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Blutfehde

Blutfehde

Titel: Blutfehde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Fairstein
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Ende April siebenunddreißig geworden, sechs Monate nach Mike, aber außer unserem Alter hatten wir nur wenig gemeinsam. Sein Vater Brian galt als eine Legende in der New Yorker Polizei und war für seinen Straßeninstinkt, seinen Mut und seinen Ermittlungsstil bekannt gewesen. Als er nach sechsundzwanzig Dienstjahren in den Ruhestand ging und seine Waffe und Dienstmarke abgab, starb er nur achtundvierzig Stunden später an einem Herzinfarkt. Seine in Irland geborene Ehefrau erfüllte ihr Versprechen, Mike auf ein College zu schicken, war aber ebenso stolz, als er noch an seinem Abschlusstag der Polizei beitrat, um die Fähigkeiten zu nutzen, die er anscheinend von seinem Vater geerbt hatte.
    Ich lehnte meinen Kopf an die Lehne. An der Einmündung in den FDR Drive in nördlicher Richtung blendete mich das grelle Scheinwerferlicht von oben, sodass ich meine Sitzhaltung veränderte und Mike anstarrte, bevor ich die Augen schloss. Er besaß die Intuition eines großartigen Cops, und darüber hinaus die Vorzüge einer guten Ausbildung. Bereits im ersten Dienstjahr hatte er für seinen Einsatz bei einer Drogenschießerei am Weihnachtstag und die waghalsige Rettung einer schwangeren Jugendlichen, die von der George-Washington-Brücke springen wollte, die begehrte goldene Dienstmarke der Detective-Abteilung erhalten.
    »Müde?«
    »Ich bastele an meinem Schlussplädoyer.«
    »Bis dahin hast du mit etwas Glück noch ein paar Wochen Zeit.«
    »Das ist eine Sache, die ich von Lern Howell gelernt habe«, sagte ich. »Du schreibst dein Schlussplädoyer, bevor du dich das erste Mal vor die Geschworenen stellst. Das zwingt dich, deinen Fall gründlich und logisch zu strukturieren, sodass dir die Geschworenen mühelos folgen können, wenn du die einzelnen Puzzleteile zusammenfügst.«
    Mike sah mich an und lächelte sein herzliches, strahlendes Lächeln, bei dem mir immer warm ums Herz wurde, egal in welcher Stimmung ich war. »Du musst wohl wieder von vorn anfangen, hm, Coop?«
    »Meine Bemerkungen über Kate Meade als >Stütze der Gesellschaft< kannst du vergessen. Die sind gestrichen. Weißt du was Neues von Marley Dionne, oder muss ich den auch abschreiben?«
    »Das Rastadesaster? Er redet vielleicht nicht, aber er wird’s überleben.« Mike fuhr sich mit der rechten Hand durchs Haar. »Er hat die OP überstanden.«
    In den letzten sechs Monaten hatte sich Mikes Humor rargemacht. Seine Verlobte war bei einem tragischen Skiunfall ums Leben gekommen, und er hatte sich von Mercer und mir, die ihm sowohl beruflich als auch privat am nächsten standen, zurückgezogen.
    Ich war über eine ganz andere Schiene in den Staatsdienst gekommen. Ich war in Harrison, New York, einem noblen Vorort von New York City aufgewachsen. Meine Eltern führten eine stabile, glückliche Ehe, obwohl sie sehr unterschiedlicher Herkunft waren: Meine Mutter war die Nachfahrin finnischer Einwanderer, die sich an der Wende des neunzehnten Jahrhunderts auf einer Milchfarm in Massachusetts niedergelassen hatten, mein Vater das Kind russischer Juden, die noch vor Ausbruch des Zweiten Weltkriegs mit seinen älteren Brüdern in die Vereinigten Staaten geflohen waren, wo meine Großmutter zwei Jahre später ihren ersten »amerikanischen Sohn« auf die Welt gebracht hatte.
    Von meiner Mutter Maude habe ich die grünen Augen und langen Beine geerbt. Sie hat ihren Beruf als Krankenschwester aufgegeben, um meine Brüder und mich großzuziehen, und hat mir eine ausgeprägt fürsorgliche, mit hoher Einfühlsamkeit gepaarte Seite mitgegeben, die ich mir zunutze mache, wenn ich als Juristin mit Opfern sexueller Gewalt zu tun habe.
    Mein Vater Benjamin hat Medizin studiert und stand kurz vor dem Abschluss seines kardiologischen Praktikums, als er eines Abends nach einer Zwölfstundenschicht mit drei Freunden vor dem Montparnasse, damals der berühmteste Jazzclub in Manhattan, anstand. Ein Feuer hatte aus der Küche auf die gesamte Etage des brechend vollen Restaurants übergegriffen, angeheizt durch die gestärkten Tischdecken und luftigen Kostüme der Chorus Girls, und Dutzende von Opfern gefordert. Über mehrere Stunden hinweg transportierte mein Vater zusammen mit seinen Kollegen die zahlreichen Verletzten ins Krankenhaus, dabei verliebte er sich in die schöne und unerschrockene junge Krankenschwester, die noch in der Ausbildung war. Sie war zusammen mit ihrem Begleiter dem Inferno entkommen und hatte sich der kleinen Gruppe freiwilliger Helfer angeschlossen.
    Als ich

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