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Blutfehde

Blutfehde

Titel: Blutfehde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Fairstein
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wird er jemanden brauchen, der ihn beschützt.«
    »Kannten Sie Brendan gut?«, fragte ich.
    »Der Tunnel war einfach nichts für ihn, da konnte ihm sein Vater noch so sehr zusetzen. Er wollte aus dem Jungen sogar einen Bleistift machen. Nur damit er in der Branche blieb.«
    »Einen Bleistift?«
    »So nennen wir Männer, die keine körperliche Arbeit machen können. Ingenieure, Bauunternehmer, Kerle, die den ganzen Tag nur mit Bleistiften hantieren«, sagte Phin mit einer Spur Verachtung in der Stimme. »Sagen Sie mir die Wahrheit, Mike. Dukes Tod war kein Unfall, oder?«
    Bis jetzt hatte weder die Polizei noch die Rechtsmedizin Einzelheiten über den abgetrennten Finger publik gemacht. Spätestens in ein paar Tagen, wenn zu viele Insider darüber Bescheid wussten, würde diese wichtige Information irgendwie nach außen dringen, aber zum jetzigen Zeitpunkt hielt man sie noch zurück, bis man weitere Anhaltspunkte hatte.
    »Was haben Sie gehört?«
    »Ich habe gelernt, mich um meinen eigenen Kram zu kümmern. Die meisten seiner Freunde erinnern sich nicht einmal mehr daran, dass ich noch am Leben bin. Ich war schon viel zu lange unten im Loch, als ich verletzt wurde, das ist jetzt auch schon wieder fast zwölf Jahre her.«
    »Ich hatte gehofft, Sie würden uns vielleicht von dem… von dem Tag damals erzählen«, sagte Mike.
    Phin sah zu Mike hoch und blinzelte in die Sonne. »Sie wollten nicht schon wieder Unfall sagen, oder?«
    »Wir wissen nicht, was passiert ist. Wir haben nur gehört, dass Sie an dem Tag, an dem der alte Hassett ums Leben kam, dabei waren und verletzt wurden.«
    »Wer hat da geplaudert?«, fragte Phin.
    Mike antwortete nicht.
    »Muss einer der Quillian-Jungs gewesen sein. Sagen Sie ihnen, sie sollen sich keine Sorgen machen, Detective. Meine Tunneltage sind längst vorbei. Ich schaue aufs Meer und den Himmel hinaus und frage mich, wie ich so lange unter der Erde leben konnte.«
    Mike suchte nach einem Weg, um Phin zum Reden zu bringen, aber der Schweigekodex der Tunnelbauer schien robuster zu sein als die Wände der Festung.
    »Könnte man sagen, dass man lieber nicht zwischen einen Quillian und einen Hassett geraten sollte, wenn sie ein Hühnchen zu rupfen haben?«, fragte Mike.
    Phins Gesichtsausdruck blieb unverändert.
    »Dann ist also nichts dran an dem Gerücht, dass Duke Quillian Ihnen das Leben gerettet hat?«
    Phin warf den Kopf in den Nacken. »Jetzt haben Sie sich verraten, Mike. Sie haben mit der verrückten Schwester gesprochen, stimmt’s? Wie heißt sie noch mal? Trish. Dieses Mädchen war noch nie ganz richtig im Kopf.«
    Mike sah mich an und zuckte mit den Schultern.
    Phin Baylor lächelte. »Ich erzähl Ihnen von >dem Tag<, wie Sie es nennen.«
    Jetzt hatten wir ihn so weit. Er mochte Mike, und Mike musste etwas gesagt haben, was den Ausschlag gegeben hatte.
    Phin nickte und nahm einen Schluck aus der Flasche. »Ich habe am ersten Tunnelstück mitgearbeitet, hier in der Bronx, drüben im Van Cortlandt Park. Wenn ich mich recht erinnere, waren wir damals zu sechst unten im Loch: ich und Hassett, Duke Quillian und sein Vater, der die Schichtleitung hatte, und noch zwei andere Typen, die gegen Ende der Schicht gingen.«
    »Was genau haben Sie gemacht?«
    »Wir haben den Tunnel ausgekleidet. Nachdem das Loch gebohrt ist, muss man die Wände mit einer Betonhülle verstärken, sie abstützen und glätten.« Da ihn keiner von uns beiden unterbrechen wollte, ließen wir uns den Vorgang noch einmal im Detail erzählen, obwohl wir erst letzte Woche direkt vor Ort alles über den Tunnelbau erfahren hatten.
    Phin zog eine Sonnenbrille aus seiner Brusttasche und setzte sie auf. Ich wusste nicht, ob er das tat, um seine Augen vor der gleißenden Sonne zu schützen oder weil er sich dahinter verstecken wollte.
    »Die Schicht war praktisch vorbei. Deshalb waren nur noch so wenige von uns unten.« Er hielt inne, als eine Mutter ihre zwei quengeligen Kinder zum Ausgang schleifte. »Wissen Sie, was eine Mischanlage ist?«
    Ich blickte zu Mike, der antwortete: »Sie meinen diese riesigen Betonmischer?«
    »Genau. Damit haben wir zu dem Zeitpunkt gearbeitet. Hassett und ich waren unten am Fuß eines steilen Hangs, Sie wissen ja, dass das Wasser bis in die Stadt immer nach unten fließen muss? Oben am Hang standen drei Wagen, die zu Betonmischern umgebaut waren.« Phin klopfte mit dem Stock auf das Kopfsteinpflaster. »Damit wir unsere Arbeit tun konnten. Eins dieser Monster - zwanzig Tonnen Stahl,

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