Bluterde
einen Blick auf das Wohnzimmer. Der Raum war größer als sein ganzes Apartment. Ein Steinfußboden und Polstermöbel in edlem Beige dominierten das lichtdurchflutete Zimmer. Eine Klimaanlage summte leise.
»Hier entlang!«, sagte die Dame des Hauses und zeigte in den Gang.
»Die Tür ganz am Ende. Einfach klopfen. Möchten Sie Kaffee oder Limonade?«
»Kaffee, danke.«
»Willst du vorgehen?«, fragte Femi.
Adolphe schob sich an ihm vorbei und klopfte zaghaft.
»Herein!«, donnerte es von drinnen.
Der junge Ranger öffnete die Tür. Hinter einem klobigen Schreibtisch aus Holz thronte General Basabo. Der akkurat geschnittene Bart versteckte die untere Gesichtshälfte, eine Brille ließ seine Augen unnatürlich groß erscheinen.
Seine fleischigen Hände ruhten auf einer Schreibunterlage aus Leder. Für einen kurzen Moment blieb er regungslos sitzen. Dann erhob er sich ächzend von seinem Stuhl und ging ihnen entgegen. Femi bemerkte, dass er hinkte.
»Alte Verletzung, Kniescheibe zertrümmert«, sagte er, als ob er seine Gedanken gelesen hätte.
»Willkommen, Dr. Oranghi!«
Femi ging mit ausgestreckter Hand auf den General zu.
»Adolphe hat viel von Ihnen erzählt!«
Die Augenbrauen des Generals schnellten nach oben, sein Blick suchte Adolphe. Der junge Wildhüter schrumpfte unter dem Starren des Onkels zusammen.
»Wenn du schon wieder auf den Beinen bist, war deine Verletzung wohl nicht so schwer.«
»Glücklicherweise nicht!«, warf Femi ein. Fast bereute er, dass er den Jungen zum Mitkommen gedrängt hatte. Die Tür öffnete sich und die Frau des Generals brachte ein silbernes Tablett mit Kaffee, Wasser und Keksen. Es klirrte leise, als sie es auf dem Beistelltisch abstellte. Ohne ein Wort verließ sie das Büro.
»Sie sind sicherlich nicht gekommen, um mit mir über den Gesundheitszustand meines Neffen zu sprechen. Soweit ich informiert bin, geht es um diese Deutsche.«
»Richtig, Dr. Lea Winter, unsere Projektleiterin aus Deutschland.«
Femi nahm die Kaffeetasse, die ihm sein Mitarbeiter reichte. Er mochte den Mann nicht, der in der Uniform vor ihm stand.
»Wir sind davon überzeugt, dass Dr. Winter bei dem Überfall entführt wurde.«
»Hast du gesehen, wie es passiert ist?«, wandte sich der General an seinen Neffen. Adolphe schüttelte den Kopf.
»Und wieso glauben Sie dann, Dr. Oranghi, dass es sich um eine Entführung handelt?«
»Es gibt keine andere Erklärung für ihr Verschwinden.«
Basabo grunzte.
»Nehmen Sie es mir nicht übel, aber das ist keine schlüssige Beweisführung. Der Dschungel ist groß, da kann schnell jemand verloren gehen.«
Femi atmete ein paar Mal tief durch, bevor er antwortete.
»Sie haben recht, General, aber da vertraue ich meinem Instinkt. Wir hatten gehofft, dass uns das Militär bei der Suche unterstützen könnte.«
»Ich kann verstehen, dass Sie sich Sorgen machen.«
Seine Froschaugen blickten Femi mitleidig an.
»Wo wollen Sie mit der Suche beginnen?«
»In Tshivanga, dort, wo sie verschwunden ist. Mit zwanzig Mann könnten wir das Gebiet großräumig durchsuchen.«
»Zwanzig Mann?«
»Und wenn wir dort keine Spuren finden, dann fühlen wir Crocodile auf den Zahn!«
Adolphe verschüttete beinahe sein Wasser, als Femi den Rebellenführer erwähnte, und Basabo lachte hysterisch auf.
»Sind Sie größenwahnsinnig?«
Er stieß die Frage zwischen zwei Lachanfällen hervor, sein Gesicht hatte einen roten Unterton angenommen.
»Seit Jahren versuchen wir, Mudaku und seiner Männer Herr zu werden, und Sie wollen jetzt einfach mit ein paar Soldaten in den Dschungel spazieren und ihm auf den Zahn fühlen? Köstlich!«
Der General wurde erneut von einem Lachanfall geschüttelt. Er holte ein Taschentuch aus der Schreibtischschublade, nahm die schwere Brille ab und tupfte sich die Augen trocken.
»Entschuldigen Sie. Aber wenn Sie wüssten, was wir schon alles versucht haben. Wieso glauben Sie eigentlich, dass Mudaku etwas mit der Sache zu tun hat?«
»Hat Ihnen Ihr Neffe nichts von der Ermordung unseres Kollegen Malike erzählt?«
Femi schaute fragend zu Adolphe, der stumm wie ein Fisch neben ihm stand.
»Doch, natürlich.«
»Crocodile droht uns seit Monaten. Es würde in das Gesamtbild passen.«
»Das ist Spekulation, Dr. Oranghi, und damit keine Basis für eine Militäraktion. Außerdem kann ich einen solchen Einsatz nicht alleine entscheiden.«
Kannst oder willst du nicht, dachte Femi. Aber er hatte sich vorgenommen, sein Temperament zu
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