Bluterde
erfreut, als sich Lea mit dem rauen Stoff an seinem Hinterteil zu schaffen machte. Er versuchte auszubüchsen, aber Lea arbeitete entschlossen weiter, bis sie mit seinem Zustand halbwegs zufrieden war. Sie zog einen weiteren Packen Säcke vorsichtig vom Stapel, entstaubte einen und legte damit Ados Käfig aus. Dann bugsierte sie das Tier hinein und verschloss die Türe mit der Kette, ohne das Vorhängeschloss einrasten zu lassen. Ado spielte erst mit dem Stoff, dann kuschelte er sich in eine Ecke und schlief innerhalb von Sekunden ein. Lea lächelte. Müde ließ sie sich auf den restlichen Säcken nieder. Ihr Blick fiel auf die zersplitterten Holzsparren zu ihren Füßen. Sie überlegte kurz, dann suchte sie einen besonders spitzen heraus und fing an, ihren Namen in die mürbe Wand zu ritzen. Verbissen arbeitete sie, bis die drei Buchstaben auf dem gekalkten Hintergrund zu lesen waren, dann lehnte sie sich mit dem Rücken an die Wand und schloss die Augen. Sie dachte an den Zettel, aber bevor sie ihn aus der Hosentasche ziehen konnte, war sie eingeschlafen.
Schritte und laute Stimmen vor ihrer Tür rissen Lea aus ihrem traumlosen Schlaf. Sie rieb sich die Augen und zuckte im gleichen Moment zurück. Im Halbschlaf hatte sie nicht daran gedacht, wie schmerzempfindlich ihre rechte Gesichtshälfte war. Sie warf einen Blick zu Ado, der im Käfig saß und sie aus seinen dunklen Augen beobachtete.
»Hast du gut geschlafen?«
Er schob ein Ärmchen durch die Gitterstäbe, als ob er nach ihr greifen wollte. Mit der Wasserflasche in der Hand ging sie zur Käfigtür und öffnete sie.
»Na, komm her.«
Dieses Mal kletterte der kleine Gorilla ohne Scheu in ihren Schoß. Lea nahm einen kräftigen Schluck aus der Flasche, danach flößte sie Ado etwas Wasser ein. Er war wenig begeistert, aber ließ Lea gewähren.
»Wir werden langsam Freunde, oder?«
Während sie Ado den Rücken kraulte, versuchte sie zu überschlagen, wie lange man sie schon in diesem Lagerraum festhielt. Aber Lea hatte kein Gefühl dafür, wie lange sie geschlafen hatte, und ohne Fenster war es unmöglich, die Tageszeit zu bestimmen. Vor der Türe war eine herrische Stimme zu hören. Sie wusste, wem sie gehörte. Der Preisboxer war wieder da! Nur mit Mühe konnte sie die aufkeimende Angst auf Distanz halten. Schnell löste sie Ados Finger aus ihren Haaren und schob ihn in den Käfig. Mit zittrigen Fingern zog sie die Kette wieder durch die Stäbe und ließ das Vorhängeschloss einrasten. Mit einem Schritt war sie bei den Jutesäcken und wollte sich hinsetzen. Da schoss es ihr durch den Kopf. Der Draht! Wo war der verflixte Draht? Ohne ihn würde sie Ado nicht mehr aus dem Käfig holen können. Sie suchte den Boden ab und fand ihn unter den Überresten der Kiste. Schnell steckte sie ihn in ihren Schuh, dann schob sie mit ihrem Fuß die Holzrippen und Splitter notdürftig hinter die Sackkarre und setzte sich vor die Buchstaben an der Wand. Hoffentlich bemerkte er sie nicht. Kaum hatte sie sich gesetzt, flog die Tür auf und der Preisboxer stand im Raum. Seine Augen hefteten sich zuerst auf Lea, dann suchten sie misstrauisch das Zimmer ab. Der Moment zog sich unerträglich in die Länge und Lea musste die Zähne zusammenbeißen, damit sie nicht klapperten. Er bedeutete ihr, aufzustehen. Lea rappelte sich hoch und starrte auf das Seil, das er in der Hand hielt. Schicksalsergeben hielt sie ihm die Hände entgegen, um wenigstens zu verhindern, dass er sie auf ihren Rücken band. Der Preisboxer brüllte etwas nach draußen, sofort erschienen zwei Männer und trugen Ados Käfig aus dem Raum.
»Nein!«
Der Schrei kam ungewollt über ihre Lippen, und obwohl sie Ado nicht mehr sehen konnte, hörte sie ihn draußen panisch fiepen. Wütend starrte Lea ihren Wärter an. Aber seine Lippen verzogen sich nur zu einem boshaften Grinsen, das seine Zahnlücke enthüllte. Er schob sie durch die Tür nach draußen, was Lea sah, verschlug ihr den Atem. Sie befand sich plötzlich in einer riesigen Lagerhalle, in der Dutzende Männer damit beschäftigt waren, LKWs mit prall gefüllten Säcken zu beladen.
»Das ist Coltan«, kam es leise über ihre Lippen. Ein schneller Blick durch das Dachfenster sagte ihr, dass es entweder mitten in der Nacht oder sehr früh morgens sein musste. Ein Mann am anderen Ende der Lagerhalle zog ihre Aufmerksamkeit auf sich. In seinem Anzug und mit den protzigen Goldringen an den Fingern wirkte er in dieser Umgebung deplatziert. Seine
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