Blutfehde
interessierte sich immerhin genug für Brendan, um per richterlichem Beschluss seine Handyverbindungsdaten anzufordern.«
»Und?«, fragte ich.
»Der letzte Anruf, der von Brendan Quillians Handy am Vorabend seiner Hochzeit gemacht wurde, ging an die Telefonnummer der Hassetts. Mrs Hassett sagte dem Detective, dass Brendan mit ihrer Tochter Bex sprechen wollte.«
24
»Ich weiß, es ist ein alter Fall. Ich würde Sie nicht flehentlich um Hilfe bitten, wenn ich einfach ins Leichenschauhaus gehen könnte, um mich mit demjenigen, der damals die Obduktion gemacht hat, zu unterhalten«, sagte ich zu Jerry Genco, dem Rechtsmediziner, der letzte Woche für mich in den Zeugenstand getreten war. Es war Montagmorgen, Viertel nach acht, und ich hatte ihn vom Büro aus angerufen. »Ihre Zweigstelle in der Bronx hat sich darum gekümmert.«
»Der Arzt, der die Autopsie durchgeführt hat, ist gestorben«, sagte er. »Eines natürlichen Todes. Er war damals schon nicht mehr der Jüngste. Mit dem können Sie bestimmt nicht mehr reden, Alex.«
»Ich interessiere mich auch mehr für das Mordopfer als für ihn. Die Ermittlungsakte weist einige Ungereimtheiten auf, und Mike Chapman meint, es wäre nützlich, die physischen Beweise noch einmal zu überprüfen. Er hat den Verdacht, dass die Polizeiarbeit damals nicht ganz koscher war, ihm gefällt der Verdächtige nicht, den die Polizei ins Visier genommen hatte. Er will sich noch einmal die rechtsmedizinischen Originalberichte und -fotos ansehen, sie sind nicht in den Polizeiakten.«
»Sie beide bringen mich noch ins Grab. Bei mir werden sie agita als Todesursache feststellen. Agita infolge von Überbelastung durch die Staatsanwaltschaft. Was verspricht sich Mike davon?«
»Er fand Brendan Quillians Name in der Akte des toten Mädchens.«
»Noch was? Sie wissen, dass wir die Spurenträger nicht hier haben.«
»Ich weiß. Mercer ist auf dem Weg zur Verwahrstelle der NYPD in Queens, um zu sehen, ob er etwas findet.« Am Pearson Place wurden alle Asservate aus alten Fällen aufbewahrt, bis sie entweder vernichtet oder öffentlich versteigert wurden. »Der Fall ist begraben worden. Der Detective begnügte sich mit einem Verdächtigen, dessen Geständnis sich nicht mit dem Autopsiebericht deckt.«
»Ach herrje, ich verstehe. Setzt Battaglia Sie unter Druck?«
»Ich habe ihn seit letzter Woche nicht gesehen, Jerry. Was meinen Sie damit? Warum sollte er mich unter Druck setzen?«
»Er hat den leitenden Rechtsmediziner höchstpersönlich angerufen. Er wollte wissen, welcher Anklage es bedarf, um eine Exhumierung anzuordnen. Erinnern Sie sich an den Fall in Chelsea vor ein paar Jahren? Die Cops haben gerade den Mörder geschnappt. Er sagt, er hätte den Kerl erschossen, aber im Autopsiebefund ist von Stichwunden die Rede.«
»An eine Exhumierung habe ich nie gedacht. So etwas wäre mir nie in den Sinn gekommen.«
»Nun ja, wie sich herausstellt, hat man trotzdem den Richtigen verhaftet. Er schoss dem Opfer in die Brust und versuchte dann die Kugel mit einem Taschenmesser zu entfernen. Der Fehler lag bei uns. Wir haben bei der Autopsie das Einschussloch übersehen«, sagte Jerry. »Was ist schon ein bisschen Blei unter Freunden?«
»Ich bitte Sie nur darum, die Hassett-Akte für mich rauszusuchen.«
»So fängt der Ärger immer an. Einer von euch Frischlingen will kreativ sein und das Richtige tun. Dann bekommt Battaglia davon Wind und überspringt eine Etage, um euch den Papierkram zu ersparen. Hat die Tote Familie?«
»Ja«, sagte ich.
»Dann holen Sie deren Zustimmung ein. Vor Gericht empfiehlt es sich, die Familie auf Ihrer Seite zu haben, wenn Sie schon die Tote in ihrer ewigen Ruhe stören.«
Wahrscheinlich hatte Phin Baylor keine Exhumierung im Hinterkopf gehabt, als er Trish Quillian ausrichten ließ, sie solle sich um die Leichen in ihrem eigenen Keller kümmern.
»Jerry, wollen Sie damit andeuten, dass ich diesen Kurs einschlagen soll?«
»Wenn Sie wirklich Grund zur Annahme haben, dass bei der Autopsie etwas übersehen wurde, dann sollte man die Leiche nochmals öffnen. Ich hasse so etwas, aber niemand hat in solchen Fällen bessere Instinkte als Mike.«
»Ich rede mit ihm, okay? Rufen Sie mich an, sobald Sie die Akte gefunden haben.«
Mike hatte mich am Vorabend gegen neun Uhr zu Hause abgesetzt. Die Hochzeit und meine Begegnung mit Luc Rouget am Samstagabend hatten mich tagsüber noch beflügelt. Aber da ich müde war und wusste, dass mir eine schwierige
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