Bluterde
Zuhören, aber er hatte Okito sein Wort gegeben, sich nicht einzumischen.
Der Geschäftsführer schob seinen Stuhl zurück und stand auf.
»Aber selbstverständlich! Sie tun ja auch nur Ihren Job. Ich glaube zwar nicht, dass Sie bei mir fündig werden, aber schauen Sie sich nur gründlich um.«
Mit einem hollywoodreifen Grinsen im Gesicht kam er um den Schreibtisch und zeigte zur Tür.
»Kommen Sie, ich bringe Sie zu meinem Vorarbeiter. Er wird Sie herumführen.«
Sie verließen das Büro und McAllister glaubte, ein Zucken im Gesicht des Händlers zu erkennen, als er Femi und die Polizisten am Fuße der Treppe stehen sah. Das gefällt dir nicht, was?, dachte er und lächelte grimmig. Der Vorarbeiter war ein vierschrötiger Mann mit schwieligen Händen und grauen Schläfen, der sie skeptisch musterte.
»Erneste, die Herrschaften möchten sich in unserer Lagerhalle umsehen. Führ sie herum und zeige ihnen alles«, wies sein Chef ihn an. Er nickte stumm und schlurfte los, ohne Notiz von den Polizisten zu nehmen.
»Zuverlässiger Mann, leider nicht sehr gesprächig. Wenn Sie mich brauchen, ich bin oben im Büro«, erklärte der Geschäftsführer und schlüpfte durch die Türe wieder nach draußen. McAllister war beeindruckt. Die Halle war größer, als er von außen vermutet hatte, und verglichen mit dem ersten Comptoir war es hier sauber und aufgeräumt. Fast zu aufgeräumt, fand er. Am Ende der Halle stapelten sich ein paar prall gefüllte Säcke. Er steuerte direkt darauf zu.
»Ist das Coltan?«, fragte er den Vorarbeiter und klopfte auf den obersten Sack. Eine Staubwolke löste sich und er musste einen Schritt nach hinten machen, um das Zeug nicht einzuatmen. Wieder nur ein Nicken. Langsam bezweifelte McAllister, dass der Mann überhaupt sprechen konnte.
»Nicht viel für das Lagerhaus eines Comptoirs«, sagte er zu Okito gewandt und deutete auf die vielleicht zwanzig Säcke.
»Habt ihr kürzlich eine Lieferung verschickt?«, versuchte es der Polizeichef bei dem schweigsamen Mann.
»Weiß nicht, da müssen Sie den Chef fragen.«
Seine Augen straften seine Worte Lügen. Okitos Stimme wurde frostig.
»Mann, Sie sind Vorarbeiter! Sie werden doch so etwas wissen.«
»Heute Morgen«, knurrte der Arbeiter mit unverhohlener Abneigung.
»Gut. Also heute. Und wohin?«
»Kigali.«
Okitos und McAllisters Augen trafen sich kurz.
»Ich zeige Ihnen jetzt den Rest«, sagte der Vorarbeiter und ließ die beiden Männer stehen.
Auf den ersten Blick war in dem kleinen Lagerraum, in dem Femi mittlerweile alleine war, nichts Besonderes zu sehen. Seine Augen glitten über gestapelte Holzkisten, Jutesäcke, Fässer und Sackkarren, die an der Wand lehnten, und blieben schließlich an einem alten Besen hängen. Nicht einer der Gegenstände, sondern etwas viel Subtileres rührte an seinem Unterbewusstsein. Letzte Moleküle eines vertrauten Geruchs, die in der Luft vibrierten. Er mühte sich mit der Zuordnung, aber er vermochte seinem Gehirn keine Assoziation zu entlocken. Femi machte ein paar Schritte, registrierte ein leises Knirschen unter seiner Sohle. Er bückte sich, um den Boden zu untersuchen. Seltsame, braune Krümel. Überall. Er nahm einen der größeren zwischen Daumen und Zeigefinger, zerrieb ihn und roch daran.
Fast unwillkürlich zuckte er zurück. Gorilla-Dung! Verdammt, es war Gorilla-Dung. Adrenalin schoss durch seine Adern, sein Herz pochte hart gegen die Rippen. Das war es also, was er unbewusst wahrgenommen hatte! Er testete noch ein zweites Mal, dann war er sicher: Sie hatten in diesem Raum einen Gorilla gehalten. Gerade, als er sich aus den Knien wieder hochdrücken wollte, blieb sein Blick an der Wand gegenüber hängen. Seine Augen verengten sich und fokussierten den seltsamen Fleck. Ohne sich die Mühe zu machen aufzustehen, bewegte er sich näher an die Wand. War es wirklich das, was er dachte? Er fuhr mit dem Finger über die aufgeraute Oberfläche. Die Buchstaben waren krakelig und nicht sonderlich groß, aber es war eindeutig: Lea. Sein Magen ballte sich zusammen. Sie war hier gewesen. Vielleicht noch vor ein paar Stunden. Vorsichtig strich er noch einmal über die drei Buchstaben, dann stand er auf und verließ den Raum. Er war in Gedanken so mit seiner Entdeckung beschäftigt, dass er McAllister nicht von der Seite kommen sah und ihn fast über den Haufen gelaufen hätte.
»Hey, Augen auf!«, konnte der Engländer noch rufen, bevor es zur Kollision kam, bei der er garantiert den
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