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Blutfeuer

Titel: Blutfeuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helmut Vorndran
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auf dem Handy erreichbar. Die Verhöre auf St. Getreu werden morgen
fortgesetzt. Und rufen Sie diesen Dr. Waldmüller an, er soll Huppendorfer alle
Unterlagen zu dem Yellowstonezeugs geben.« Mit diesen Worten und seinem Ferkel
an der Leine verließ Haderlein die Dienststelle und setzte sich mit
Riemenschneider in seinen Fiat Multipla.
    »So, Kleines«, sprach er zu dem Schwein, das sich im Fußraum des
Beifahrersitzes zusammengekauert hatte. »Jetzt werden wir dir mal dein Attest
holen.« Er lächelte ihr zu und startete den italienischen Diesel.
    *
    Nachdem der Hurrikan »Luca« Sardinien gestreift, einen weiten Bogen
geschlagen und Korsika mit Wassermassen überschüttet hatte, ging er mit
Windgeschwindigkeiten von über zweihundert Stundenkilometern knapp westlich der
Hafenstadt Genua an Land. Die italienische Regierung hatte diesmal genug Zeit
gehabt, um die Bevölkerung evakuieren zu können. Jetzt waren es nur noch die
Reporter aus aller Welt, die den Hauptteil der Menschen im Großraum der
Küstenregion ausmachten. Sie wurden Zeugen vom ersten Landfall eines
Mittelmeerhurrikans auf das europäische Festland. Von dem Wind, der mit nie
gekannter Wucht durch Genua fegte und den Klimawandel ins Hinterland
schleuderte. In Genua zerstörte »Luca« vorwiegend die tiefer gelegenen, ärmeren
Stadtteile in Hafennähe. Die sechs Meter hohe Flutwelle tötete alle, die das
Stadtviertel nicht verlassen konnten oder wollten. Ausnahmslos Schwarze
afrikanischer Herkunft. Auch das größte Salzwasseraquarium der Welt wurde
gleich mit der ersten Flutwelle komplett zerstört. Trotz ihrer wuchtigen
Dimensionen konnten die gepanzerten Becken der Wasserkraft des hereinbrechenden
Ozeans nichts entgegensetzen. Über zweihundert Großfische wie Haie oder
Kleinwale fanden sich plötzlich im offenen Meer wieder. Aber schlimmer als die
Zerstörung durch den heftigen Wind und die Flutwelle war etwas anderes.
    Genua war am Berg erbaut worden und damit von hohen Windstärken
nicht so stark betroffen wie beispielsweise Catania. Auch das Hinterland war
durch den Apennin einigermaßen geschützt. Schlimmer als alle Zerstörungen durch
die Windböen waren deshalb erneut die unglaublichen Wassermassen, die »Luca«
über dem Mittelmeer aufgesammelt hatte und nun über Norditalien ausschüttete.
Von Genua bis Mailand und Turin kamen in nur wenigen Stunden solche Regenmengen
herunter wie sonst in einem ganzen Jahr. Norditalien versank bis zum Alpenrand
in Überschwemmungen und Schlammfluten, wie es sie zuvor noch nie gegeben hatte.
Zwar schwächten sich die Windgeschwindigkeiten relativ schnell wieder ab, doch
das Wasser kannte keine Gnade. Sämtliche Flüsse, die gerade noch ausgetrocknete
Rinnsale gewesen waren, traten binnen weniger Stunden über die Ufer.
Wassermassen spülten alles, was nicht festgemacht war, von den Straßen und
Richtung Meer. Vorgewarnt, aber nichtsdestotrotz hilflos musste die betroffene
Bevölkerung zusehen, wie die entfesselten Naturgewalten alles zwischen Apennin
und Alpenrand in eine braune, brodelnde Suppe verwandelten.
    Hunderte von Menschen starben binnen weniger Stunden durch
Schlammlawinen, Hochwasser oder einstürzende Häuser.
    Den Großteil seiner feuchten Fracht schüttete der Sturm auf die
norditalienischen Tiefebenen. Dann, nach Stunden des Wütens im Flachland, traf
»Luca« abgeschwächt, aber immer noch mit der Stärke eines Tropensturms auf die
sich vor ihm auftürmenden Alpen.
    *
    Anopheles die Siebte hatte es langsam satt. Ihr war schwindelig, und
ihr war schlecht. Zwar war sie robust und widerstandsfähig, aber jetzt wurde es
selbst ihr zu viel. Sie sehnte sich an die beschaulichen Flussufer ihrer
afrikanischen Heimat zurück. An die kleinen Tümpel und Wasserlachen des Nils,
wo sie geboren worden war. Aber wie so viele ihrer Brüder und Schwestern hatte
sie keine Chance gegen die gewaltige Kraft gehabt, die sie plötzlich aus ihrer
Heimat gesaugt hatte. Zusammen mit vielen kleinen Wüstensandkörnern war sie in
einem verwirbelten Dampfbad über das weite Meer getragen worden. Schon mehrmals
war sie so hoch in die schwarzen Wolkentürme gezogen worden, dass ihr fast die
Luft weggeblieben war. Aber, den ägyptischen Göttern sei Dank, sie wurde jedes
Mal auch wieder ausgespuckt, und dann ging es in der gleichen Geschwindigkeit
wieder abwärts. Allmählich wurde ihr diese tagelange Achterbahnfahrt zu viel.
Sie musste sich schon sehr weit weg von zu Hause befinden, denn nun gesellten
sich immer mehr

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