Blutfehde
darüber. «
»Wir versuchen nur, mehr Hintergrundinformationen zu sammeln.«
»Ist das alles? Ehrlich?«
Mike hob die Hand und lächelte erneut. »Ich schwör’s.«
»Phin ist spazieren gegangen, hinunter zum Wasser, ans Ende der Pennyfield Avenue«, sagte Janet. »Zum Fort Schuyler. Wenn’s geht, sitzt er von Mai bis Oktober jeden Abend auf dem Wall. Er hat silbergraues Haar, heute trägt er, glaube ich, ein schwarzes T-Shirt und eine weite Hose. Er humpelt stark. Sie erkennen ihn am Stock.«
»Dürfte ich Sie fragen, ob Sie Patricia Quillian kennen?«, sagte ich.
Janet blickte auf. »Ich bin mit Trish zur Schule gegangen. Aber seitdem hab ich sie nicht mehr gesehen.«
»Gibt es dafür einen Grund?«
Sie zuckte die Achseln. »Wir sind einfach getrennte Wege gegangen, das ist alles. Wir hatten noch eine Freundin - Bex - und -«
Mike wollte ihr zeigen, dass wir von Bex wussten. »Rebecca Hassett, richtig?«
Janet zögerte. »Ja, ja. Sie haben wohl schon ein paar Nachhilfestunden gehabt, Detective. Na ja, nach ihrer Ermordung brach unsere ganze Clique auseinander. Wir hatten keine Ahnung, wie es passieren konnte. Ich habe damals alle Zeitungsartikel darüber gesammelt.«
»Haben Sie die noch?«, fragte ich.
»Aber nein.«
»Warum haben Sie sie gesammelt?«
Sie strich sich die Haare aus der Stirn. »Durch den Mord wurde Bex zur größten Berühmtheit, die wir kannten. Ein paar Wochen lang stand ihr Name jeden Tag in der Zeitung. Anfangs kam es uns vor, als würden die Cops andauernd zu uns kommen, um mit uns zu reden. Es schien die wichtigste Sache in unserem Leben zu sein. Dann war plötzlich Schluss. Sie kümmerten sich nicht mehr um Bex. So wie die meisten Leute. Sie dachten alle, es wären die Junkies im Park gewesen.«
»Und Sie?«, fragte Mike. »Was dachten Sie?«
Sie zuckte wieder die Achseln. »Das Gleiche wie alle anderen. Sie hätte bei unserer Clique bleiben sollen. Bex, meine ich. Sie ließ sich mit den Rowdys ein. Die waren anders als wir. Viele dachten, sie hätte es herausgefordert. «
Ich schloss die Augen. Das waren Worte, die ich viel zu oft über Gewaltopfer hörte.
»Wie gut kannten Sie Brendan Quillian?«, fragte Mike. Janet Baylor runzelte die Stirn. »Gar nicht. Für meinen Geschmack war er zu arrogant. Ich hab ihn sowieso nie hier gesehen.«
»Und Duke?«
Sie antwortete nicht.
»Kannten Sie Duke?«
»Ich hatte strikte Anweisung von meiner Mutter, mich von ihm fernzuhalten. Das haben wir auch getan. Duke Quillian war ein übler Kerl.«
Mike stellte sich so dicht wie möglich neben Janet Baylor. »Was meinen Sie damit? Warum sagen Sie das?«
Sie zögerte und fuhr sich mit der Zunge über die Lippen. Dann schüttelte sie den Kopf.
»Janet?«, forderte Mike sie noch einmal auf.
»Ich weiß nicht. Vielleicht habe ich ihn falsch in Erinnerung. «
»Er ist tot. Er kann niemandem mehr wehtun.«
»Er hat schreckliche Sachen getan. Wenigstens habe ich das gehört.«
»Was denn zum Beispiel? Eichhörnchen erschossen und Katzen gehäutet?«
Janet lachte und zeigte mit dem Finger auf Mike. »Sie schauen zu viele Serienmörderkrimis im Fernsehen, Detective. Nein, nicht so was.«
»Was dann?«
Sie holte tief Luft. »Es sind wirklich nur Geschichten, die ich gehört habe. Nichts, was ich selbst gesehen habe.«
»Erzählen Sie mir von diesen Geschichten«, sagte Mike.
»Duke hat sich einmal mit einem Jungen gestritten.« Janet zeigte ein paar Häuser weiter. »Der Junge wohnte dort drüben, aber die Familie ist gleich darauf weggezogen. Duke hat ihn am Gartenzaun festgebunden, damit er nicht weglaufen konnte. Er hatte eine Zange, eine große, rostige alte Zange, die er immer bei sich trug, um Schlösser zu knacken und so. Er hat dem Kind damit alle Fingernägel an einer Hand gezogen, um ihm eine Lektion zu erteilen.«
Mir hob sich der Magen, aber ich versuchte mir nichts anmerken zu lassen, um Janet nicht am Weiterreden zu hindern.
»Einmal schüttete er einem Mädchen, das sich vor seinen Freunden über ihn lustig machte, Öl über die Haare und hielt ein brennendes Streichholz dran.«
»Ich kann nicht glauben, dass er für solche Sachen nie eingesperrt wurde«, sagte Mike.
»Ich bitte Sie, Detective. Niemand hat gewagt, die Cops zu rufen. Wir haben die Dinge auf unsere Weise geregelt. Duke Quillian brauchte nicht mit Eichhörnchen oder Katzen zu üben, Mr Chapman. Ihm gefiel es, Menschen zu quälen.«
22
Mike fuhr auf der Schurz Avenue bis zur Pennyfield
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