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Bluternte: Thriller

Bluternte: Thriller

Titel: Bluternte: Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sharon Bolton
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Blick, um Evi unverwandt anzusehen. »Ich bin heute Gillian begegnet.«
    Wie nicht anders zu erwarten, versteifte Evi sich. Sie öffnete den Mund, und er hob abwehrend die Hand. »Ich weiß, Sie dürfen nicht über sie sprechen«, sagte er, »aber mich hält nichts davon ab, also hören Sie einfach zu.«
    Ja, da hockte definitiv noch ein Knochenmann in der Ruine, Harry konnte in dem Turmfenster eine Gestalt erkennen. Er musste sich konzentrieren, das hier war wichtig. Also zwang er sich, zu Evi hinabzublicken; eigentlich war das gar nicht schwer. »Sie war im Garten von ihrem alten Haus und war kurz vor einem hysterischen Anfall«, sagte er. »Hat eins von den Stofftieren ihrer Tochter umklammert. Ich musste sie nach Hause fahren, aber sie war völlig neben der Spur. Ihre Mutter ist ein paar Minuten später aufgekreuzt, das war –«
    »Ihre Mutter?«
    »Ja. Ich habe sie heute erst kennengelernt. Sie war gern bereit, die Dinge in die Hand zu nehmen, also bin ich gegangen. Aber die Sache ist die, wir dachten doch alle, Gillian geht es besser. Die Leute sagen, sie hat in den letzten Wochen enorme Fortschritte gemacht, mehr oder weniger seit sie zu Ihnen geht, aber heute habe ich mir wirklich Sorgen gemacht. Sie spricht in einer Art und Weise über ihre Tochter, die mir nicht normal zu sein scheint. Sie hat gesagt, das Mädchen verfolgt sie. Sie wollte, dass ich einen Exorzismus durchführe.«
    Evi schaute auf die Bank hinunter. Er konnte ihre Augen nicht sehen. Eine weitere Rakete stieg in den Himmel. Was die Gestalt anging, hatte er sich geirrt. Das Turmfenster war leer.
    »Ich dachte nur, Sie sollten das wissen«, meinte er.
    »Danke«, sagte Evi zu der Bank.
    Harry holte tief Luft. »Und außerdem«, sagte er, »hoffe ich, es bedarf keiner Erwähnung, dass ich, selbst wenn sie nicht schweren emotionalen Schaden genommen hätte und ganz offenkundig langfristig ärztliche Hilfe braucht, in einer Million Jahren niemals auf die Idee käme … muss ich das wirklich sagen?«
    »Nein«, flüsterte Evi.
    »Danke.«
    »Aber …« Sie blickte auf.
    »Warum gibt’s bloß immer ein Aber?«, fragte Harry, unsicher, ob es unprofessionell wäre, ihre Hand zu halten.
    »Sagen wir einmal rein hypothetisch, ich könnte bei der Behandlung eines Patienten einen potenziellen Interessenkonflikt erkennen«, sagte Evi. »Das korrekte Vorgehen bestände darin, einen geeigneten Kollegen ausfindig zu machen, der den Fall übernimmt. Aber das geht nicht immer sofort. Und die Wünsche des Patienten müssen berücksichtigt werden. Vielleicht will er ja nicht zu jemand anderem geschickt werden. Und so lange, wie jemand mein Patient ist, müssen seine oder ihre Interessen für mich Priorität haben.«
    »Verstanden.« Harry stand auf und streckte Evi die Hand hin. Sie ergriff sie, kam auf die Beine und nahm dann abermals seinen Arm. Sie überquerten die mittlerweile verwaiste Straße und bogen in die Wite Lane ein.
    Die Knochenmänner standen im Kreis um das Feuer, gehalten von schwarz gekleideten Leuten mit schwarzer Farbe im Gesicht. »Das ist nur Schminke«, sagte Toms Mum immer wieder zu niemand Bestimmtem. »Schaut mal, das da ist Mr. Marsden aus dem Zeitungsladen.« Tom wusste, dass seine Mutter es gut meinte, doch sie hätte sich das sparen können. Er wusste genau, dass das schwarz angezogene Menschen waren. Doch wenn sie sich im Schatten hielten, konnte er sie kaum sehen. Als sie eben an ihnen vorbeimarschiert waren, hatte es fast so ausgesehen, als bewegten sich die Knochenmänner von ganz allein. Jetzt standen sie um das Feuer herum, die Knochenmänner vorn, die Schattenmänner dahinter. Dann kamen die Leute aus dem Dorf und bildeten einen weiteren Kreis. Tom und seine Familie waren in der Gasse geblieben. Joe saß noch immer auf den Schultern seines Vaters, und Tom hockte auf der Mauer, direkt hinter seiner Mutter, die allmählich vor sich hinzugrummeln begann, wie lange es wohl noch dauern würde, bis es anfing zu regnen. Er konnte mit Leichtigkeit über die Köpfe der Menge hinwegschauen, bis zu dem Kreis aus Knochenmännern und dem Feuer in dessen Mitte. Das war wirklich das Coolste, was er je gesehen hatte.
    Es war schwer, den Blick auch nur eine Sekunde abzuwenden, doch er musste weiter Ausschau halten. Sie war hier irgendwo, das wusste er. Das hier würde sie sich nicht entgehen lassen.
    Als Harry und Evi die Straße überquerten, kam ein Fahrrad an ihnen vorbeigeschossen, gelenkt von einem ganz in Schwarz gekleideten Jungen

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