Bluterde
McAllister vor:
»Verschwindet aus unserem Gebiet, sonst geht es der Frau wie diesem Gorilla.«
Obwohl McAllister immer noch blass war, hatte er ein breites Grinsen im Gesicht.
»Was ist daran so witzig?«
»Verstehst du nicht? Damit haben wir endlich, was wir brauchen! Das ist der Beweis, dass Crocodile Lea hat!«
Femi konnte sich zwar nicht erinnern, mit McAllister Brüderschaft getrunken zu haben, aber formelles Gehabe war sein Ding ohnehin nicht. Aber nur weil wir uns jetzt duzen, dachte er, bist du noch lange nicht mein Freund.
Leas Bauch grummelte und gurgelte. Sie hoffte inbrünstig, dass es nur die scharfe Chilisauce war, die sich durch ihre Eingeweide kämpfte. Die Vorstellung, mit runtergelassenen Hosen, geplagt von Krämpfen und Diarrhö, in der hintersten Ecke ihres Gefängnisses auf der Erde hocken und ihre Notdurft verrichten zu müssen, verursachte ihr Herzrasen. Es stank auch so schon erbärmlich genug in diesem Drecksloch. Wie auf Kommando fingen ihre Handflächen an zu jucken, ein kalter Schauer lief über ihren Körper. Sie kannte diese Symptome nur zu gut.
»Chili ist gesund, die Schärfe desinfiziert«, sagte sie laut zu sich selbst. Oh Gott, ich werde langsam irre! Erst zwei Tage hier und ich führe bereits Selbstgespräche. Um sich abzulenken, stand sie auf und ging hin und her. Fünf Schritte längs, viereinhalb quer. Komisch, ihr war vorher nicht aufgefallen, dass die Hütte fast quadratisch war. Sie schob die Strohmatte mit dem Fuß zur Seite und stellte sich ans Fenster. Ihr Blick hielt an nichts Bestimmtem fest und in ihrem Kopf stiegen Gedanken auf wie Seifenblasen. Wie ein virusbefallener Computer blieb ihr Gehirn immer wieder an Aletheia hängen. Hatte die anonyme Schreiberin eine Vorahnung gehabt, als sie Lea vor dieser Reise gewarnt hatte? Andererseits musste man kein Prophet sein, um zu wissen, dass der Kongo gefährlich ist. Oder hatte Lea sich in ihr getäuscht? War die mysteriöse Göttin der Gerechtigkeit vielleicht in Wirklichkeit jemand, der sie im eigenen Interesse von dem Trip abhalten wollte? War Lea für sie ein Störfaktor? Sie zermarterte sich den Kopf und versuchte, Sinn in die Sache zu bringen. Über ihre Grübelei hörte sie nicht, dass jemand den Raum betrat. Erst als sie sich umdrehte, sah sie ihn. Er stand einfach da und starrte sie an. Groß und drahtig, wie ein zu schnell gewachsenes Kind. Sein kahl geschorener Schädel war stolz nach oben gereckt, die linke Hand spielte an einem der beiden Patronengürtel, die um seine Brust hingen. Lea wusste nicht, was sie von ihrem stummen Besucher halten sollte. Als sie ihn vorher durchs Fenster gesehen hatte, war sie sicher, dass er mehr Kind als Mann war. Aber wie er jetzt so vor ihr stand, bezweifelte sie es. Sie lächelte ihn unsicher an.
»Hallo.«
Er machte einen Schritt auf sie zu. Seine ganze Körperhaltung strahlte Aggression aus. Lea blieb stehen, wich seinem Blick nicht aus.
»Was willst du von mir?«
Lea war klar, dass er ihre Worte nicht verstand, aber ihr Tonfall war eindeutig. Seine vollen Lippen öffneten sich zu einem verschlagenen Grinsen. Diese Reaktion irritierte sie. Ihr Blick fiel auf seine rechte Hand, die er bisher hinter seinem Rücken verborgen hatte. Jetzt wurde ihr schlagartig klar, woher er das Selbstbewusstsein nahm. Ohne die Hand mit dem Messer aus den Augen zu lassen, machte sie eine langsame Bewegung nach hinten. Ihr Herz schlug ihr bis zum Hals. Das Grinsen des Jungen wurde breiter. Mit drei Schritten war er bei ihr und presste sie gegen die Wand. Er streichelte ihren Oberarm. Er beugte sich näher zu ihr und schnüffelte wie ein Hund an ihren Haaren und an ihrer Halsbeuge, als ob er jedes Molekül ihres Duftes aufsaugen wollte. Seine breite Zunge leckte über ihren Hals, wieder und immer wieder. Er tat es nicht sanft, sondern mit der Brutalität und Verzweiflung eines verdurstenden Tieres. Leas Gehirn arretierte im Schockzustand, ihr Körper wurde so starr wie ihre Seele. Die Klinge seines Messers lag flach und kühl auf ihrer Wange. Er raunte ihr etwas zu, aber sie verstand nicht, was er wollte, und das machte ihn zornig. Wieder und wieder riss er seinen Mund auf, harte Finger quetschten ihre Wangen, als ob sie eine Zitrone wäre. Plötzlich verstand sie, was er von ihr verlangte. Sie biss die Zähne aufeinander. Den Mund würde sie nicht öffnen. Die Klinge des Messers, die plötzlich scharf in ihre Haut schnitt, war ein überzeugendes Argument, es doch zu tun. Sein rauer
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