Bluternte: Thriller
angelassen.
»Ich bin nicht an Katzen gewöhnt«, meinte Harry. »Die da will aber anscheinend unbedingt bei mir bleiben.«
Rushton zog seine gewaltigen Augenbrauen hoch. Harry zuckte die Schultern.
»Vielleicht gehört der Kater ja zum Pfarrhaus oder zur Einrichtung«, sagte er. »Oder er ist einfach ein opportunistischer Streuner. Jedenfalls hat er hier auf mich gewartet, als ich angekommen bin, und weigert sich seitdem, sich vom Acker zu machen. Ich habe ihn nicht gefüttert, nicht ein einziges Mal. Er will einfach nicht verschwinden.«
»Hat er einen Namen?«, erkundigte sich Rushton.
»Verdammter Kater«, antwortete Harry wahrheitsgetreu.
Rushtons Lippen zuckten. Mike Pickup räusperte sich. »Reverend, danke, dass Sie sich so kurzfristig Zeit genommen haben«, begann er.
Harry neigte den Kopf.
»Ehrlich gesagt habe ich selbst erst vor noch nicht mal einer Stunde von Brians Besuch erfahren«, fuhr Pickup fort. Die beiden Männer wechselten einen Blick, dann wandte Pickup sich wieder Harry zu. »Brian und ich sind alte Freunde«, erklärte er, während Harry sich ein Lächeln verbiss. Der Kater hatte sich auf dem Schoß des Detectives zusammengerollt und schnurrte wie eine Zugmaschine, während Rushtons große Hand über seinen Körper strich.
»Mike ist letzten Sonntagabend zu mir gekommen«, erklärte Rushton. »Nach dem Vorfall beim Erntedankgottesdienst.«
»Jenny und ich haben nach dem Gottesdienst bei ihrem Vater zu Mittag gegessen«, berichtete Mike. »Ich muss gestehen, wir waren neugierig, was beim Abendmahl los war. Sinclair wollte offensichtlich nicht darüber sprechen, aber Jenny hat nicht lockergelassen, und schließlich hat er es uns erzählt. Anscheinend hat er das Ganze für einen dummen Scherz gehalten, den wir alle einfach vergessen könnten, aber nach dem, was vor ein paar Wochen fast mit der Kleinen von den Fletchers passiert ist, hat mir das wirklich überhaupt nicht gefallen. Nach dem Essen bin ich noch mal in die Sakristei gegangen. Sinclair hatte den Kelch ausgeleert und ihn abgewaschen, aber die Karaffe hatte er vergessen. Ich habe sie zu Brian gebracht, und er hat versprochen, sein Labor darauf anzusetzen, ganz diskret.«
»Ich verstehe«, sagte Harry.
»Heute Abend hat Brian mich angerufen, um mir das Ergebnis mitzuteilen«, fuhr Mike fort. »Es war Schweineblut, also ziemlich genau das, was wir erwartet haben. Wir haben am Samstag eine ganze Menge Tiere geschlachtet, und Sie wissen ja vielleicht, dass man Schweine nach dem Schlachten ausbluten lässt und das Blut aufhebt. Daraus wird Blutwurst gemacht. Irgendjemand muss etwas davon in die Finger bekommen haben – das war bestimmt nicht schwer –, und dann hat er sich Zugang zur Kirche verschafft.«
Rushton beugte sich in seinem Sessel vor. »Reverend Laycock«, sagte er, »man hat mir gesagt, Sie hätten den Erntedankgottesdienst am späten Samstagnachmittag vorbereitet. Wer hätte zwischen dem Zeitpunkt, als Sie die Kirche verlassen haben, und dem Gottesdienst am Sonntagmorgen Zutritt zu dem Gebäude haben können?«
Harry sah Mike an. Es widerstrebte ihm, Jenny vor ihrem Ehemann zur Sprache zu bringen. Mike öffnete den Mund.
»Meine Frau war noch ungefähr eine Viertelstunde in der Kirche, nachdem Reverend Laycock gegangen war«, sagte er. »Sinclair hat ihr seine Schlüssel geliehen. Ich bin ungefähr um halb fünf auch dazugekommen, und wir haben uns gründlich in der Kirche umgesehen. Sie hat mir erzählt, dass Sie den Verdacht hätten, Kinder oder sonst irgendjemand hätten sich in der Kirche versteckt. Stimmt das?«
»Ja, das stimmt«, gab Harry zu. »Irgendjemand hat da drinnen seine Scherze getrieben. Wahrscheinlich hätte ich Jenny nicht allein lassen sollen, aber sie hat darauf bestanden.«
»Jenny hatte keine Probleme«, versicherte Mike. »Es war nett von Ihnen, sie dort ein bisschen allein zu lassen. Und die Kirche war leer, als wir gegangen sind. Das haben wir genau überprüft.«
»Wer hat sonst einen Schlüssel für die Kirche?«, wollte Rushton wissen.
»Normalerweise hätten nur der Vikar und der Kirchenvorsteher den Schlüssel für ein Kirchengebäude, vielleicht noch die Putzfrau«, antwortete Mike. »Im Augenblick haben wir keine Putzfrau. Meines Wissens haben derzeit nur der Vikar, Sinclair und ich einen Schlüssel.«
»Reverend, ich bin kein großer Kirchgänger«, setzte Rushton an.
»Niemand ist vollkommen«, entgegnete Harry automatisch.
»Stimmt«, pflichtete Rushton ihm bei.
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