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Blutfeuer

Titel: Blutfeuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helmut Vorndran
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Artgenossen zu ihr in diese riesige, wirbelnde Wolke, deren
Sprache sie noch nie zuvor gehört hatte. Wie auch immer: Die Frucht ihres
Leibes war reif, und sie musste dringend eine warme Pfütze finden. Lange konnte
sie die Eiablage nicht mehr verzögern. Anopheles die Siebte hatte sich mühsam
bis zum Rand der Wolke vorgekämpft, um endlich zu erfahren, wo es sie überhaupt
hinverschlagen hatte. Sie malte sich das Land, auf das sie bald niedergehen
würde, in den schönsten Farben aus. Weit, warm, flach. Ideal, um ein neues
Leben zu beginnen. Mit der letzten Kraft ihrer dünnen Hautflügel schaffte sie
es für einen Moment, den Dunst der Wolke zu verlassen und einen kurzen Blick
auf das vorläufige Ziel ihrer luftigen Fahrt zu erhaschen. Sie erstarrte und
wurde sofort wieder in Richtung Sturmmitte gezogen. Was sie gesehen hatte, war
ganz und gar nicht flach und warm. So weit ihr Facettenauge reichte, hatten
sich Berge aufgetürmt. Riesige Berge, die höchsten davon mit Schnee bedeckt. Am
liebsten hätte sie die Augen geschlossen, hätte der allmächtige Schöpfer ihr
diese Gabe in die Wiege gelegt. In Ermangelung dessen ließ sie sich willenlos
wieder in den wirbelnden Sturm zurückfallen und harrte resigniert der
turbulenten Dinge, die da kommen sollten. Das mit der Eiablage würde sich wohl
noch eine Weile hinziehen.
    *
    Franz Haderlein war eigentlich kein ungemütlicher Mensch, er nahm
nur seinen Beruf sehr ernst – und zwar vierundzwanzig Stunden am Tag.
Allerdings trafen im Moment zwei Heiterkeitsvernichter zusammen, die er
überhaupt nicht leiden konnte. Große Hitze und zu wenig Schlaf. Lediglich einer
dieser Umstände hätte schon ausgereicht, um einen Franz Haderlein in chronische
Übellaunigkeit zu versetzen. Nun aber wurde sein Gemütszustand sogar mit beiden
Unglücksfaktoren belastet. Das war selbst für den Kriminalhauptkommissar
Neuland. Nach über fünfzig Lebensjahren lernte er sich in dieser
Extremsituation noch einmal selbst besser kennen. Und zwar von seiner grantigen
Seite. Da ihm allerdings überhaupt nicht gefiel, was er da an und über sich
entdecken musste, würde er diesen Nachmittag dazu nutzen, um seine Seele mit
einer halbdienstlichen Angelegenheit zu versöhnen. Und am besten gelang so
etwas ja, wenn es jemand anderem, den man sowieso nicht leiden konnte, noch
mieser ging als einem selbst. Der Streit mit Lagerfeld hing ihm noch nach.
Trotzdem: Das mit dem fränkischen Lernauftrag konnte er getrost vergessen.
Lagerfeld würde niemals mit dem Rauchen aufhören. Dann versuchte er, seine
Manuela auf dem Handy zu erreichen, schließlich wollte er doch wissen, ob die
ganze Mountainbikertruppe schon von dem aufziehenden Sturm gehört hatte und
Vorbereitungen traf. Aber das Handy war außerhalb eines Empfangsgebietes, also
schickte er nur eine SMS . Er würde
es später noch einmal versuchen, oder aber Lagerfeld erwischte Ute von Heesen
noch vorher.
    Er lächelte zu Riemenschneider hinunter, während er den
Frankenschnellweg in Erlangen verließ und Richtung Gerichtsmedizin steuerte.
Kurz vor dem Parkplatz des Instituts meinte er, ungewöhnliche Geräusche aus dem
Motor seines Multipla zu vernehmen. Aber da konnte er sich genauso gut auch
irren. Er war schließlich alles andere als ein Mechaniker. Würde schon nicht so
schlimm sein. Nächste Woche sollte er den Wagen sicherheitshalber mal in die
Werkstatt zum Kundendienst bringen, aber bis dahin würde er schon noch halten.
Ein italienisches Automobil mogelte sich immer irgendwie durch. Haderlein legte
Riemenschneider an die Leine und ging die Treppe zu Siebenstädters Büro hinauf.
Er bedeutete seinem Ferkel, vor der Tür zu warten, und klopfte. Eine genervte
Stimme näselte ein »Ja, bitte!« durch die Milchglasscheibe, wobei der Tonfall
zu den Worten in krassem Gegenteil stand.
    Der Kommissar drückte mit grimmiger Entschlossenheit auf die Klinke
und trat ein.
    Professor Siebenstädter blickte hinter seinem grauen
Metallschreibtisch auf, dann schob er ungläubig seine Lesebrille nach unten und
kniff die Augen zusammen. »Die Bamberger Kriminalpolizei!«, stieß er hervor.
»Und dann gleich der Kriminalhauptkommissar persönlich, ja, ist es denn zu
fassen!«
    Haderlein musste sich sehr zusammenreißen, um sich seine tiefe
Befriedigung nicht anmerken zu lassen. Herr Professor Siebenstädter war also
überrascht! Und noch besser: Er wusste anscheinend nicht, was er zu dem
Überraschungsbesuch sagen sollte. Ein kleiner Etappensieg für

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