Bluterde
dass alles über eine Firma in Ruanda und einen Ankäufer in Bukavu läuft.«
»Die übliche Praxis«, warf Femi lakonisch ein. Er fragte sich, warum ihn der Interpol-Mann mit solchen Banalitäten abspeiste.
»Hab ich jetzt auch verstanden. Es hat uns in den letzten Wochen viel Zeit, Arbeit und Schmiergeld gekostet, den Kreis der verdächtigen Comptoirs in Bukavu einzuengen. Unserer Meinung nach kommen drei infrage.«
»Und Sie können mir bestimmt nicht sagen, um wen es sich handelt.«
»Noch nicht. Nur so viel: Bei allen dreien mischen einflussreiche Hintermänner aus Politik oder Militär mit. Aber an deren Namen beißen wir uns im Moment noch die Zähne aus.«
Femi blickte McAllister skeptisch an.
»Das sind jede Menge Vermutungen. Wie steht’s mit Beweisen?«
McAllister schnaubte durch die Nase und ließ seinen Stift auf das Dossier am Tisch fallen.
»Wenn die Beweislage eindeutig wäre, hätten wir die Bastarde schon längst hochgehen lassen. Wir wollen aber nicht einen einzelnen Händler in Bukavu schnappen, sondern das ganze System knacken.«
Die Absurdität der Situation ließ Femi plötzlich laut auflachen. Er saß mit einem Interpol-Agenten in einer Snack-Bar in Bukavu und diskutierte über ein internationales Verbrechersyndikat. Und er, der Primatologe, mittendrin. Als er McAllisters konsterniertes Gesicht sah, biss er sich auf die Lippen und setzte eine ernste Miene auf.
»Entschuldigung. Haben Sie noch etwas auf Lager?«
»Wir vermuten, dass nur ein Bruchteil des Coltans mit Dollars bezahlt wird. Der Rest wird möglicherweise gegen Waffen getauscht.«
»Waffen? Dann haben Rebellen ihre Finger mit im Spiel.«
»Denken wir auch. Kürzlich kamen Informationen über ein Flugzeug rein, das mit Waffen aus Osteuropa beladen in Ruanda gelandet ist. Die Maschine gehörte einer neu gegründeten kirgisischen Firma, wurde von Bulgaren gechartert und ist über mehrere Stationen nach Ruanda geflogen, um Spuren zu verwischen. Dort wurden die Waffen dann bei Nacht und Nebel ausgeladen und sind seither spurlos verschwunden.«
Femi zupfte nachdenklich an seinem Kinnbart.
»Und Sie haben nichts unternommen?«
»Wir haben erst im Nachhinein über einen Informanten davon erfahren.«
»Was für ein seltsamer Zufall …«
McAllister verzog seinen Mund zu einem gequälten Grinsen und nickte.
»Wegen dieser ganzen Geschichte«, schloss er, »ist mir natürlich sehr daran gelegen, dass die Sache mit Leas Entführung keine Wellen schlägt. Alles, was wir jetzt nicht brauchen, ist Sensationsjournalismus in Deutschland. Ich will nicht, dass dort jemand vorzeitig nervös wird, sonst könnte das für Lea sehr gefährlich werden.«
McAllister nahm sein Handy vom Tisch und hörte die Nachricht ab.
»Mein Kollege aus Abidjan. Das Gespräch mit Okito ist gut gelaufen. Ich glaube, wir sollten ihm einen kurzen Besuch abstatten.«
Sie standen auf, zahlten bei der langbeinigen Bedienung an der Theke und verließen das Rendezvous. Femis Landrover hatte über eine Stunde in der Mittagssonne gestanden. Als sie die Türen öffneten, kam ihnen ein Schwall heißer Luft entgegen. Sie warteten eine Weile und stiegen dann ein. McAllister rümpfte die Nase.
»Uah! Was stinkt hier so erbärmlich?«
Auch Femi war der süßliche Geruch aufgefallen. Er öffnete das Handschuhfach, in dem gelegentlich eine Banane oder ein angebissenes Sandwich ein trauriges Dasein fristete. Aber es war leer. McAllister untersuchte seinen Fußraum sorgfältig und drehte sich dann nach hinten.
»Oh Gott!«, entfuhr es ihm.
Er hielt sich die Hand vor den Mund. Femi folgte seinem Blick. Da, auf der Gummimatte direkt hinter seinem Sitz, lag eine Hand. Die Knochen am Gelenk schimmerten hell, das Blut war schwarz eingetrocknet und kaum von der dunklen Haut zu unterscheiden. Femi stieg aus und öffnete die hintere Tür. Er lehnte sich in das Auto, griff mit spitzen Fingern nach dem dunklen Fell am Handrücken und holte die abgehackte Gorillahand heraus.
»Scheiße! Die ist ziemlich frisch. Sie haben wieder einen erwischt.«
Er griff nach einer alten Plastiktüte auf dem Rücksitz und steckte die Hand vorsichtig hinein.
»So viele Gorillas haben wir schon lange nicht mehr verloren«, murmelte er.
McAllister drehte sich nach hinten, um die Fundstelle noch einmal genauer zu untersuchen. Er fischte einen blutverschmierten Zettel vom Boden.
»Was ist das?«, fragte Femi, während er sich auf den Fahrersitz fallen ließ. In akzentschwerem Französisch las
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