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Bluternte: Thriller

Bluternte: Thriller

Titel: Bluternte: Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sharon Bolton
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sie würden ihm glauben müssen. Wenn er ihnen Bilder zeigen könnte, dann würden sie wissen, dass er die Wahrheit gesagt hatte. Dass er nicht verrückt war. Und was am allerbesten war, er würde wissen, dass er nicht verrückt war.
    In ein paar Stunden konnte alles vorbei sein.

45
     
    »Also, wie läuft das hier ab, Reverend? Ein paar Voodoo-Riten zum Warmwerden, bevor’s mit einem kleinen rituellen Opfer weitergeht, dann eine kurze Hotdog-Pause und schließlich die Auferstehung der Zombies so gegen Mitternacht?«
    »Ich glaube, Sie nehmen das Ganze nicht ernst«, erwiderte Harry und lotste Evi um zwei junge Mädchen herum, die sich mitten auf der Straße aneinanderklammerten. Die eine hatte den glasigen Blick einer Volltrunkenen. Vor ihnen explodierten pinkfarbene und grüne Raketen am Himmel. Einen Augenblick lang konnte er den Widerschein der Funken in den Wolken sehen. Dann herrschte wieder Dunkelheit.
    »Tue ich wohl«, widersprach Evi. »Im zweiten Semester habe ich mal eine Arbeit über Herdenpsychologie geschrieben. Ich find’s toll, das mal in Aktion zu erleben.«
    Ein Junge – vielleicht achtzehn oder neunzehn Jahre alt – tauchte aus einer von Heptoncloughs zahlreichen Gassen auf und torkelte auf sie zu. Eine unangezündete Zigarette hing zwischen seinen Lippen. »Haste ma’ Feuer?«, wollte er wissen, bevor er Harry ins Gesicht sah. »Oh, ’tschuldigung, Reverend.« Er stolperte hügelabwärts davon. Evi lachte leise auf.
    Im Ort war mehr los, als Harry je erlebt hatte, und er hatte fast einen halben Kilometer weiter unten am Hügel parken müssen. Er hatte sich erboten, Evi an der Kirche abzusetzen, damit sie auf der Schäferbank auf ihn warten könnte, doch sie hatte abgelehnt, und jetzt hatten sie sich den anderen angeschlossen, die den Hügel hinaufstiegen und auf die Freudenfeuerwiese zuhielten. Der Geruch von Schießpulver und Holzrauch trieb durch die Nacht.
    Alle paar Sekunden wurden sie von Leuten überholt, die schneller zu Fuß waren. Die meisten drehten sich um, um zu nicken, Harry Guten Abend zu sagen und Evi neugierig anzustarren. Und er konnte es ihnen wirklich nicht verdenken. In einer dunkelblauen Steppjacke von exakt derselben Farbe wie ihre Augen und dazu passender Mütze mochte sie durchaus die hübscheste Frau sein, die jeder von ihnen seit langem zu Gesicht bekommen hatte.
    »Was haben Sie denn bisher an professionellen Beobachtungen anstellen können?«, erkundigte er sich.
    Evi reckte den Hals, sah sich um und schielte dann zu ihm hinauf. »Alles, was man so erwarten würde«, antwortete sie. »Die Kinder sind aufgekratzt, also sind sie außer Rand und Band. Deswegen sind die Eltern ein bisschen gereizt – sie haben Angst, dass ihnen ihr Nachwuchs im Dunkeln abhandenkommen könnte, also sind sie überfürsorglich und ein bisschen ängstlich. Das manifestiert sich dann als miese Laune.«
    Da war der winzige Leberfleck wieder, dicht unter ihrem rechten Ohr.
    »Die älteren Jugendlichen trinken mehr als sonst«, fuhr sie fort. »Diejenigen, die alt genug sind, werden im Pub sein. Die Jüngeren haben bestimmt Flaschen in irgendwelchen dunklen Ecken gebunkert. Daraus ergibt sich ein Streit- und vielleicht sogar ein Gewaltpotenzial, aber wahrscheinlich erst in ein paar Stunden.«
    Wenn er diesen Leberfleck küsste, würde er die Wölbung ihres Ohres an seiner Wange spüren können, und ihr Haar würde ihn an der Nase kitzeln.
    »Das Hauptproblem«, meinte sie, »ist, dass Ereignisse wie dieses eine gewisse Erwartungshaltung erzeugen. Alle rechnen damit, dass irgendetwas passiert. Die Menschen befinden sich in einem Zustand gespannter Erwartung, und wenn sie auf irgendeine Weise enttäuscht werden, dann gibt es Ärger, weil sie ein Ventil für ihre Frustration brauchen. Hören Sie mir überhaupt zu?«
    »Unbedingt«, beteuerte er und wusste, dass er grinste wie ein Vollidiot. »Reden wir immer noch über das Feuer?«
    Die Fletchers verließen das Haus um kurz vor sieben, alle in ihre wärmsten Sachen gekleidet. Millie kuschelte sich in die Arme ihrer Mutter, Joe hockte auf den Schultern seines Dads, und Tom war von beiden Eltern mehrmals ermahnt worden, dass sie ihm die Zehen abhacken würden, wenn sie ihn auch nur eine Sekunde lang aus den Augen verlören. Die Kamera hing um seinen Hals.
    Er hatte es auf zwanzig Minuten auf dem Friedhof gebracht, bevor seine Mum in der Hintertür erschienen war und nach ihm gebrüllt hatte. Hastig war er die Mauer hinuntergeklettert und

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