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Bluterde

Bluterde

Titel: Bluterde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Praxmayer
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vertrockneten Exkrementen bedeckt, sein Hinterteil dreckig verfilzt. Ihre Augen blieben an dem Besen in der Ecke hängen und eine Idee manifestierte sich in ihrem Gehirn. Die Tür des Käfigs war nur mit einem einfachen Vorhängeschloss gesichert. Lea ging zu den leeren Holzkisten an der Wand und inspizierte sie. Die meisten waren nicht massiv und ähnelten den Paletten ihres Gemüsehändlers in Berlin. Sie nahm eine Kiste vom Stapel, legte sie auf den Boden und trat mit ihrem Wanderschuh auf die Holzrippen. Ein kurzes Krachen, das Holz splitterte. Angestrengt lauschte sie nach draußen, aber vor der Tür blieb es ruhig. Nur der kleine Gorilla gab ein leises Fiepen von sich. Lea kniete sich hin und untersuchte die Reste. Ein Lächeln erschien auf ihren Lippen, als sie das Stück Draht zwischen den geborstenen Holzstücken entdeckte. Vorsichtig zog und drehte sie daran, bis sich das verbogene Metall löste. Beruhigend redete sie auf das Tier ein, während sie sich an dem Vorhängeschloss zu schaffen machte. Als sie schon nicht mehr glaubte, es öffnen zu können, sprang es mit einem Klick auf.
    »Jetzt hole ich dich hier raus!«
    Sie zog die Kette durch die Stäbe und öffnete die Tür. Das Gorillababy saß in seinem Dreck und sah sie ängstlich an.
    »Na komm, ich tu dir nichts!«
    Er bewegte sich nicht. Lea griff in den Käfig und kraulte ihn am Nacken. Zögerlich machte er eine Bewegung in ihre Richtung.
    »Alles gut.«
    Sie griff nach der Sandwichverpackung und zerknüllte sie in ihrer Hand. Das Knistern machte ihn neugierig, er blähte kurz die Nasenlöcher, als ob er Witterung aufnehmen würde, dann krabbelte er auf sie zu.
    »Ich werde dich Adolphe oder noch besser Ado nennen. Du bist genauso schüchtern wie er.«
    Seinem Fell entströmte ein strenger Geruch. Kurz zögerte sie, dann hob sie ihn hoch. Der kleine Gorilla kuschelte sich sofort an sie, seine Wärme an ihrem Körper zu spüren jagte Lea Glücksschauer über den Rücken. Mit ihrem Schützling auf dem Arm griff sie sich den Besen und säuberte damit den Käfig, so gut es ging. In der freien Wildbahn tranken Gorillas so gut wie nie Wasser, weil sie ihren Flüssigkeitsbedarf aus ihrer pflanzlichen Nahrung deckten. Ein Salatblatt und eine Gurkenscheibe gaben nicht genug her, deshalb versuchte Lea, Ado Wasser einzuflößen. Sie goss etwas davon in ihre hohle Hand und ließ es in seinen Mund tropfen.
    »Komm, nur ein bisschen.«
    Der Affe zappelte und wehrte sich, aber Lea ließ nicht locker. Je mehr Ado zappelte, umso intensiver roch er.
    »Du stinkst ganz schön, mein Freund. Wir müssen dich irgendwie sauber kriegen, sonst halte ich das nicht aus.«
    Suchend sah sie sich in dem Raum um. Ihr Blick blieb an den leeren Jutesäcken, die neben den Kisten aufgestapelt waren, hängen. Sie zog einen Sack aus dem Stapel und musste husten, weil ihr eine Staubwolke entgegenkam.
    Lea schüttelte das graue Zeug, so gut es ging, aus dem groben Gewebe.
    Ein zerknülltes Stück Papier segelte auf den Boden, Ado war sofort bei ihr und untersuchte es neugierig.
    »Hey, was ist das? Gib das her!«
    Doch Ado hatte keine Lust, sich sein neues Spielzeug von Lea abnehmen zu lassen. Auf allen vieren galoppierte er durch den Lagerraum, seine Beute fest in den Fingern. Lachend ging Lea hinter ihm her.
    »Jetzt komm schon! Gib es mir«, versuchte sie, das Tier zu locken. Aber Ado ignorierte die Aufforderung und kletterte stattdessen auf den Kistenstapel, der plötzlich bedrohlich zu schwanken anfing. Erschrocken hielt er inne. Das war Leas Chance. Sie hechtete nach vorne und zog den verängstigten Affen in ihre Arme.
    »Hab ich dich!«
    Sie zupfte den Zettel aus seiner Faust.
    »Mal sehen, was du da gefunden hast.«
    Lea setzte sich auf den Jutesack und strich das Papier auf dem Boden glatt, während Ado in ihrem Schoß saß und immer wieder danach griff. Sie studierte den Zettel. Eine Stelle war so zerknittert, dass die Schrift nicht mehr zu entziffern war. Irgendjemand hatte mit einem Bleistift Notizen aufs Papier gekrakelt. Unter dem dürftigen Licht der Glühbirne fiel es Lea schwer, Sinn in die wirren Striche und Schleifen zu bringen. Auf den ersten Blick sah das Ganze aus wie eine Liste. Die Zahlen neben dem Gekritzel könnten Mengenangaben oder Summen sein, dachte sie. Ihre Augen brannten vor Anstrengung. Sie faltete den Zettel sorgfältig zusammen und steckte ihn in die Hosentasche.
    »Darum kümmere ich mich später. Jetzt bist erst einmal du dran!«
    Ado war nicht

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