McAllister hatte sich vor dem Schreibtisch aufgebaut. Femi setzte die Wasserflasche ab.
»Ich sag den anderen Bescheid.«
»Nein, ich meine, wir beide. Unter vier Augen.«
»Schießen Sie los.«
»Können wir irgendwo hingehen, wo wir ungestört sind?«
»Wir haben nur diesen einen Raum.«
»Ein Restaurant oder eine Snack-Bar in der Nähe?«
Femi blickte McAllister misstrauisch an. Dann griff er nach dem Autoschlüssel, nahm sein Handy und stand auf.
»Gehen wir!«
Als sie das Rendezvous betraten, musste Femi tief durchatmen. Der Anblick des Sofas, auf dem er noch vor wenigen Tagen mit Lea gestritten hatte, setzte ihm zu. Er ging zum Glastresen und studierte das Angebot an Croissants und Kuchen. Dann wandte er sich McAllister zu.
»Kaffee?«
»Espresso.«
Mit den Tassen in der Hand steuerten sie auf das Sofa zu.
»Was ist so geheim, dass wir nicht im Büro darüber sprechen könnten?«, eröffnete Femi das Gespräch.
»Ich wollte mit Ihnen über unsere Zusammenarbeit sprechen.«
»Welche Zusammenarbeit?«
»Genau das meine ich. Ich weiß, Sie sind nicht glücklich darüber, dass ich hier bin. Aber ich sage es ganz direkt: Es geht hier nicht um Sie. Leas Leben ist in Gefahr, da haben persönliche Ressentiments nichts zu suchen.«
Femi rührte in seinem Kaffee, ohne seinen Gesprächspartner anzusehen. McAllister hatte recht. Er wusste selbst, wie brenzlig die Situation war.
»Ich habe mich über Sie schlaugemacht, Femi. Ich weiß, dass Sie einer der wenigen hier sind, der nicht in diesem Korruptionsfilz verstrickt ist. Ich vertraue Ihnen und ich will Sie als Partner im Boot haben.«
Femi schluckte die zynische Bemerkung, die ihm auf der Zunge lag, hinunter.
»Okay.«
»Gut. Jetzt zu den Informationen, die ich gerne mit Ihnen besprechen möchte. Einverstanden?«
»Schießen Sie los.«
McAllister leerte die Espressotasse mit einem Zug und schob sie beiseite.
»Was ich Ihnen jetzt sage, wird Ihnen nicht gefallen.«
Femi zuckte mit den Schultern und drückte sich in das Sofa.
»Heute Morgen hat unser Londoner Büro die Deutsche Botschaft in Kinshasa über Leas Entführung unterrichtet.«
Femi schoss nach vorne.
»Seid ihr irre? Wozu?«
»Kein Grund zur Aufregung. Meine Kollegen in London werden dafür sorgen, dass die Sache vorerst nicht an die Öffentlichkeit gelangt.«
»Wozu dann das Ganze?«
»Vorschrift. Aber das ist noch nicht alles. Ich wurde angewiesen, mich der Sache hier vor Ort anzunehmen. Und das ist die gute Nachricht. Wir haben ein offizielles Mandat.«
»Ich verstehe nicht, was daran gut sein soll.«
»Entscheidungsgewalt und voller Zugriff auf die Interpol-Ressourcen.«
Der Löffel, den Femi wütend auf seine Untertasse fallen ließ, klirrte laut.
»Und warum sitzen wir immer noch herum und reden, anstatt etwas zu unternehmen.«
»Während wir hier sitzen, erhält Polizeichef Okito einen Anruf aus dem Interpol-Büro in Abidjan. Ich bin sicher, dass er wesentlich kooperativer sein wird als gestern.«
Femi lachte bitter.
»Femi, Leas Entführung, die Schwierigkeiten mit Ihrem Gorillaprojekt und meine monatelangen Ermittlungen haben dieselbe Wurzel.«
McAllisters Handy klingelte. Er warf einen kurzen Blick auf das Display und drückte den Anruf weg.
»Welche Ermittlungen?«
McAllister legte einen Schnellhefter auf den Tisch. Femi lehnte sich nach vorne, um die Überschrift auf dem Deckblatt lesen zu können. »Illegaler Coltan-Abbau und -Handel in der Demokratischen Republik Kongo«.
»Das sind nur ein paar Zahlen und Daten. Was wirklich dahintersteckt, ist hier natürlich nicht zu lesen«, erklärte der Engländer.
»Und das wäre?«
McAllister fasste für Femi in ein paar Sätzen die Situation zusammen, erzählte von dem Verdacht, dass eine deutsche Firma über ein undurchsichtiges Netzwerk an Tochter- und Scheinfirmen ihre Finger beim Schmuggel von illegal abgebautem Coltan im Spiel hat.
»Wir sind ihnen schon eine ganze Weile auf der Spur. Aber die Typen sind schlau. Mittlerweile bin ich ziemlich sicher,
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