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Blutfeinde: Norwegen Krimi (German Edition)

Blutfeinde: Norwegen Krimi (German Edition)

Titel: Blutfeinde: Norwegen Krimi (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kjell Ola Dahl
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müsse vorausschauend sein. Ein guter Vorgesetzter müsse destruktive Gerüchte schon im Keim ersticken. Er erkannte, dass, selbst wenn der Vorwurf gegen Petter Bull haltlos und er unschuldig wäre, die Gerüchte möglicherweise etwas anderes erzählen würden. Deshalb hatte Rindal eingesehen, dass es richtig war, das Dezernat für interne Ermittlungen mit der Materie zu betrauen.
    Als Vibeke Starum zusätzlich einen Durchsuchungsbefehl für Bulls Wohnung beantragte, hatte Rindal sich so gefühlt wie damals, wenn er Pilze gegessen hatte, die seine Exfrau im Herbst im Wald gesammelt hatte. Er bekam Bauchschmerzen. Es war Gene Hackman, der siegreich aus diesem Konflikt hervorging. Mit einem vor Wut schwarzen Blick und an beiden Schläfen scharf hervortretenden Adern hatte er Starum aufgefordert, sich zum Teufel zu scheren. Als sie später die Empfehlung der Sondereinheit, bei Peter Bull eine Hausdurchsuchung vorzunehmen, auf den Tisch legte, hatte er zuvor die Säure hemmenden Tabletten genommen, die er immer dabeihatte, und bis dreißig gezählt, wie der Arzt es ihm empfohlen hatte. Als Starums Antrag bewilligt wurde, fühlte er sich wie ein Schachspieler, der die Königin opfert, um den König zu retten. Er begann, die Kontrolle zu verlieren. Er sah ein, dass es nur eine Frage der Zeit war, wann er das nächste Stadium des Prozesses erreichte, der sich langsam von etwas, das er ursprünglich für eine Bagatelle gehalten hatte, zu einem unübersehbaren Chaos entwickelte.
    Der Fall, den er hatte bereinigen wollen, indem er mit der Faust auf den Tisch schlug, etwas in den Bart brummte und eine einstudierte Popeye-Imitation abzog, hatte sich jetzt zu einem offenen und fast öffentlich bekannten Konflikt ausgewachsen – einem Konflikt mit viel härteren und unversöhnlicheren Fronten als denen, die zwischen Killi und Gunnarstranda bestanden hatten.
    Er dachte: Aus einer Feder sind zuerst fünf Hühner geworden, und jetzt sind die fünf Hühner auf dem besten Wege, die Form einer Truthahnfarm mitsamt Brutanstalt anzunehmen.
    Er wusste, eigentlich sollte er Petter Bull die Schuld zuweisen, der eigenmächtig gehandelt hatte. Aber das gelang ihm nicht. Er gab die gesamte Schuld Gunnarstranda, diesem arroganten, pompösen, selbstgefälligen, unsympathischen Besserwisser. Rindal bekam rote Flecken auf der Stirn und seine Bauchschmerzen kehrten zurück, wenn er nur an diesen Mann dachte, diesen Experten für eigenmächtiges Verhalten. Schließlich hatten Gunnarstrandas Beschäftigung mit dem Fall und sein Herumfummeln an Killis Scheiß-Fotoapparat das Ganze ins Rollen gebracht.
    Rindal bekam schließlich Gelegenheit, an etwas anderes zu denken, als das Telefon klingelte und einen Besucher ankündigte: Jan Erik Robsam.
    Das hatte ihm gerade noch gefehlt. Petter Bull hatte sich einen Anwalt genommen.
    Rindal empfand es als Provokation, sich mit einem Mann beschäftigen zu müssen, der in den Angelegenheiten der Polizei herumschnüffeln wollte, ohne etwas vom Korpsgeist oder von der internen Kultur der Polizei zu verstehen. Während der Besprechung mit Jan Erik Robsam tat er das, was er in dem Yogakurs gelernt hatte, zu dem seine Exfrau ihn vor einigen Jahren mitgeschleppt hatte: Er konzentrierte sich auf seinen Atem. Das wiederum führte dazu, dass er bald an andere Dinge dachte und schnell abschaltete, als der Anwalt anfing, lange Sätze zu konstruieren.
    Es machte Rindal immer müde, so zu tun, als würde er zuhören, wenn andere redeten. Die Augenlider wurden ihm schwer und fielen herunter, er ertappte sich dabei, wie er darüber nachdachte, ob er nach der Arbeit auf dem Nachhauseweg noch etwas einkaufen sollte, aber seine Gedanken gerieten die ganze Zeit auf Abwege. Nach einer Weile versuchte er, ein Gähnen zu unterdrücken. Es gelang ihm nicht, und er blickte auf. Doch der Anwalt schien nichts gemerkt zu haben. Rindal griff nach einem Kugelschreiber und fing an zu kritzeln. Er warf erneut einen Blick auf Robsam, der redete und redete. Rindal fand, dass Robsams Kopf an einen Zigarettenfilter erinnerte – wenn man seinen Körper mit einer Zigarette verglich. Rindal kritzelte und merkte, wie er eine Zigarette zeichnete. Dann fiel ihm auf, dass Robsam aufgehört hatte zu reden. Er blickte auf. »Sprechen Sie ruhig weiter«, sagte er mit einstudierter Freundlichkeit.
    In den Augen des Anwalts zeigte sich ein Ausdruck von Verwirrung, und Rindal sah ein, dass er besser hätte zuhören sollen. Der Anwalt hatte anscheinend eine

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