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Blutfehde

Blutfehde

Titel: Blutfehde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Fairstein
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leicht zu übersehen. Nach meiner Schätzung ist der Fötus noch nicht einmal drei Monate alt, wahrscheinlich nur knapp über zweieinhalb. Die Gebärmutter ist kaum vergrößert. Hier - hier sehen Sie den Schnitt, den er gemacht hat. Würden Sie sich das bitte ansehen? Der Rechtsmediziner machte einen Schnitt von vorne nach hinten, direkt hier, also hat er nur einen Teil der Gebärmutter gesehen, genauso wie ich bei meinem Schnitt. Dort, wo er den Schnitt ansetzte, kann man davon nichts erkennen.«
    »Warum denn nicht, verdammt noch mal?«
    »Da das Scheidengewölbe unverletzt war und bei der Obduktion keine Anzeichen für eine Vergewaltigung festgestellt wurden, ist es nicht weiter ungewöhnlich, dass man die Fortpflanzungsorgane nur oberflächlich untersucht hat. Wir sprechen hier von einem sechzehnjährigen Mädchen, das wegen eines Erstickungstodes obduziert wurde. Ohne entsprechende Vorabinformationen hätten die meisten Rechtsmediziner die Schwangerschaft übersehen.«
    Ich blendete Mikes Streit mit Jerry Genco aus und versuchte die Zeit, in der Bex Hassetts Leben aus den Fugen geraten war, chronologisch zu rekonstruieren. Wie lange vorher war ihr Vater gestorben? Wann hatte sie angefangen, so viel Zeit außer Haus zu verbringen? Wer gehörte zu der Clique, mit der sie sich im Pelham Bay Park herumtrieb? Was hatte sie veranlasst, sich von ihrer Freundin Trish Quillian abzuwenden? Hatte jemand gewusst, dass sie nur ein paar Monate vor ihrem Tod geschwängert worden war?
    »Ich frage mich, wie religiös die Familie war. Möglicherweise wusste Mrs Hassett, dass ihre Tochter schwanger war, und warf sie raus«, sagte ich. »Vielleicht schämte sie sich für ihre Tochter. Das kommt öfter vor, als man denkt.«
    »Dieser Gedanke kommt dir leider ein bisschen zu spät, Coop. Laut Grabinschrift bist du ungefähr sechs Monate zu spät dran, um die Frau Mama zu fragen.«
    »Vielleicht wusste Bobby darüber Bescheid. Vielleicht ahnten es die Brüder und wollten deshalb keine Exhumierung?«
    Mike kniff die Augen zusammen und dachte darüber nach. »Ich muss wohl noch einmal mit ihm reden, nachdem ich mit Trish Quillian gesprochen habe. Setz ihn auf die Liste.«
    »Denkst du, das bringt Reuben DeSoto, den ursprünglichen Verdächtigen, wieder ins Spiel? Vielleicht hat Bex mit ihm geschlafen und ihm gesagt, dass er der Vater des Babys sei? Er hätte keinen Grund gehabt, sie zu vergewaltigen, aber vielleicht hatten sie deswegen Streit. Vielleicht ist er doch der Mörder.«
    »Wir müssen ein paar von den Jungs, mit denen sie sich im Park herumtrieb, ausfindig machen.«
    Jerry Genco wollte uns loswerden. »Wahrscheinlich hat das gar nichts mit dem Tod des Mädchens zu tun. Sie kennen doch die Zahlen, was Teenagerschwangerschaften in Amerika angeht? Sie sind erschreckend hoch. Dieses Mädchen hatte einfach einen riskanten Lebenswandel. Das sehen wir leider viel zu oft. Es ist wirklich ziemlich traurig.«
    Als Genco die Schwangerschaft des Mordopfers als irrelevant abtat, fielen mir wieder meine Argumente ein, mit denen ich Richter Gertz davon zu überzeugen versucht hatte, in Brendan Quillians Prozess eine Sachverständige für häusliche Gewalt zuzulassen.
    »In Amerika ist Mord die Haupttodesursache bei schwangeren Frauen«, sagte ich.
    Genco klebte Etiketten auf seine Präparate. »Ja, das stimmt wohl.«
    »Für Frauen sind eine Schwangerschaft und eine Trennung die beiden lebensgefährlichsten Phasen in einer schlechten Beziehung«, fuhr ich fort. »Die meisten werden von Männern getötet, mit denen sie intim waren - ich zögere, das Wort Liebhaber zu verwenden.«
    »Und eine der gängigsten Todesarten unter diesen Umständen ist Strangulation«, sagte Mike und sah mich etwas weniger skeptisch an.
    »Wenn also jemand von Rebecca Hassetts Schwangerschaft wusste und darüber nicht erfreut war, haben wir vielleicht einen neuen Verdächtigen.«
    »Ich werde als Erster zugeben, dass ich mich geirrt habe, was die Relevanz dieser… dieser Schwangerschaft angeht. Ich rufe Sie morgen an. Vielleicht kann ich Ihnen bis dahin schon Genaueres sagen«, sagte Jerry Genco. »Innerhalb von vierundzwanzig Stunden haben wir ein vorläufiges DANN-Profil des Fötalgewebes, dann können wir herausfinden, wer der Vater ist.«
     
    37
     
    Ignacia Bliss übernahm um acht Uhr abends die nächste Zwölfstundenschicht zu meinem Schutz. Wir trafen uns in dem Bestattungsinstitut im Fort-Greene-Viertel von Brooklyn, wo trauernde Angehörige und eine

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