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Bluternte: Thriller

Bluternte: Thriller

Titel: Bluternte: Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sharon Bolton
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der Sonne und die Feuchtigkeit des Regens ergießest …«
    »Was sagt er da?«, flüsterte Joe dicht an Toms Ohr.
    »Er dankt Gott dafür, dass er Korn und all so was wachsen lässt«, zischte Tom zurück.
    Während Harry sprach, erblickte Tom Gillian, die Frau, mit der seine Mutter Mitleid hatte. Sie stand ein Stück die Straße hinunter am Eingang zur Wite Lane. Tom konnte nichts dagegen machen, bei Gillian hatte er immer so ein unbehagliches Gefühl. Sie war zu traurig. Und sie hatte so eine Art, ihn, Joe und Millie anzusehen, bei der er sich innerlich krümmte. Besonders Millie. Aus irgendeinem Grund schien Gillian von Millie völlig fasziniert zu sein. Jetzt jedoch schaute sie sie nicht an. Sie sah Harry an.
    »Wir danken Dir für diesen unermesslichen Segen«, sagte dieser gerade. »Durch Jesus Christus, unseren Herrn. Amen.«
    »Amen!«, brüllten die Männer mit den Sensen, und ihre Angehörigen schlossen sich ihnen an.
    »Amen«, sagte Tom eine Sekunde nach allen anderen.
    »’men«, sagte Millie hoch oben auf den Schultern ihres Vaters.
    Sinclair Renshaw bekundete dem Vikar mit einem Kopfnicken seinen Dank und machte sich dann den Hügel hinunter auf den Weg. Die Männer folgten ihm, und dann bogen alle in die Wite Lane ein und strebten auf die Felder am unteren Ende des Weges zu. Harry reihte sich ein, und fast ganz hinten folgten die Fletchers seinem Beispiel.
    Sie gingen den Weg entlang, und Tom hatte Zeit zu bemerken, dass die Brombeeren reif wurden, dass Hagebutten und Weißdornbeeren prall glänzten und dass der Himmel vor ihnen die Farbe von Gerste hatte.
    »Alles klar, Gareth?«, meinte ein Mann, der zu Toms Vater aufgeschlossen war. Es war Mike Pickup, der mit seiner Frau Jenny auf der Morell Farm wohnte, ganz oben auf dem Hochmoor. »Schöner Abend, nicht?«
    »’n Abend, Mike«, erwiderte Gareth.
    Mike Pickup sah ein bisschen älter aus als Toms Dad und um einiges dicker. Das Haar auf seinem Kopf wurde schütter, und seine Wangen waren leuchtend rot. Er trug Tweed, genau wie die beiden Mr. Renshaws.
    Vor dem Tor von Gillians altem Haus mussten Tom und seine Familie zur Seite ausweichen, um nicht in Pferdeäpfel zu treten, und dann ging es weiter, über einen Zauntritt und auf eine Heuwiese hinaus. Wie ein dickes fettes Krokodil überquerte die Menge die Wiese, strebte bergauf und machte erst halt, als sie die Mitte erreicht hatte. Tom sah zu, wie die Männer sich in einem großen Kreis aufstellten, über einen Meter voneinander entfernt. Die anderen bildeten einen noch größeren Kreis darum herum. Immer noch keine Spur von dem komischen kleinen Mädchen. Wenn der ganze Ort hier war, wo war sie dann?
    »Ich glaube, gleich wird getanzt«, flüsterte Toms Mum. Sein Dad gab ihr mit einem Stirnrunzeln zu verstehen, dass sie still sein sollte.
    Die Fletchers konnten Sinclair Renshaw, der allein in der Mitte des Kreises stand, gerade eben noch sehen. Neben ihm war ein kleiner Flecken Gras noch nicht gemäht worden. Dick Grimes trat vor und reichte Sinclair eine Sense.
    »Ist das Heu?«, fragte Gareth leise.
    »Gewiss doch«, antwortete Mike. »Das Einzige, was man so hoch oben ernten kann. Der Rest der Wiese ist vor zwei Wochen gemäht worden. Wir heuen bei abnehmendem Mond. Schon immer.«
    Tom schaute hoch und sah den blassen Mond am Horizont auftauchen. »Er ist doch voll«, meinte er.
    Mike Pickup schüttelte den Kopf. »Vor zehn Stunden war er voll«, erwiderte er. »Jetzt nimmt er ab. Psst.«
    Sie verstummten. In der Mitte des Kreises packte Mr. Renshaw die letzten paar Grasbüschel, drehte sie mit der Hand zusammen und zog sie straff. Er hob die Sense hoch über den Kopf.
    »Ich habe ihn!«, rief er mit so lauter Stimme, dass Tom dachte, man könne es wahrscheinlich auf dem abnehmenden Mond hören. »Ich habe ihn!«, wiederholte er. »Ich habe ihn!«, brüllte er ein drittes Mal.
    »Was hast du?«, schrien die Männer als Antwort.
    »Einen Hals!«, rief Sinclair. Dann zuckte seine Sense so schnell herab, dass Tom gar nicht sah, wie sie sich bewegte. Das letzte Heu war geschnitten, und jeder Mann, jede Frau und jedes Kind auf der Wiese jubelte. Mum, Dad und sogar Millie klatschen höflich Beifall. Tom und Joe sahen sich an.
    Dann huschten die Frauen wie Feldmäuse umher und sammelten jeden Heuhalm ein, der beim letzten Schnitt übersehen worden war. Die Männer drängten sich um Mr. Renshaw, schüttelten ihm die Hand, als hätte er etwas ganz Erstaunliches geleistet, und machten dann kehrt, um

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